Werke
flog es vorbei!
Lyrische Form
Poeta laureatus:
Es sei die Form ein Goldgefäß,
In das man goldnen Inhalt gießt!
Ein anderer:
Die Form ist nichts als der Kontur,
Der den lebend’gen Leib beschließt.
Geh nicht hinein
Im Flügel oben hinterm Korridor,
Wo es so jählings einsam worden ist
– Nicht in dem ersten Zimmer, wo man sonst
Ihn finden mochte, in die blasse Hand
Das junge Haupt gestützt, die Augen träumend
Entlang den Wänden streifend, wo im Laub
Von Tropenpflanzen ausgebälgt Getier
Die Flügel spreizte und die Tatzen reckte,
Halb Wunder noch, halb Wissensrätsel ihm
– Nicht dort; der Stuhl ist leer, die Pflanzen lassen
Verdürstend ihre schönen Blätter hängen;
Staub sinkt herab; – nein, nebenan die Tür,
In jenem hohen dämmrigen Gemach
– Beklommne Schwüle ist drin eingeschlossen –,
Dort hinterm Wandschirm auf dem Bette liegt
Etwas – geh nicht hinein! Es schaut dich fremd
Und furchtbar an.
Vor wenig Stunden noch
Auf jenen Kissen lag sein blondes Haupt;
Zwar bleich von Qualen, denn des Lebens Fäden
Zerrissen jäh; doch seine Augen sprachen
Noch zärtlich, und mitunter lächelt’ er,
Als säh er noch in goldne Erdenferne.
Da plötzlich losch es aus; er wußt es plötzlich
– Und ein Entsetzen schrie aus seiner Brust,
Daß ratlos Mitleid, die am Lager saßen,
In Stein verwandelte –, er lag am Abgrund;
Bodenlos, ganz ohne Boden. – »Hilf!
Ach Vater, lieber Vater!« Taumelnd schlug
Er um sich mit den Armen; ziellos griffen
In leere Luft die Hände; noch ein Schrei –
Und dann verschwand er.
Dort, wo er gelegen,
Dort hinterm Wandschirm, stumm und einsam liegt
Jetzt etwas; – bleib, geh nicht hinein! Es schaut
Dich fremd und furchtbar an; für viele Tage
Kannst du nicht leben, wenn du es erblickt.
»Und weiter – du, der du ihn liebtest –, hast
Nichts weiter du zu sagen?«
Weiter nichts.
An Agnes Preller
Als ich abends einen Rosenstrauß auf meinem Zimmer fand
Die Tage sind gezählt, vorüber bald
Ist alles, was das Leben einst versüßt;
Was will ich mehr, als daß vorm Schlafengehn
Die Jugend mich mit frischen Rosen grüßt!
Die neuen Fiedellieder
1.
Lang und breit war ich gesessen
Überm schwarzen Kontrapunkt;
Auf ein Haar dem Stadttrompeter
Gaben sie mich zum Adjunkt.
Hei, da bin ich ausgerissen;
Schöne Welt, so nimm mich nun!
Durch die Städte will ich schweifen,
An den Quellen will ich ruhn.
Nur die Fiedel auf dem Rücken;
Vorwärts über Berg und Strom!
Schon durchschreit ich deine Hallen,
Hoher kühler Waldesdom.
Und ich streich die alte Geige,
Daß es hell im Wandern klingt;
Schaut der Fink vom Baum hernieder:
»Ei, Herr Vetter, wie das singt!«
Doch am Horizonte steiget
Eines Städtchens Turm empor! –
Welchen kleinen Lilienohren
Geig ich dort mein Stücklein vor?
2.
Wenn mir unterm Fiedelbogen
Manche Saite auch zersprang,
Neue werden aufgezogen,
Und sie geben frischen Klang.
Auf dem Schützenplatz am Tore
Strich ich leis mein Spielwerk an;
Wie sie gleich die Köpfe wandten,
Da ich eben nur begann!
Und es tönt und schwillt und rauschet,
Wie im Sturz der Waldesbach;
Meine Seele singt die Weise,
Meine Geige klingt sie nach.
Trotzig hadern noch die Burschen;
Bald doch wird es still im Kreis;
Erst ein Raunen, dann ein Schweigen,
Selbst die Bäume säuseln leis.
Zauber hat sie all befangen;
Und ich weiß, wie das geschah!
Dort im Kranz der blonden Frauen
Stehst du selbst, Frau Musika!
3.
Glaubt ich doch, sie wär es selber
–Was nur das Gedanken sind! –,
Die Frau Musika vom Himmel;
Und nun ist’ s ein Erdenkind!
Gestern, da sie stand am Brunnen,
Zog ich flink den Hut zum Gruß;
Und sie nickt’ und sprach in Züchten:
»Grüß dich Gott, Herr Musikus!«
Zwar ich wußt, Marannle heißt sie,
Und sie wohnt am Tore nah;
Doch ich hätt’s nicht können lassen,
Sprach: »Grüß Gott, Frau Musika!«
Was sie da für Augen machte!
Und was da mit mir geschah!
Stets nun klingt’s mir vor den Ohren:
Musikus und Musika!
4.
In den Garten eingestiegen
Wär ich nun mit gutem Glück –
Wie die Fledermäuse fliegen!
Langsam weicht die Nacht zurück.
Doch indes am Feldessaume
Drüben kaum Aurora glimmt,
Hab ich unterm Lindenbaume
Hier die Fiedel schon gestimmt.
Sieh, dein Kammerfenster blinket
In dem ersten
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