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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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dürft ihr nun gleiche Gastfreundschaft von mir nicht versagen.«
    Da sprang der andere Krämer, ein junger stattlicher Mann von kräftigem Bau und freimütigem Antlitz, plötzlich auf und rief mit starker Stimme: »Nein, ich kann mich nicht länger zurückhalten, das recht herzinnigliche Wohlbehagen, welches mich stets in den ersten Stunden meines Hierseins durchdringt; die Art, wie mich hier Unbekannte in ihrem Kreise aufnehmen, vorzüglich aber die große Freude, Euch, mein ehrwürdiger Herr, wiederzusehen, will sich Luft machen.«
    Bei diesen Worten des Krämers sahen sich die übrigen ganz verwundert an, denn jedem fiel nun ein, daß er nicht wisse, wer der Alte sei, unerachtet er ihn schon seit vielen Jahren kenne.
    Der Alte bemerkte sehr wohl diesen Ausdruck des Befremdens, der auf allen Gesichtern ruhte, und erhob sich ebenfalls von seinem Sessel. Nun erst wurde die unbeschreibliche Würde seines Körpers sichtbar. Mehr klein als groß, war sein Körper im reinsten Ebenmaß gebaut. Das Alter schien über diese Formen keine Gewalt zu haben. Über sein Antlitz verbreitete sich ein milder Ernst, dem jener Zug von sehnsüchtiger Schwermut beigemischt war, welcher ein tiefes Gemüt verkündet.
    »Ich lese«, sprach er mit sanfter Stimme, »in euren Gesichtern einen sehr gerechten Vorwurf. Menschen, die miteinander Verkehr treiben, müssen mit ihrem gegenseitigen Standpunkte im Leben bekannt werden, denn sonst ist an irgendein Vertrauen nicht zu denken. Wißt also, ihr lieben Leute, daß ich mich Mathias Salmasius nenne und schon vor langen Jahren in Paris die Doktorwürde erlangt habe, mich auch sonst vieler gelahrter Würden, sowie der besondern Gunst und Gnade Sr. Majestät des Kaisers selbst und anderer vornehmer Fürsten und Herren berühmen könnte, die mich, da ich auf mannigfache Weise ihnen durch meine Wissenschaften nützlich werden zu können die Ehre hatte, mit schönen Ehrenzeichen belohnt haben. Näher wird es mich euch bringen, wenn ich euch sage, daß ich in Ansehung meiner Abkunft und meiner Neigung eurem großen Albrecht Dürer verwandt bin. Mein Vater war ein Goldschmied, so wie der seinige, und so wie er wollte ich Maler werden, und der große Wohlgemuth sollte mein Lehrer sein. Doch nur zu bald wurde ich gewahr, daß mich die Natur zu dieser Kunst nicht bestimmt hatte, sondern daß mich die Wissenschaften unwiderstehlich hinzogen, denen ich mich denn auch ganz ergab. –«
    »Vergeßt,« setzte Mathias lachend hinzu, »vergeßt nur gleich, ihr lieben Freunde, alles, was ich gesagt habe, und seht in mir weiter nichts, als einen gutmütigen Reisenden, der gar zu gern nach dem schönen Nürnberg kommt und in dem ›Weißen Lamm‹ bei dem sehr tapfern und ehrenfesten Wirt, Herrn Thomas, einkehrt, der den besten Wein führt und dabei eine vollständige, anmutige Chronika seiner herrlichen, weltberühmten Vaterstadt zu nennen ist.«
    Herr Thomas scharrte mit dem Fuß so weit hinten aus, daß ihm das Samtkäppchen vornüber fiel. Ohne es aber aufzuheben, ja verächtlich darüber wegschreitend, schritt er erst an den Tisch und schenkte die Gläser voll.
    »Wir«, nahm Bergstainer endlich das Wort, nachdem sich die Meister von einiger Scheu erholt, an der Seite eines hochgelahrten, vornehmen Mannes zu sitzen, »wollen tun, wie Ihr geboten habt, ehrwürdiger Herr, Eure Würden und Ehrenstellen auf einen Augenblick vergessen und nur daran denken, daß wir Euch schon seit Jahren recht aus dem Grunde des Herzens lieben und ehren. Daß Ihr vornehmen Standes seid, haben wir immer vermutet. Denn das zeigte ja Euer sauberer Anzug und Euer ganzes Wesen, und so haben wir nicht unrecht getan, wenn wir Euch mit dem Titel ›Ehrwürdiger Herr!‹ begrüßten.«
    »Wer,« erwiderte der Doktor Mathias, »wer möchte nicht gern in dem schönen anmutigen Nürnberg und in seiner reizenden Umgebung verweilen. Recht hatte Kaiser Karl, daß er die Stadt von Hause aus in seinen Schutz nahm und ihr besondere schöne Privilegien gab. Die Lage, das Klima –«
    »Nun,« unterbrach Meister Weppering den Doktor Mathias, »nun, was das Klima betrifft, so wollen wir heute wenigstens nicht viel Redens davon machen, denn hört nur, wie es wieder schrecklich tobt und stürmt, als sei der Dezember im Anzuge.«
    »Schämt Euch,« nahm Doktor Mathias das Wort, »schämt Euch, Meister Weppering, wie könnt Ihr ein vorübergehendes Unwetter, das die Tiroler Berge uns heraufschickten, unserm Klima zuschreiben. Also Klima,

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