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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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sollten sie wenigstens Wilhelm Busch nacheifern, der freilich in der Grausamkeit und pessimistischen Resignation etwas zu weit geht.
    Die humoristischen Erzählungen Dostojewskis gehören unausscheidbar zum Werke des großen Russen auch deshalb, weil sie nicht weniger als seine anderen Dichtungen das Gepräge einer höchst seltsamen Art von Liebe zur Schwachheit im Menschen haben. Diese Liebe ist auch darin seltsam, wie sie sich äußert. Es geschieht dies mit der unerbittlichen Grausamkeit, die keine Erniedrigung erläßt und doch alles verzeiht. Nur das Herrische, auch wenn er es triumphieren läßt, wird eigentlich verächtlich gemacht und mit künstlerischem Haß behandelt.
    Alles Tiefe hat Dostojewskis Sympathie. Wo er liebt, tritt er darnieder. Er will aber nicht das gewöhnliche Mitleiden erwecken, wie es die Art westlicher Sentimentalität ist, die sich um die gewaltigste Forderung des Christentums auf eine erbärmlich wohlfeile Manier herumschwindelt, sondern seine Absicht ist gerade das Gegenteil davon. Er will die triumphierende Demut zeigen. Die innere Ekstase der Demut als höchstes Glück, ja als einziges menschenwürdiges Glück, und alles andere als Laster und Scheinglück zu demonstrieren, wird er nicht müde. Man hat das Gefühl: er peinigt sich wolllüstig selber, wenn er seine Menschen von Qual zu Qual in die Tiefen ihrer selbst führt. Wenn unser Ideal Menschen sind, die ihre Persönlichkeit möglichst groß und frei entfalten zu äußerer herrschender Wirkung, wenn wir z. B. einen Napoleon bewundern, der aus der Tiefe zur Höhe emporsteigt, so zwingt er uns Bewunderung für solche ab, die ihre Persönlichkeit gleichsam einfalten: auf einen inneren Punkt reduzieren, – äußerlich Verachtete, Zertretene, innerlich Glorreiche, Erhabene. Viel eher als von Mitleid, kann von Mitfreude die Rede sein, die der Dichter damit hervorrufen will.
    Aber hier ist der Punkt, wo der Instinkt des Menschen westlicher Kultur sich sträubt, diesem Hexenmeister zu folgen. Wir werden ergriffen, wehren uns aber, ganz in den Bann dieser moralischen Fallsucht gezogen zu werden. Aufrichtig bereit, diese Virtuosen der Demut als außerordentliche Menschen zu bewundern und ihnen Kräfte zuzuerkennen, die denen von Heiligen verwandt sind, lehnen wir es doch ab, sie als Beispiele und Muster für die gesamte Menschheit hinzunehmen; ja wir zweifeln daran, daß sie auch nur für die russische Menschheit Muster sein können. Und wir freuen uns der Zuversicht, daß, wenn der russische Geist wirklich von dieser nach unseren Begriffen zwar sublimen, aber krankhaften Art von Perversion ins Passive ist, keine Gefahr für uns besteht, von ihm überwunden zu werden. Flagellantenzüge erobern nicht die Welt.
    Und doch haben sich die Bücher Dostojewskis die Welt erobert. Wie ist das zu erklären?
    Ich deutete es bereits an, indem ich auf seine künstlerische Größe hinwies, die der Tendenz das Absichtliche nimmt und auf den ungeheuren Reichtum seiner fesselnden Motive und Gestalten, der Shakepsearisch wirkt, das heißt bereichernd und überwältigend. Es kommt aber noch anderes hinzu.
    Ein Hauptgrund ist (auch schon angedeutet) der, daß Dostojewski, gemessen selbst am Größten unserer deutschen Dichtkunst, Goethe, als eine tiefere, reinere Offenbarung von Natur- oder Volkskräften (wie man will) wirkt; daß neben ihm alle Literatur des Westens (ganz Weniges ausgenommen, wie z. B. einige Verse Verlaines, einige Worte Hilles) den Eindruck von auf Flaschen Gefülltem, Destilliertem macht neben einer sprudelnden Quelle. Mit anderen Worten: Dostojewski, obwohl er doch in einem höchst unantiken Maße, ja recht eigentlich als der größte anti-antike Analytiker, Zerfaserer, Bohrer, Wühler ist, besitzt dennoch die große, den älteren lebenden Literaturen fast ganz abhanden gekommene Eigenschaft echter Urwüchsigkeit. Was alles ihn auch künstlerisch beeinflußt haben mag, denn es fällt auch in diesem Sinne kein Meister vom Himmel: der Eindruck ist, als ackere er, ein Urbauer der Dichtkunst, jungfräuliche Erde. Dies ist ein Reiz, dem sich niemand entziehen kann, der Sinn für Kunst hat. Aber auch der ganz naive Leser (der beste Leser) fühlt sich auf der Stelle ergriffen und belebt. Man kann auch ein Bild aus den Anfängen der Architektur heranziehen, indem man Dostojewski einen Cyklopen nennt, der mit ungeheuren unbehauenen Quadern hantiert, die er ohne den Mörtel der uns überkommenen technischen Hilfsmittel des Romans verbindet:

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