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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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Bewegung nach der Tür zu.
    „Nun gut! Aber ich kann Ihnen wirklich nicht erlauben, in meinem Hause Briefe von Ihren Liebhabern zu erhalten...“
    Ich schrie vor Schreck auf und blickte ihn fassungslos an.
    „Und darum...“
    „Halten Sie ein!“ rief ich. „Wie können Sie es wagen? Wie können Sie es wagen, mir das zu sagen? ... O Gott! O Gott!...“
    „Was? Was? Sie wollen mir noch drohen?“
    Aber blaß und von Verzweiflung niedergeschmettert blickte ich ihn an. Der Kampf zwischen uns war, ohne daß ich begriffen hätte, warum, zum höchsten Grade der Erbitterung gelangt. Ich flehte ihn mit meinem Blicke an, nicht so weiterzugehen. Ich war bereit, ihm die Beleidigung zu vergeben, wenn er jetzt innehalten wollte. Er sah mich unverwandt an und wurde augenscheinlich schwankend.
    „Bringen Sie mich nicht zum Äußersten!“ flüsterte ich ängstlich.
    „Nein, damit muß ein Ende gemacht werden!“ sagte er endlich nach einigem Überlegen. „Ich muß gestehen“, fügte er mit einem seltsamen Lächeln hinzu, „dieser Blick hatte mich schon beinahe schwankend gemacht; aber leider spricht die Sache selbst für sich. Ich habe den Anfang des Briefes noch lesen können. Es ist ein Liebesbrief! Das können Sie mir nicht ausreden. Nein, das schlagen Sie sich aus dem Sinn! Und wenn ich einen Augenblick zweifelhaft wurde, so beweist das nur, daß ich zu all ihren sonstigen schönen Eigenschaften erst noch die Fähigkeit, vorzüglich zu lügen, hinzunehmen mußte; und darum wiederhole ich Ihnen...“
    Je länger er sprach, um so mehr wurde sein Gesicht von Bosheit entstellt. Er war blaß geworden; seine Lippen hatten sich schiefgezogen und zitterten, so daß er schließlich die letzten Worte nur mit Mühe herausbrachte. Es war dunkel geworden. Ich stand schutzlos da, allein, einem Menschen gegenüber, der imstande war eine Frau zu beleidigen. Schließlich war der äußere Schein durchaus gegen mich; ich verging vor Scham und war ganz fassungslos; ich konnte die zornige Erregung dieses Menschen nicht begreifen. Ohne ihm zu antworten, außer mir vor Angst, stürzte ich aus dem Zimmer und kam erst zur Besinnung, als ich am Eingang zu Alexandra Michailownas Zimmer stand. In diesem Augenblicke hörte ich seine Schritte; ich wollte schon ins Zimmer hineingehen, als ich plötzlich wie vom Donner gerührt stehenblieb.
    „Was wird aus ihr werden?“ schoß es mir durch den Kopf. „Dieser Brief! ... Nein, lieber will ich alles mögliche erdulden, als ihr diesen tödlichen Stich ins Herz versetzen!“ Und ich stürzte zurück. Aber es war schon zu spät: Er stand neben mir.
    „Kommen Sie, wohin Sie wollen; nur nicht hier, nicht hier!“ flüsterte ich, indem ich seine Hand ergriff. „Schonen Sie sie! Ich werde wieder in die Bibliothek kommen, oder ... wohin Sie sonst wollen! Sie werden sie töten!“
    „Vielmehr: Sie werden sie töten!“ antwortete er und zog mich mit sich.
    Alle meine Hoffnungen schwanden dahin. Ich merkte, daß er beabsichtigte, Alexandra Michailowna von dem ganzen Vorfall in Kenntnis zu setzen.
    „Um Gottes willen!“ sagte ich und suchte ihn mit aller Kraft zurückzuhalten. Aber in diesem Augenblicke wurde die Portiere aufgehoben, und Alexandra Michailowna stand vor uns. Sie sah uns erstaunt an. Ihr Gesicht war noch blasser als sonst. Sie hielt sich nur mit Mühe auf den Beinen, und es war augenscheinlich, daß es ihr die größte Anstrengung gekostet hatte, zu uns zu gelangen, nachdem sie unsere Stimmen gehört hatte.
    „Wer ist da? Wovon habt ihr hier gesprochen?“ fragte sie, uns mit dem äußersten Erstaunen ansehend.
    Einige Augenblicke lang herrschte Stillschweigen, und sie wurde bleich wie Leinwand. Ich stürzte zu ihr hin, umschlang sie fest mit meinen Armen und führte sie in ihr Zimmer zurück. Pjotr Alexandrowitsch trat hinter mir herein. Ich verbarg mein Gesicht an ihrer Brust und umarmte sie immer fester, halbtot vor ängstlicher Erwartung.
    „Was ist mit dir, was ist mit euch?“ fragte Alexandra Michailowna noch einmal.
    „Fragen Sie sie! Sie haben sie noch gestern so warm verteidigt“, sagte Pjotr Alexandrowitsch, indem er sich schwer in einen Lehnstuhl sinken ließ.
    Ich drückte sie immer fester und fester in meinen Armen an mich.
    „Aber mein Gott, was gibt es denn eigentlich?“ sagte Alexandra Michailowna in schrecklicher Angst. „Ihr seid beide so aufgeregt, und sie ist ganz erschrocken und weint. Anneta, sage mir alles, was zwischen euch vorgefallen ist!“
    „Nein,

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