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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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den Wäldern fegte!
    Er fuhr mit beiden Händen vor sich hin, als wolle er ein Schreckbild von sich stoßen; aber er sah es doch, er hörte den Schrei seines Weibes, er sah die Nachbaren – – nein, sie hatten ja keine Nachbaren! Niemand konnte kommen! Plötzlich, als müsse er nun selber ihr zu Hülfe eilen, wandte er sich zur Heimkehr ; rasch und rascher, daß es bald einem Laufen gleich war, eilte er zurück. Aber die Gedanken liefen immer mit: jener Hufschmied, war er auch so feig gewesen? Hatte auch er von selbstsüchtiger Mutterliebe sich den Mund verschließen lassen, eh er das junge Weib in seine Kammer brachte?
    Ein Donner rollte über den Wald hin und verhallte dröhnend. Die Glut des Tages hatte sich gelöst: zu beiden Seiten rauschte es durch die Tannen, und kühlend fielen die ersten großen Tropfen auf die heiße Erde. Auch Rudolf atmete auf in dem belebenden Dufte, der sich jetzt erhob, auch ihm floß es wie erquickliche Kühle durch die Adern: was war es denn gewesen, das ihn so erschreckt hatte? Hier ging er ja gesund und kräftig wie nur jemals! Und daheim? Verlockend, wie noch nie, stand seines Weibes schlanke jugendliche Gestalt vor seinen Sinnen. Immer rascher schritt er durch den gewaltig niederrauschenden Regen, bis er das Gebell seiner beiden braunen Hunde hörte, die mit ausgelassenen Sprüngen ihm entgegentobten, und bis er endlich dann mit leuchtendem Angesicht vor seinem blonden Weibe stand.
    Freilich, von Kuß und Umarmung des triefenden Geliebten wollte sie für jetzt nichts wissen; lachend, mit vorgestreckten Händen, drängte sie ihn in die Kammer: »Hier, Rudolf, ist der Schlüssel zu deinem Kleiderschrank. Wenn du hübsch trocken bist, darfst du zu mir kommen und dir deine Schelte holen!«
    Und ihre Augen lachten wie die lieblichste Verheißung.
    Aber der glückliche Schluß dieses Tages hatte seinen übrigen Inhalt nicht beseitigen können. Es war in Rudolf etwas wachgerufen, das während seiner kurzen Ehezeit bisher geschlafen hatte; ein Zufall hatte die Decke jetzt gelüpft, und er sah es in der Tiefe liegen und allmählich höher steigen, bis es endlich unverrückt mit den feindlichen Augen zu ihm emporstarrte. Immer öfter zog es seinen Blick dahin, so daß er dauernd auf nichts anderes mehr sehen konnte und zu Arbeiten, die er vormals bequem bewältigt hatte, nicht selten die Nacht zu Hülfe nehmen mußte.
    Eine Geschäftsreise nach der Residenz im Auftrage des Grafen brachte Abwechselung und eine Einkehr bei der Mutter. Sie hatte bei seinem Empfange ihn lange stumm betrachtet und ihn dann in das zweite Zimmer geführt, das Rudolf früher wohl scherzend ihren Ahnensaal zu nennen pflegte. »Du siehst übel aus, mein Sohn!« war das erste Wort, das sie ihm sagte, als sie sich gegenübersaßen.
    Er suchte ihr das auszureden und wollte es auf die Nachtfahrt schieben, aber sie unterbrach ihn: »Seit deines Vaters Augen so früh sich geschlossen, waren die meinen nur auf dich gerichtet; du vermagst mich nicht zu täuschen.« Und als er schwieg, ergriff sie seine beiden Hände: »Du bist unglücklich, mein Sohn; nur deiner Mutter kannst du das nicht verbergen!«
    Er sah wie gedankenlos eine Weile zu ihr hinüber. »Ja, Mutter«, sagte er dann ; »ich glaube fast, daß ich es bin.«
    »Weshalb, Rudolf, weshalb bist du es?«
    Auf dem Tische lag eine Zeitung; Rudolf hob sie auf, es war dieselbe, die der Oberförster und er zusammen hielten. »Hast du das gelesen neulich?« sagte er zögernd; »das – mit dem Hufschmied?«
    »Ja, Rudolf, ich hab es gelesen. Was soll das? Der Unglückliche!«
    »Die Unglückliche!« erwiderte er, stark das erste Wort betonend. »Und hast du auch gelesen, nach dreizehn Jahren ist es ausgebrochen?«
    »Was soll das? Was willst du, Rudolf?« frug sie wieder.
    Er war aufgestanden. »Mutter«, sagte er leise; »bin ich nicht auch von einem solchen Hund gebissen worden? Und sie, die Unglückliche, ist ewig, was wir hier ewig nennen, an mir festgeschmiedet! Wir waren übel beraten, Mutter, als wir die schöne Unschuld für meinen Dienst betrogen.«
    Sie blickte ihn fast zornig an: »Das ist es, Rudolf? Ich verstand dich nicht.«
    »Ja, Mutter; was konnte es anders sein?«
    Ein schmerzliches Aufleuchten ging durch die dunkeln Augen der Frau, und einige Sekunden lang bedeckte sie sie mit ihrer weißen Hand. »Wenn ich für dich gesündigt habe«, sagte sie bitter, »so habe ich mit Recht den Dank dafür verloren; laß mich’s denn auch allein

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