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Werwelt 01 - Der Findling

Werwelt 01 - Der Findling

Titel: Werwelt 01 - Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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torkelte ein wenig, als sie vom Sofa wegtrat, und Charles faßte sie beim Ellbogen.
    »Schon gut, alter Junge«, sagte sie und legte ihm einen Arm auf die Schulter, um sich zu stützen. »Nur ein kurzer Abstecher zu den kaledonischen Inseln und der Nachschub an Scotch ist garantiert.«
    Sie zogen sich warm an, während Claire unverständliche Witze machte, über die Charles die ganze Zeit lachte. Als sie die Tür öffnete und ins Schneegestöber der tiefblauen Nacht hinausblickte, klopfte Charles noch einmal auf die Tasche seines kurzen dicken Mantels, wo er das beruhigende Gewicht des behauenen Steins spürte, zog sich seine Mütze über die Ohren und rannte als erster hinaus in den Schnee. Sie sprangen von der Veranda und versanken bis zu den Knien. Charles rann der feine Pulverschnee in beide Arme und in die Schuhe, während er die Windschutzscheibe und die Scheinwerfer des Autos abputzte. Er merkte, daß er vergessen hatte, seine Stiefel anzuziehen, ließ es aber dabei bewenden. Sie würden ja im warmen Auto sitzen.
    »Das Ding soll hundert Meilen in der Stunde laufen«, bemerkte Claire, als der Starter wimmerte, ächzte und dann mit scheußlichem Orgeln den Motor in Gang zu bringen suchte. »Vorausgesetzt, das Ding läuft überhaupt.« Noch in diesem Moment sprang der Motor an und heulte auf. »Ah, die Wundertaten der Freunde aus Indiana«, bemerkte sie, während sie das Steuerrad drehte und der Wagen rückwärts aus der Ausfahrt schlingerte und holpernd auf die halbgeräumte Landstraße sprang.
    Charles fühlte sich innerlich ganz warm vom Wein und von der Aufregung, mit dieser schönen Frau im Auto durch die Nacht zu fahren, auch wenn die Frau alt genug war, seine Mutter zu sein. Das schien überhaupt nicht von Bedeutung.
    Der Wagen schoß heulend im ersten Gang vorwärts, und sein Heck schlingerte auf der Landstraße hin und her, bis Claire merkte, daß die Straße von festgefahrenem Schnee zugedeckt und so glatt wie Glas war.
    »Nur ruhig, Schätzchen«, sagte sie, offenbar zu dem Auto. »Mama macht das schon, du kleines Ungeheuer. Reiß du dich auch ein bißchen zusammen.«
    Und sie rutschten weniger, rollten schließlich ruhig und gerade auf der Straße entlang, die nach Beecher führte. Im dunklen Inneren des Coupes, wo der Wind ihnen durch unsichtbare Ritzen winzige Nadeln in die Gesichter spie, wo vor ihnen die sanfte Beleuchtung der Armaturen glühte, während die Nadel des Tachometers leicht hin und her schwankte und schließlich bei fünfzig stehen blieb, als sie in die Kurve an der Stadtgrenze hineinschossen, fühlte sich Charles beschwingt und aufgedreht von diesem mächtig aufregenden Nervenkitzel wie selten. In der Kurve begann der Wagen zu rutschen, doch Claire fing ihn geschickt ab, wobei es allerdings ein Glück war, daß die Straße leer war, denn sie brauchte die ganze Landstraße für das Manöver.
    Am ersten Gasthaus an der Eisenbahnbrücke fuhren sie vorüber, weil dort keine Lichter brannten, aber dann war auch der große Beecher-Saloon neben der DX-Imbißstube geschlossen, und eine schlimme Ahnung erfaßte sie, daß vielleicht alle Spirituosengeschäfte und Kneipen geschlossen waren. Charles sprach es aus, und Claire hielt am Bordstein vor der Imbißstube an.
    Sie legte ihren Arm auf die Rückenlehne des Sitzes.
    »Charles, ich hab’ mal in diesem gottverlassenen Nest gelebt, wo die Alkoholhändler schließen und nur sonntags und – heute haben wir –« sie machte eine Pause –, »äh, Mittwoch.«
    »Aber es ist der erste Weihnachtsfeiertag«, versetzte Charles, der das Gefühl hatte, als wäre er an der Misere schuld.
    »Ach, das Fest des Friedens«, sagte sie. Sie schlug sich mit der Hand vor die Stirn und schob ihr kleines grünes Hütchen mit der frechen Feder nach rückwärts, so daß sie aussah, fand Charles, wie Lady Marian in Sherwood Forest.
    »Also schön, Scrooge«, sagte Claire, legte den Gang ein und brauste in einem weiten schlingernden Bogen zur Straßenmitte, über die alten Straßenbahnschienen hinweg, wendete und zog den Wagen vor der Kurve an der Brücke gerade. Aus irgendeinem Grund machten das Schleudern des Wagens und das Heulen des Motors Charles wieder fröhlicher und er lachte.
    »Im Grunde macht es Ihnen sowieso nichts aus, nicht wahr?«
    Er hielt sich am Armaturenbrett fest, als sie hinter der Brücke, wo man zum Glück für eben solche Fahrer gestreut hatte, um die Kurve schossen.
    »Mir macht’s nichts aus, alter Junge«, erwiderte Claire, während sie

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