Werke
nichts; sondern schadet auch wohl öfters, indem er einem Vorurteile Raum gibt, welches alle vernünftige Prüfungen so jämmerlich abkürzt. Denn entweder der Ungenannte wird als ein Mann erkannt, dem es auch sonst weder an Willen noch an Kraft die Wahrheit zu erkennen, gefehlt hat: und sogleich läßt sich der Pöbel, dem das Denken so sauer wird, von ihm blindlings hinreißen. Oder es findet sich, daß der Ungenannte schon sonst wo übel bestanden: und sogleich will eben der Pöbel ganz und gar weiter mit ihm nichts zu schaffen haben; der festen schönen Meinung, daß dem, der an einem Sinne verwahrloset ist, notwendig alle fünfe mangeln müssen. – So urteilen selbst Literatores, die es sonst für keine kleine Sache halten, auf anonyme und pseudonyme Schriftsteller Jagd zu machen: und ich sollte unphilosophischer urteilen und handeln, als diese Männer, welche so zu reden ein Recht haben, unnütze und unphilosophische Entdeckungen zu machen? Prudentis est, sagt Heumann an dem nämlichen Orte, woher das Lemma dieses Stücks gekommen ist, ita quosvis dogmaticos libros legere, quasi auctor plane sit ignotus. Hier ist das quasi wirklich. Der Leser braucht nicht erst wieder zu vergessen, was er nicht weiß.
Und nun stelle man sich vor, was ich für Augen möge gemacht haben, als ich, im Gefühl dieser meiner Gesinnungen, folgende Stelle des Herrn Hauptpastors las. (17) »Zuletzt erinnere ich den Herrn L. noch, daß es nun für ihn Pflicht sei, den Verfasser der Fragmente zu nennen, da er mit der Entdeckung seines Namens gedrohet, und es versucht hat, seinen Gegnern dadurch Furcht einzujagen, da es ihm nicht unbekannt sein kann, was für gelehrte unbescholtene Männer für Verfasser dieser Mißgeburten ausgegeben worden. Die Schuld, daß ihre Asche so unverantwortlich besudelt wird, fällt auf ihn zurück, wofern er mit der Wahrheit länger zurück hält; und er kann solche zu offenbaren, um so viel weniger Bedenken tragen, da er seinen Autor und dessen Arbeit schon vorläufig mit solchen Lobsprüchen beehret hat.«
Wie? Ich soll gedroht haben, den Verfasser der Fragmente zu nennen? Wo das? Und darauf soll ich meine Pflicht gründen, mit seinem Namen nicht länger hinter dem Berge zu halten? darauf? Wie die Pflicht, so der Bewegungsgrund zu Erfüllung derselben! Ich habe gewarnet, dem Ungenannten nicht gar zu bubenmäßig und schülerhaft zu begegnen, damit man sich nicht allzu sehr schämen müsse, wenn man endlich einmal erführe, wer er gewesen. Heißt das drohen? Heißt das drohen, daß man es durch mich erfahren soll? Daß ich endlich den Namen aussprechen will? – Wenn der Herr Hauptpastor hier nicht mit gutem Wissen und Vorsatz eine Lüge hingeschrieben hat: so ist es doch ein Beweis, wie er mich lieset. Er lieset nie das, was ich geschrieben habe: sondern immer nur das, was er gerne möchte, daß ich geschrieben hätte.
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Anti-Goeze
Zehnter
Ärgernis hin, Ärgernis her! Not bricht Eisen, und hat kein Ärgernis. Ich soll der schwachen Gewissen schonen, so fern es ohne Gefahr meiner Seelen geschehen mag. Wo nicht, so soll ich meiner Seelen raten, es ärgere sich daran die ganze oder halbe Welt.
Luther
Hiernächst ist es mir allerdings völlig unbekannt, was für gelehrte und unbescholtene Männer, ohne Zweifel auf Vorspiegelung der Herren Mascho und E. in Hamburg für Verfasser der Fragmente ausgegeben werden. Aber es freuet mich, daß man dort doch mehrere kennet, die so etwas könnten geschrieben haben. Es macht keinem Schande; wer er auch sei: und was der Herr Hauptpastor von unverantwortlicher Besudelung ihrer Asche sagt, will weder nach der eigentlichen, noch nach der verblümten Bedeutung, mir in den Kopf. Asche nimmt es gar nicht übel, mit Kot vermengt zu werden; und der Geist, der diese Asche belebte, steht vor den Augen des, dem es keine Mühe macht, das Eigene von dem Angelogenen zu unterscheiden. Die tappende Neugier der Sterblichen ist für beide ein Spiel, das des Zusehens nicht wert ist; und welcher Vernünftige diese Neugierde am ersten zu befriedigen sucht, erzürnet die spielenden Kinder am meisten.
Wenn der Herr Hauptpastor unter diese neugierigen spielenden Kinder nicht selbst gerechnet werden will: so sage er doch nur, in welcher ernsthaften Absicht sonst, er gern den Namen meines Ungenannten wissen möchte. Kann er seine Asche noch einmal zu Asche brennen lassen? Sollen seine Gebeine in der Erde, welche sie willig aufnahm, nicht länger ruhen? Sollen sie in Staub zermalmet,
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