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Wernievergibt

Wernievergibt

Titel: Wernievergibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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zeigte, war kein offizielles, wie ich sie im Internet eingehend studiert hatte. Nein – Thomas hatte die Diva neben einer der Elvis-Plastikpuppen abgelichtet, die dekorativ im Restaurant herumstanden. Elvis und seine Gitarre. Und die Cleveland. Ihr Lächeln signalisierte: Hier gefällt’s mir.
    »Sie ist unheimlich nett.« Thomas zauberte weitere Fotos auf den Bildschirm. Clara Cleveland mit einem Bierglas, mit einem ulkigen Hut auf dem Kopf, der wie eine Perücke aus weißer Wolle aussah, und schließlich Clara Cleveland Arm in Arm mit ihm selbst. Soviel zu dieser Bekanntschaft.
    »Ich habe sie in der Nacht nach ihrem Auftritt hier getroffen. Sie war ziemlich k. o., tauchte ganz spät auf. Zuerst hätte ich sie fast nicht erkannt, aber die Plakate mit ihrem Konterfei hingen ja seit Wochen in Tbilissi. Deshalb fiel sie mir auf.« Thomas bestellte sich ein zweites Glas Wein. »Sie war richtig elegant. Enger Rock, Pumps, tolles Seidentuch.«
    Danke, dachte ich und betrachtete meine All Stars und die Jeans, die an den Säumen schon ausgefranst waren. Ich musste dringend shoppen gehen. Warum auch nicht, andere jetteten zum Einkaufen nach New York und London. Vielleicht wurde Tbilissi in den nächsten Jahren zum letzten Schrei der Modewelt, dann wäre ich eine der Ersten gewesen.
    »Denk nicht, dass mir die Klamotten einer Frau was bedeuten.« Er musterte mich ein bisschen zu aufmerksam. »Sie wollte irgendwo was trinken gehen. Sie war mit einem Kinderchor aufgetreten. Dabei muss es irgendeinen Ärger gegeben haben.«
    »Was denn für Ärger?«
    »Unter Künstlern halt. Die sind alle zart besaitet.« Er lachte. »Wir hingen hier ziemlich lange rum, bis nach Mitternacht, bis irgendwann so eine Tussi auftauchte. Die machte Clara eine Riesenszene. Auf Deutsch.«
    »Da ging es bestimmt auch um etwas Musikalisches«, versuchte ich meine Aufregung zu dämpfen.
    Thomas hob die Achseln. »Keine Ahnung, ich spreche kein Deutsch.«
    »Wie sah sie aus?«
    »Die Frau, die Stunk angefangen hat? Alt. Irgendwie uralt. So rotbraun gefärbte Haare. Künstlich von oben bis unten.« Wieder zückte er sein iPhone. »Hier. Hab sie abgelichtet, als sie und Clara schließlich gingen.«
    »Sie gingen gemeinsam?«, hakte ich nach, nachdem ich einen Blick auf Isoldes verkniffenes Lächeln geworfen hatte. Ob Thomas mit Clara in die Kiste gesprungen war, schien mir nicht ganz unwichtig. Ich war so frei und betrachtete den Rest der Nacht als Recherchearbeit.
    »Die Alte hat sich aufgeführt wie ein Anstandswauwau.«
    Wieder musterte ich meine Schuhe. Es stand zu hoffen, dass die Schweißtreter sich nicht als Erotikblocker erwiesen.
    »Arbeitest du in Tbilissi?«
    »Für ein kasachisches Gaskonsortium. Und du?«
    »Journalistin.« Ich pausierte zwei Sekunden. Nicht länger. »Hast du vielleicht mal eine Reporterin kennengelernt? Eine gewisse Mira Berglund, auch aus Deutschland?«
    »Ich bin fast jeden Abend hier. Da lernst du Leute kennen. Aber Mira? Sagt mir nichts. Nicht so einfach in Georgien, wenn du die Sprache nicht kannst. Wo willst du hingehen, am Abend, wenn dich deine leere Wohnung angähnt? Du stößt automatisch immer auf andere Ausländer. Ob du willst oder nicht. Die auch alle einsam sind und die Privatstunden mit ihren Georgischlehrern geschwänzt haben.« Er lachte breit.
    Anderthalb Stunden später hielt Thomas auf der Straße ein Taxi an. Wir fuhren zu ihm. Das Taxi kutschierte uns auf die andere Seite des Mtkwari. Auf dem Hügel gegenüber des Mtatsminda sah ich ein riesiges beleuchtetes Osterei aus Glas.
    »Der neue Präsidentenpalast«, erklärte Thomas.
    Bevor wir aus dem Taxi stiegen, schickte ich eine kurze SMS an Juliane. ›Don’t worry, important affairs!‹ Dann schaltete ich mein Handy aus.

17
    Als ich am nächsten Morgen um kurz nach zehn ins Hotel stürmte, saß Juliane in der Lobby und grinste mich an. »Na, bist du wieder normal?«
    »Ich muss kurz duschen.«
    »Frühstück ist schon vorbei. Sopo schlägt gleich auf.«
    »Ich hatte Kaffee, das reicht. Außerdem fängt in Georgien alles später an als verabredet.« Mir wurde auf einmal klar, wie viel Stress von mir abfiel, weil ich mich nicht akribisch an Uhrzeiten halten musste.
    »War er nett?«
    »Er war umwerfend.«
    »Georgier?«
    »Israeli.«
    »Du gehst ja ran.«
    »Er ist im Gasgeschäft.«
    »Das erklärt natürlich alles.«
    Ich streckte Juliane die Zunge raus und tanzte auf mein Zimmer. Kaum war ich, ganz im Hochgefühl der vergangenen Nacht, auf mein

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