Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
dank dem rechtzeitigen Eingreifen der Regierung, ohne schädliche Folgen geblieben waren), und auf Grund dieser mildernden Umstände nahm sich das General-Auditoriat »die Freiheit, die Anwendung der kaiserlichen Gnade hinsichtlich der Entscheidung über das Los der Angeklagten und die Umwandlung der Todesstrafe in Strafen nach Maßgabe ihrer Schuld alleruntertänigst zu befürworten.« Die im Anschluß hieran vom General-Auditoriat unterbreiteten Urteilssprüche wurden vom Kaiser durch handschriftliche Bemerkungen an den Rand der Aktenblätter teils bestätigt, wie z. B. das Urteil über Petraschewski (er wurde zum Verlust aller Rechte und zu lebenslänglicher Zwangsarbeit in den sibirischen Bergwerken verurteilt), teils verschärft, wie u. a. die Jastrshemski zudiktierten vier Jahre Zwangsarbeit in sechs Jahre verwandelt wurden, größtenteils aber gemildert, so u. a. auch die Strafen für Duroff und F. M. Dostojewski, die beide zu achtjähriger Zwangsarbeit verurteilt waren, letzterer wegen »Teilnahme an verbrecherischen Absichten, Verbreitung eines vom Schriftsteller Bjelinski geschriebenen Briefes, der voll ist von frechen Ausdrücken gegen die rechtgläubige Kirche und die oberste Gewalt, sowie wegen des Planes, in Übereinstimmung mit Anderen, Schriften gegen die Regierung mittels einer geheimen Druckerei zu verbreiten«. Dieses Urteil wurde – ebenso wie das gleichlautende für Duroff: »zur Zwangsarbeit auf acht Jahre« – vom Kaiser durch eigenhändige Randbemerkung geändert in Zwangsarbeit » auf vier Jahre und dann als Gemeiner «.
Dostojewski hat später diese Art seiner Verurteilung als einen Präzedenzfall bezeichnet, da bislang jeder in Rußland zur Zwangsarbeit Verurteilte (gleichviel auf wieviel Jahre) damit seine bürgerlichen Rechte für immer verlor. »Dostojewski aber sollte« – so diktierte er von sich in der dritten Person, als er einmal um biographische Daten für ausländische Leser gebeten wurde – »nach Ablauf der Frist der Zwangsarbeit als Soldat eingereiht werden, d. h. es wurden ihm die Bürgerrechte wieder zuerkannt. Später sind ähnliche Vergünstigungen des öfteren vorgekommen, damals aber geschah es zum ersten Male nach dem Willen des verstorbenen Kaisers Nikolai I., ›dem es um Dostojewskis Jugend und Talent leid tat.‹« Wie wir wissen, geschah das aber nicht nur mit Dostojewski, sondern auch mit Duroff. An sich ist diese Tatsache umso beachtenswerter, als weder von Dostojewski noch von Duroff irgend welche »freiwilligen Geständnisse« erfolgt sind, wie wir aus den Akten ersehen.
Eine noch größere Milderung des Urteils ließ der Kaiser dem Dichter Pleschtschejeff zuteil werden: Dieser sollte nur in das Orenburger Linienregiment als Gemeiner eingereiht werden. Zieht man nun in Erwägung, daß Pleschtschejeff, ganz wie Dostojewski und Duroff, besonders für die Befreiung der Bauern eintrat und diese Befreiung von der Regierung erwartete, so fragt es sich, ob nicht die Milderung ihrer Strafe zum Teil auf eine alte Absicht des Kaisers Nikolai I., die Bauern zu befreien, zurückzuführen war, eine Absicht, die sich infolge der Entgegenwirkung des Adels nicht verwirklichte? ...
Im übrigen sollte einzig der Leutnant des Leibgardejäger-Regiments Alexander Palm, »aus dessen Schriften,« wie es in dem Bericht des General-Auditoriats heißt, »eine große Liebe zu Rußland spricht«, ohne Degradation mit dem gleichen Rang als Leutnant aus der Garde in die Linie versetzt werden: und dieses Urteil ward vom Kaiser bestätigt.
Am 22. Dezember 1849 wurde im »Russischen Invaliden,« dem Regierungsorgan, das Urteil über die Petraschewzen veröffentlicht und der ganze Fall wie folgt gekennzeichnet:
»Die verderblichen Lehren, die im ganzen westlichen Europa Unruhen und Aufstände erzeugt haben, und die mit dem Sturz und der Zertrümmerung jeglicher Ordnung und jedes Wohlstandes der Völker drohen, haben bedauerlicherweise auch in unserem Vaterlande einen gewissen Widerhall gefunden... Eine Anzahl unbedeutender, meist junger und sittenloser Menschen träumte von der Möglichkeit, die heiligsten Rechte der Religion, der Gesetzlichkeit und des Eigentums niederzutreten... Der Titularrat Butaschewitsch-Petraschewski versammelte an bestimmten Tagen in seiner Wohnung einen Kreis jüngerer Leute aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten. Gotteslästerungen, dreiste Worte gegen die geheiligte Person Seiner Majestät des Kaisers, Auslegung der Regierungsmaßnahmen in tendenziös
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