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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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nahen Welt ihres Vaterhauses, in der sie immer weniger sich zurechtzufinden wußte.
    Da sie nach einer solchen Ausflucht eines Nachmittags durch den Garten ging, sah sie in einer der Lauben den Unterlehrer vor einem leeren Bierglas sitzen. Bei ihrer Annäherung stand er schüchtern auf. »O bitte, Fräulein«, sagte er, »ich habe Ihrer lange hier gewartet.« Da sie aber frug, was er denn von ihr begehre, stammelte er etwas und bat sie endlich, ihm ein Seidel Bier zu bringen.
    Kätti ging mit dem Glase in das Haus; als sie in die leere Gaststube trat, sah sie ihren Vater vor einem Papiere sitzen, auf dem er lebhaft mit einem Bleistift hin und wieder arbeitete. »Unausläßlich!« murmelte er. »Unausläßlich! Das reine Wald- und Wiesenwasser! Daß einem das nicht schon im vorigen Sommer eingefallen ist!«
    »Was denn, Vater?« frug Kätti.
    Aber er beachtete sie gar nicht; sein schon recht grau gewordenes Haar mit allen Fingern in die Höhe ziehend, fuhr er fort zu murmeln und zu stricheln.
    Kätti zapfte das Bier ein und ging mit ihrem vollen Seidel fort. Als sie im Garten zu der Laube kam, stand dort der Unterlehrer und hatte gleichfalls einen beschriebenen Bogen in der Hand, den er eben auseinanderfaltete, in der offenbaren Absicht, seinen Inhalt vorzutragen. »Fräulein«, sagte er demütig, »Sie werden mich nicht verkennen!«
    »Gewiß nicht, Herr Petersen«, erwiderte Kätti, indem sie das Bier neben ihm auf den Tisch stellte; der Unterlehrer erschien ihr noch wunderlicher als ihr Vater.
    Herr Petersen räusperte sich und begann hierauf zu lesen; aber schon nach den ersten Versen – denn Verse waren es –, die von der Seligkeit des Himmels handelten, geriet er ins Stocken und wurde von irgendeiner ihn bestürmenden Erregung so kirschbraun im Gesicht, daß Kätti sich im Ernst um ihn zu ängstigen begann.
    »Lesen Sie doch weiter, Herr Petersen«, bat sie; »es klingt ganz hübsch; haben Sie das selbst gemacht?«
    Aber er wagte keinen weiteren Versuch; noch einmal, wie in gewaltsamer Ermutigung, sah er sie mit aufgerissenen Augen an; dann drückte er hastig das Papier in ihre Hand, und Bier und Mütze auf dem Tisch im Stiche lassend, stolperte er auf seinen Plattfüßen eiligst die Steige nach dem Fluß hinab.
    Kätti sah ihm ziemlich gleichgültig nach; als sie jedoch in dem anvertrauten Schriftwerk weiterlas, schlug eine flammende Röte ihr ins Angesicht; auf dem großen Papierbogen in schulgemäßer Schrift und zwischen ausgelöschten Bleistiftlinien, stand hinter der Seligkeit des Himmels eine unverkennbar irdische Liebeserklärung, der ein gut bürgerlicher Heiratsantrag folgte.
    Ihre Hand ließ das Papier zur Erde fallen, und fast zuckte eins der flinken Füßchen danach hin; aber es kam nicht weiter: Kätti schüttelte sich nur ein wenig; dann hob sie das verachtete Schriftstück auf und trug es sorgsam in die Küche, wo eben ein einsames Feuer unter dem großen Kessel lohte.
    Noch einen Augenblick, und die Flammen hatten die ungelegene Liebeserklärung ergriffen; und Kätti schaute sorgsam zu, bis auch das letzte Wort davon vernichtet war.
    – – Am Abend dieses Tages hatte ein Bruchteil von einer versprengten Sängerbande sich ins Dorf verschlagen, und Herr Zippel versäumte nicht, mit derselben für den folgenden Tag eine jener Festivitäten zu veranstalten, die so wenig den Beifall seines Seelenhirten fanden. Die Gesellschaft bestand zunächst aus einem Geschwisterpaar, einem Geiger und einer Harfenspielerin; letztere wenig hübsch und mürrisch um sich schauend, aber, gleich dem ansehnlicheren Bruder, von geschmeidigem Wuchse. Neben ihnen war noch eine Gitarrespielerin, ein blondes bewegliches Ding, mit zwei blauen verliebten Augen; sie lief sogleich durch Hof und Haus und machte sich überall zu schaffen. Als draußen der Mond am Himmel stand, schob sie ihren Arm in Kättis Arm und zog diese mit sich in den Garten. »Komm«, sagte sie, »ich muß meinen Mund einmal wieder laufen lassen; da drinnen die Gundel und ihr Bruder könnten einen schier zu Tode schweigen!«
    »Was schauen Sie mich denn so an?« fuhr sie fort, als Kätti ihre dunkeln Augen auf dem hübschen lachenden Antlitz ruhen ließ. »Meine Schwester hätten Sie sehen sollen; ach, war die schön! Nur gut, daß ich nicht mehr neben der zu singen brauche; sie hat einen reichen Mann geheiratet; oh, es heiraten viele von uns sehr reiche Männer!«
    »So?« sagte Kätti. »Wo wohnt denn Ihre Schwester?«
    »In Wien, in einem sehr

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