Werke
als in Polen, Ungarn – da müssen wohl sonach die Einwürfe gegen die Religion griechisch geschrieben werden? – Natürlich! Was für ein schöner pädagogischer Handgriff, nun auch die griechische Sprache in diesen Ländern gemein zu machen! Denn es versteht sich, daß die in andern Ländern wider die Religion geschriebenen lateinischen Bücher in diese Länder nicht kommen.
Aber schon wieder auf das Lächerliche zu, das ich so gern vermeiden möchte! – »Was läge daran, wenn der Vorschlag in Polen und Ungarn nicht hülfe? er hülfe doch vors erste in Deutschland.« –
Gewiß? er hülfe? – Kann ein Vorschlag helfen, der weder tulich, noch billig, noch klug, noch christlich ist? – Das ist, was ich so ernsthaft erweisen will, als möglich.
Zwar, daß er tulich wäre, müßte ich wohl voraussetzen lassen. Ich müßte zugeben, daß ein Reichsgesetz darüber gemacht werden könne und dürfe. Denn ein geringers Verbot, als ein Reichsgesetz, würde nichts fruchten. Der Kopf, oder wenigstens ewige Gefangenschaft bei Wasser und Brod, und ohne Dinte und Feder, müßte im ganzen heiligen römischen Reiche darauf stehen, wenn jemand wider heilige Sachen anders als römisch schriebe. Das Gesetz läge schon in dem Namen des heiligen römischen Reichs, und sollte nicht tulich sein?
Nun gut; so sei es tulich: aber wäre es denn billig? – Kann überhaupt ein Gesetz billig sein, das eben so viel unfähige Leute zu etwas berechtigen, als fähige davon ausschließen würde? – Und wer sieht nicht, daß dieses hier geschähe? Oder ist es das Latein selbst, welches die Fähigkeit gewähret, Zweifel gegen die Religion zu haben, und vorzutragen? Ist es die Urkunde des Lateins selbst, welche diese Fähigkeit allen Menschen ohne Ausnahme aberkennet? Ist kein gewissenhafter, nachdenklicher Mann ohne Latein möglich? Gibt es keinen Dummkopf, keinen Narren mit Latein? Ich will auf dem Einfalle des de Roxas nicht bestehen, daß das Latein erst den rechten Narren macht: aber den rechten Philosophen macht es doch auch nicht. – Darzu; von was für einem Latein können ist die Rede? Von dem, bis zum schreiben. Wenn nun Baco, der kein Latein schreiben konnte, Zweifel gegen die Religion gehabt hätte: so hätte auch Baco diese Zweifel unterdrücken müssen? So hätte jeder Schulkollege, der ein lateinisches Programma zusammen raspeln kann, eine Erlaubnis, die Baco nicht hatte? Ich finde zwar nicht, daß Baco wie Huart dachte, der es gerade zu für das Zeichen eines schiefen Kopfes, eines Stümpers hielt, zu glauben, daß er sich in einer fremden Sprache besser werde ausdrücken können, als in seiner. Aber Baco konnte vielleicht doch denken: wie ich Latein schreiben möchte, kann ich nicht; und wie ich kann, mag ich nicht. – Wenn mehrere wüßten, welch Latein sie schrieben: so würden noch weniger Latein schreiben. Es wäre denn freilich, daß sie müßten. Ein Muß , das vielleicht der Sprache zuträglich sein könnte; aber nimmermehr den Sachen.
Und wenn schon in diesem Betracht, daß man sonach dem kleinern Nutzen den größern aufopferte, das unbillige Gesetz auch nicht klug wäre: wäre es nur in diesem Betracht unklug? Wäre es nicht auch darum unklug, weil es dem gemeinen Manne notwendig Verdacht gegen die Güte einer Sache erwecken müßte, die man sich unter seinen Augen zu behandeln nicht getraute? von deren Prüfung ihm die Lateinischen Männer durch ihre Dolmetscher nur so viel mitteilen ließen, als sie für dienlich erachteten? – Wäre es nicht auch darum unklug, weil es den Schaden, dem es vorbauen soll, gerade vermehret? Die Einwendungen gegen die Religion sollen lateinisch geschrieben werden, damit sie unter weniger Leuten Schaden anrichten. Unter wenigern? Ja, unter wenigern in jedem Lande, in welchem das Lateinische nur bei einer gewissen Klasse von Leuten üblich wäre: aber auch in ganz Europa? in der ganzen Welt? Schwerlich wohl. Denn sollten, auch nur in Europa zusammen, nicht mehr Menschen sein, welche Lateinisch könnten, und doch nicht im Stande wären, jedem übeln Eindrucke wahrscheinlicher Zweifel zu widerstehen und zu begegnen: als dergleichen schwache Menschen, die nicht Lateinisch könnten, in jedem einzeln Lande? Seele ist für den Teufel Seele: oder, wenn er einen Unterschied unter Seelen macht, so gewänne er ja wohl noch dabei. Er bekäme, z.E. für die Seele eines deutschen Michels, der nur durch deutsche Schriften hätte verführt werden können, die Seele eines studierten Franzosen oder
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