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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Charles’ Schulter, als müßte sie sich festhalten, und Charles fühlte sich beinahe wie im siebten Himmel.
    »Betty«, sagte Alfred Kearny, der plötzlich in seiner ganzen Größe neben ihnen stand. »Meinst du nicht, du solltest jetzt ein bißchen Musik auflegen? Ich glaube, einige unserer Gäste würden gern tanzen.«
    Charles blickte aus zusammengekniffenen Augen auf Alfreds rotseidenen Schal, der sich etwa auf gleicher Höhe mit seinem Gesicht befand. »Hier nun haben wir etwas, dem man nicht alle Tage begegnet«, begann er, doch Alfred wandte sich abrupt ab, die Hand auf Bettys Arm, so daß auch sie Charles den Rücken kehren mußte.
    Charles hatte nicht geglaubt, daß sie tanzen würden. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie zwei Leute miteinander tanzen sehen, höchstens einmal in einer Zeitschrift, und er hatte keine blasse Ahnung, wie das vor sich ging. Ein elektrisches Grammophon wurde eingeschaltet, eine große schwarze Platte wurde draufgelegt, und dann tönte die Musik von Glen Grays Casa Loma Orchester durch das Wohnzimmer, aus dem man die Teppiche entfernt hatte, damit die Gäste tanzen konnten, wenn sie wollten.
    Charles saß in einem mächtigen Polstersessel, auf der einen Seite Paul Holton neben sich, auf der anderen Carl Bent, und sah zu, wie Betty und Alfred mit anmutigen Schritten auf dem gewachsten Eichenboden umhertänzelten. Die Portola-Zwillinge tanzten auch, die eine mit Waldo, sehr steif und förmlich, die andere mit einem älteren Mann von ungefähr zwanzig Jahren, der, nach der Größe seiner Ohren zu urteilen, Alfreds Bruder hätte sein können. Die Tänzer schienen sich königlich zu amüsieren, unterhielten sich angeregt, nur Waldo nicht, der schwerfällig und stumm durch das Zimmer tappte, während die eine Portola zu seinem Doppelkinn hinauflächelte, als empfinge sie von dort insgeheim irgendeine herzerfrischende Botschaft.
    Zur nächsten Platte tanzten nur Alfred und Betty und Fern Portola und Alfreds Bruder. Es war ein schnelles Stück mit viel Schlagzeug, bei dem die Tänzer fast dauernd im Kreis herumwirbelten. Charles meinte, so einen langsamen Tanz könnte er vielleicht schaffen, aber bei einem Tanz wie diesem, das wußte er, würde er seiner Partnerin ständig auf den Füßen herumtrampeln.
    Wenig später kam Mrs. Bailey ins Zimmer gerauscht, mit einem mißfälligen Lächeln, wie Charles es empfand, als er ihr ins Gesicht blickte. Vor den drei Jungen, die brav in einer Reihe saßen und wie Mauerblümchen wirkten, blieb sie stehen.
    »Hätte nicht einer von euch gutaussehenden jungen Männern Lust, mit mir zu tanzen?«
    Charles blickte an ihr empor, auf das glitzernde Kleid mit dem tiefen Ausschnitt, die dreireihige Perlenkette, die glatten, von Rouge geröteten Wangen, das in einer Hochfrisur aufgesteckte Haar, die Augen, die soviel Ähnlichkeit mit denen von Betty hatten, und er dachte, na gut, versuchen wir’s.
    »Ja, Mrs. Bailey, ich würde sehr gern mit Ihnen tanzen«, erwiderte er und stand auf, wobei er sich vergewisserte, daß seine Fliege noch am Kragen klemmte. »Aber ich kann’s nicht besonders gut.«
    »Ach, da ist doch gar nichts dabei, Darling«, versetzte Mrs. Bailey, nahm sogleich seine rechte Hand und zog seinen Arm um ihre Taille. »Ein junger Mann, der so mutig und galant ist wie du, lernt das bestimmt im Nu.«
    Anfangs bewegte sich Charles ganz steif und hielt mit der linken Hand Mrs. Baileys Arm gestreckt nach außen, während er zwischen ihren beiden Körpern zu seinen Füßen hinunterspähte. Als sie langsam davontanzten, der Mitte des Zimmers zu, blickte er auf und sah die großen Brüste vor sich und gewahrte, daß er, statt auf seine Füße zu schauen, ebensogut der Frau in den Ausschnitt hätte spähen können. Er blickte Mrs. Bailey lächelnd in die Augen und beschloß, nicht wieder nach unten zu blicken. Sie lenkte seine Schritte ganz wie eine Tanzlehrerin, führte ihn, zwang ihn, sich lockerer zu bewegen, fing ihn ab, wenn er aus dem Gleichgewicht kam, und nicht einmal gerieten dabei ihre Füße unter die seinen, so daß Charles am Ende der Platte den Eindruck haue, er hätte sich sehr gut gehalten.
    Als die Musik abbrach, löste sich Mrs. Bailey freundlich aus seinen Armen, ging mit ihm zurück zu seinem Platz, wo die beiden anderen Jungen ihnen mit düsteren Mienen entgegenblickten, und dankte ihm für den Tanz. Sie bemerkte, er wäre wirklich ein guter Tänzer und sollte unbedingt Betty oder eines der anderen Mädchen auffordern. Dann

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