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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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flog es vorbei!
Lyrische Form
    Poeta laureatus:
    Es sei die Form ein Goldgefäß,
    In das man goldnen Inhalt gießt!
    Ein anderer:
    Die Form ist nichts als der Kontur,
    Der den lebend’gen Leib beschließt.
Geh nicht hinein
    Im Flügel oben hinterm Korridor,
    Wo es so jählings einsam worden ist
    – Nicht in dem ersten Zimmer, wo man sonst
    Ihn finden mochte, in die blasse Hand
    Das junge Haupt gestützt, die Augen träumend
    Entlang den Wänden streifend, wo im Laub
    Von Tropenpflanzen ausgebälgt Getier
    Die Flügel spreizte und die Tatzen reckte,
    Halb Wunder noch, halb Wissensrätsel ihm
    – Nicht dort; der Stuhl ist leer, die Pflanzen lassen
    Verdürstend ihre schönen Blätter hängen;
    Staub sinkt herab; – nein, nebenan die Tür,
    In jenem hohen dämmrigen Gemach
    – Beklommne Schwüle ist drin eingeschlossen –,
    Dort hinterm Wandschirm auf dem Bette liegt
    Etwas – geh nicht hinein! Es schaut dich fremd
    Und furchtbar an.
                                  Vor wenig Stunden noch
    Auf jenen Kissen lag sein blondes Haupt;
    Zwar bleich von Qualen, denn des Lebens Fäden
    Zerrissen jäh; doch seine Augen sprachen
    Noch zärtlich, und mitunter lächelt’ er,
    Als säh er noch in goldne Erdenferne.
    Da plötzlich losch es aus; er wußt es plötzlich
    – Und ein Entsetzen schrie aus seiner Brust,
    Daß ratlos Mitleid, die am Lager saßen,
    In Stein verwandelte –, er lag am Abgrund;
    Bodenlos, ganz ohne Boden. – »Hilf!
    Ach Vater, lieber Vater!« Taumelnd schlug
    Er um sich mit den Armen; ziellos griffen
    In leere Luft die Hände; noch ein Schrei –
    Und dann verschwand er.
                                               Dort, wo er gelegen,
    Dort hinterm Wandschirm, stumm und einsam liegt
    Jetzt etwas; – bleib, geh nicht hinein! Es schaut
    Dich fremd und furchtbar an; für viele Tage
    Kannst du nicht leben, wenn du es erblickt.
    »Und weiter – du, der du ihn liebtest –, hast
    Nichts weiter du zu sagen?«
    Weiter nichts.
An Agnes Preller
    Als ich abends einen Rosenstrauß auf meinem Zimmer fand
    Die Tage sind gezählt, vorüber bald
    Ist alles, was das Leben einst versüßt;
    Was will ich mehr, als daß vorm Schlafengehn
    Die Jugend mich mit frischen Rosen grüßt!
Die neuen Fiedellieder
1.
    Lang und breit war ich gesessen
    Überm schwarzen Kontrapunkt;
    Auf ein Haar dem Stadttrompeter
    Gaben sie mich zum Adjunkt.
     
    Hei, da bin ich ausgerissen;
    Schöne Welt, so nimm mich nun!
    Durch die Städte will ich schweifen,
    An den Quellen will ich ruhn.
     
    Nur die Fiedel auf dem Rücken;
    Vorwärts über Berg und Strom!
    Schon durchschreit ich deine Hallen,
    Hoher kühler Waldesdom.
     
    Und ich streich die alte Geige,
    Daß es hell im Wandern klingt;
    Schaut der Fink vom Baum hernieder:
    »Ei, Herr Vetter, wie das singt!«
     
    Doch am Horizonte steiget
    Eines Städtchens Turm empor! –
    Welchen kleinen Lilienohren
    Geig ich dort mein Stücklein vor?
2.
    Wenn mir unterm Fiedelbogen
    Manche Saite auch zersprang,
    Neue werden aufgezogen,
    Und sie geben frischen Klang.
     
    Auf dem Schützenplatz am Tore
    Strich ich leis mein Spielwerk an;
    Wie sie gleich die Köpfe wandten,
    Da ich eben nur begann!
     
    Und es tönt und schwillt und rauschet,
    Wie im Sturz der Waldesbach;
    Meine Seele singt die Weise,
    Meine Geige klingt sie nach.
     
    Trotzig hadern noch die Burschen;
    Bald doch wird es still im Kreis;
    Erst ein Raunen, dann ein Schweigen,
    Selbst die Bäume säuseln leis.
     
    Zauber hat sie all befangen;
    Und ich weiß, wie das geschah!
    Dort im Kranz der blonden Frauen
    Stehst du selbst, Frau Musika!
3.
    Glaubt ich doch, sie wär es selber
    –Was nur das Gedanken sind! –,
    Die Frau Musika vom Himmel;
    Und nun ist’ s ein Erdenkind!
     
    Gestern, da sie stand am Brunnen,
    Zog ich flink den Hut zum Gruß;
    Und sie nickt’ und sprach in Züchten:
    »Grüß dich Gott, Herr Musikus!«
     
    Zwar ich wußt, Marannle heißt sie,
    Und sie wohnt am Tore nah;
    Doch ich hätt’s nicht können lassen,
    Sprach: »Grüß Gott, Frau Musika!«
     
    Was sie da für Augen machte!
    Und was da mit mir geschah!
    Stets nun klingt’s mir vor den Ohren:
    Musikus und Musika!
4.
    In den Garten eingestiegen
    Wär ich nun mit gutem Glück –
    Wie die Fledermäuse fliegen!
    Langsam weicht die Nacht zurück.
     
    Doch indes am Feldessaume
    Drüben kaum Aurora glimmt,
    Hab ich unterm Lindenbaume
    Hier die Fiedel schon gestimmt.
     
    Sieh, dein Kammerfenster blinket
    In dem ersten

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