Werke
Nicht so wohl, weil die spekulativen Wahrheiten der vernünftigen Religion darin in ein größer Licht durch neue und geschärftere Beweise gestellet worden: sondern vielmehr, weil mit einer ungewöhnlichen Deutlichkeit darin gezeigt wird, welchen Einfluß diese Wahrheiten auf unsere Pflichten haben müssen, wenn die vernünftige Religion in einen vernünftigen Gottesdienst übergehen soll. Alles, was er von diesem, von diesem Einflusse insbesondere, sagt, trägt das unverkennlichste Merkmal, daß es aus einem eben so erleuchteten Kopfe, als reinem Herzen geflossen; und ich kann mir unmöglich einbilden, daß in eben diesem Kopfe bei eben diesen erhabenen Einsichten, in eben diesem Herzen bei eben diesen edeln Neigungen, tolle vorsetzliche Irrtümer, kleine eigennützige Affekten hausen und herrschen können. In eodem pectore, sagt Quinctilian, nullum est honestorum turpiumque consortium: et cogitare optima simul ac deterrima non magis est unius animi, quam ejusdem hominis bonum esse ac malum. – Das also, das war es, warum ich meinen Ungenannten einen ehrlichen unbescholtenen Mann nennen zu können glaubte, ohne aus seinem bürgerlichen Leben Beweise dafür zu haben!
Freilich glaubte ich einmal, ihn in der Person des Wertheimischen Bibelübersetzers näher zu kennen; und noch kürzlich hätte mich die ungesuchte Äußerung eines hiesigen ehrlichen Mannes in solchem Glauben bestärken können. Dieser Mann hat ehedem, wie noch gar wohl bekannt, mit Schmiden vielen Umgang gepflogen; und ich habe sein schriftliches Zeugnis in Händen. Doch Herr Mascho hat durch so viel Schlüsse a priori meinen Wahn, oder wofür er es sonst halten mag, so kräftig bestritten, daß ich ganz und gar keine Achtung für dergleichen Schlüsse in rebus facti haben müßte, wenn ich nicht wenigstens sollte zweifelhaft geworden sein. Zwar hinken einige dieser Schlüsse ein wenig sehr; z.E. der, welcher von der Wolfischen Philosophie hergenommen ist, die sich Schmid so ganz zu eigen gemacht hatte, und von welcher bei meinem Ungenannten keine Spur zu finden sein soll. Denn mit Erlaubnis des Herrn Mascho, das eben angeführte erste Buch ist ganz auf Wolfische Definitionen gegründet; und wenn in allen Übrigen die strenge mathematische Methode weniger sichtbar ist, so hat ja wohl die Materie mit Schuld, die ihrer nicht fähig war. Auch muß ich dem Herrn Mascho aufrichtig bekennen, daß ich nicht einsehe, wie mein Vorgeben, die Handschrift des Ungenannten habe wenigstens ein Alter von 30 Jahren, darum nicht Statt finden könne, weil Wettsteins und des Spruches I. Johann. V. 7, darin gedacht werde. Es ist wahr, Wettsteins neues Testament kam erst 1751 heraus; aber die Prolegomena waren doch bereits 1730 erschienen, und die Streitigkeit über den Spruch Johannis ist ja wohl noch älter. Allein, was würde es helfen, wenn ich auch in diesen Kleinigkeiten Recht bekäme? Herr Mascho weiß so unzählig andere Particularia von meinem Ungenannten, welche alle auf den Wertheimischen Schmid nicht passen, daß schwerlich an diesen weiter gedacht werden kann; wenn uns Herr Mascho nur noch vorher zu sagen beliebt, woher er diese Particularia hat.
Von mir hat er sie gewiß nicht. Sondern vermutlich hat er sie von einem gewissen E. der in den Altonaer Beiträgen (St. 30) den Verfasser der Fragmente »einen leider! nur zu bekannten Ungenannten nennet«: wenn dieser E. nicht vielmehr, was er so dreist in die Welt schreibt, von dem Herrn Mascho hat. Nach Belieben! Nur daß sich keiner auf mich berufe. Denn ich, für mein Teil, so bald ich merkte, daß ich mich in meiner Vermutung mit Schmiden wohl möchte übereilet haben, machte mir das Gesetz, einer solchen Vermutung nie wieder nachzuhängen. Ja ich faßte so fort den Entschluß, auch wenn ich den wahren Namen ganz zuverlässig erführe, ihn dennoch nun und nimmermehr der Welt bekannt zu machen. Und bei diesem Entschlusse, so mir Gott hilft, bleibt es; gesetzt auch, daß ich ihn wirklich erfahren hätte.
Welche elende Neugierde, die Neugierde nach einem Namen! nach ein Paar Buchstaben, die so oder so geordnet sind! Ich lasse es gelten, wenn wir zugleich mit dem Namen, und durch den Namen erfahren, wie weit wir dem Zeugnisse eines Lichtscheus trauen können. Aber da, wo von Zeugnissen, von Dingen, die lediglich auf Zeugnissen beruhen, gar nicht die Rede ist; wo die Vernunft auf ihrem eignen Wege nur Gründe prüfen soll: was soll da der Name des, der das bloße Organ dieser Gründe ist? Er nutzt nicht allein
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