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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Engländers. Er bekäme für einen trocknen Braten, einen gespickten.
    Sein Votum also, das Votum des Teufels, hätte das unkluge Gesetz gewiß: wenn es auch nicht, noch oben darein, unchristlich wäre; wie schon daraus zu vermuten, daß es unbillig ist. – Ich verstehe aber unter unchristlich, was mit dem Geiste des Christentums, mit der letzten Absicht desselben streitet. Nun ist, so viel ich, mit Erlaubnis des Herrn Hauptpastor Goeze, davon verstehe, die letzte Absicht des Christentums nicht unsere Seligkeit, sie mag herkommen woher sie will: sondern unsre Seligkeit, vermittelst unsrer Erleuchtung; welche Erleuchtung nicht bloß als Bedingung, sondern als Ingredienz zur Seligkeit notwendig ist; in welcher am Ende unsre ganze Seligkeit besteht. Wie ganz also dem Geiste des Christentums zuwider, lieber zur Erleuchtung so vieler nichts beitragen, als wenige vielleicht ärgern wollen! Immer müssen diese Wenige, die niemals Christen waren, niemals Christen sein werden, die bloß unter dem Namen Christen ihr undenkendes Leben so hinträumen; immer muß dieser verächtliche Teil der Christen vor das Loch geschoben werden, durch welches der bessere Teil zu dem Lichte hindurch will. Oder ist dieser verächtlichste Teil nicht der wenigste? Muß er wegen seiner Vielheit geschont werden? – Was für ein Christentum hat man denn bisher geprediget, daß dem wahren Christentume noch nicht einmal der größere Haufe so anhängt, wie sichs gehöret? – Wenn nun auch von diesen Namenchristen sich einige ärgerten; einige von ihnen, auf Veranlassung in ihrer Sprache geschriebener freigeisterischen Schriften, so gar erklärten, daß sie nicht länger sein wollten, was sie nie waren: was wäre es denn nun mehr? Tertullian fragt, und ich mit ihm: Nonne ab ipso Domino quidam discentium scandalizati diverterunt? Wer, ehe er zu handeln, besonders zu schreiben, beginnt, vorher untersuchen zu müssen glaubt, ob er nicht vielleicht durch seine Handlungen und Schriften, hier einen Schwachgläubigen ärgern, da einen Ungläubigen verhärten, dort einem Bösewichte, der Feigenblätter sucht, dergleichen in die Hände spielen werde: der entsage doch nur gleich allem Handeln, allem Schreiben. Ich mag gern keinen Wurm vorsätzlich zertreten; aber wenn es mir zur Sünde gerechnet werden soll, wenn ich einen von ungefähr zertrete: so weiß ich mir nichts anders zu raten, als daß ich mich gar nicht rühre; keines meiner Glieder aus der Lage bringe, in der es sich einmal befindet; zu leben aufhöre. Jede Bewegung, im Physischen entwickelt und zerstöret, bringt Leben und Tod; bringt diesem Geschöpfe Tod, indem sie jenem Leben bringt: soll lieber kein Tod sein, und keine Bewegung? oder lieber, Tod und Bewegung?
    Und so ist es mit diesem Wunsche beschaffen, daß die Feinde der Religion sich nie einer andern, als der lateinischen Sprache bedienen dürften; mit diesem Wunsche, der so gern Gesetz werden möchte! So ist es schon itzt damit beschaffen: und wie meinet man, daß es mit aller Untersuchung der Wahrheit überhaupt aussehen würde, wenn er nun erst Gesetz wäre? – Man urteile aus den Krallen, welche die geistliche Tyrannei in einem ihrer grimmigsten, zum Glück noch gefesselten Tiger, bereits zu entblößen wagt!
    Ich ziele hiermit auf das, was der Herr Hauptpastor S. 79 und 80 über diesen Punkt sagt: und wer es noch nicht riecht, wohin alle die Einschränkungen und Bedingungen abzielen, mit und unter welchen es vergönnt bleiben könne, Einwürfe gegen die Religion zu machen: der hat den Schnupfen ein wenig zu stark.
    »Verständigen, – heißt es alldort – verständigen und gesetzten Männern kann es vergönnt bleiben, bescheidene Einwürfe gegen die christliche Religion, und selbst gegen die Bibel zu machen.« – Aber von wem soll die Entscheidung abhangen, wer ein gesetzter und verständiger Mann ist? Ist der bloß ein verständiger Mann, der Verstand genug hat, die Verfolgung zu erwägen, die er sich durch seine Freimütigkeit zuziehen würde? Ist der bloß ein gesetzter Mann, der gern in dem bequemen Lehnstuhle, in den ihn sein Amt gesetzt hat, ruhig sitzen bliebe, und daher herzlich wünscht, daß auch andre, wenn sie schon so weich nicht sitzen, dennoch eben so ruhig sitzen bleiben möchten? Sind nur das bescheidene Einwürfe, die sich bescheiden, der Sache nicht ans Leben zu kommen? die sich bescheiden, nur so weit sich zu entwickeln, als ohngefähr noch eine Antwort abzusehen ist?
    Das letztere muß wohl. Denn der Herr

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