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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Fichten und Zedern in lockeren Gruppierungen standen wie in einem Park.
    Immer höher führte die kleine gewundene Straße in gebirgiges Land hinauf, immer zahlreicher wurden die Schlaglöcher. Manchmal fuhren sie über soviel Querrinnen, daß das Auto zitterte und schwankte wie auf einem Schüttelrost und der Staub in erstickenden Wolken durch die Fenster kam.
    »Ich glaube, jetzt wird mir schlecht, Mami«, sagte Mina still.
    »Verdammt noch mal«, schimpfte Bill. »Setz dich auf den Rücksitz. Ich halt jetzt nicht mehr an.«
    »Leg dich da hinten hin, Kleines«, sagte Renee, nachdem sie das Kind über die Lehne gehoben hatte. »Nimm deinen Teddy in den Arm und wieg ihn in den Schlaf.«
    Gehorsam umschlang Mina ihren Bruno und legte sich auf dem großen Rücksitz nieder.
    Renee sah einen Hirsch, ein wunderschönes Jungtier ohne Geweih, das hundert Meter weit neben dem Wagen herlief, ehe es plötzlich abschwenkte und in den Bäumen verschwand. Auf dem Ausflug ins Gebirge in der vergangenen Woche hatten sie auch Hirsche und Rehe gesehen. Sie schloß die Augen, um sich diese glücklichen Stunden ins Gedächtnis zu rufen, ließ jede Einzelheit ganz langsam an sich vorüberziehen, und eine Zeitlang ließ es sie die Realität vergessen. Sie fuhr zusammen, als Mina ihr auf die Schulter klopfte.
    »Was ist denn, Kleines?« fragte sie über ihre rechte Schulter hinweg.
    »Bruno ist weg«, erwiderte Mina.
    »Was meinst du damit? Oh, er ist aus dem Fenster gefallen?«
    »Ja, er hat da oben gesessen, weil’s da kühler war, und dann sind wir über einen Buckel gefahren, und er ist rausgefallen.« Mina drückte ihre Wange an das Gesicht ihrer Mutter. »Können wir Papa nicht fragen, ob er hält?«
    »Ich glaube, das tun wir besser nicht«, flüsterte Renee. »Wir kaufen einen neuen Bruno, sobald es geht.«
    Mina schien damit zufrieden, was Renee verwunderte, denn das Kind liebte seinen Bären und schlief jede Nacht mit ihm ein.
    Doch die kleine Episode entfiel rasch ihren Gedanken, als sie versuchte, sich wieder in die Erinnerung an das Picknick mit Barry und Mina und den Rossis zu vertiefen.
    Die Luft wurde jetzt kühler, und in der Ferne zu ihrer Rechten konnte sie den zweispitzigen Gipfel eines Berges sehen. Ihre Ohren knackten, als sie gähnte, und das Brummen des Automotors schien plötzlich sehr laut. Die Straße schwenkte nach links, aus den Hügeln heraus, wurde flacher und ebener. Die Kurven waren nicht mehr so scharf, die Straße nicht mehr so holprig. Es gelang ihr nicht, in ihren Traum zurückzufinden, und sie spürte die Blicke, die Bill ihr immer wieder zuwarf. Sie wollte nicht an das denken, was vor ihr lag, sondern nur an schöne Stunden der Vergangenheit. Die Gegenwart konnte sie nicht ausblenden, über die Zukunft brauchte sie nicht zu grübeln, es sei denn, es ergab sich eine Chance zur Flucht. Sie versuchte, sich fest an diesen Entschluß zu klammern, doch sie war schwach und schmutzig, müde und hungrig, und ein Gefühl dunkler Vorahnung drängte sich ihr auf wie ein Vorgefühl von Schmerz.
    Das Land rundum wurde jetzt flach. In der Ferne standen vereinzelt einsame Windmühlen, und die Berge wichen immer weiter zurück. Die schwarze Limousine brauste durch ein kleines mexikanisches Dorf mit Lehmmauern und Wellblechdächern. Flüchtig sah Renee ein Schild, auf dem ein Wort wie ›Chili‹ oder ›Chilili‹ stand, und wußte nicht, ob das der Name des Ortes war oder ob es eine andere Bedeutung hatte. An der alten spitzgiebeligen Kirche bogen sie nach rechts ab, und dann hatten sie das Dorf schon wieder hinter sich. Etwas später passierten sie erneut eine Ortschaft, die aussah wie die erste. Diesmal konnte Renee den Namen auf dem Schild lesen – Tajique. Sie schossen an einer Gruppe von Mexikanern vorüber, die untätig vor einem weißen Gebäude herumstanden, über dessen dunkler Türnische die Worte ›Cantina Fidel‹ standen.
    Kurz nachdem sie eine dritte kleine Ortschaft passiert hatten, schwenkte Bill plötzlich nach rechts auf einen holprigen Trampelpfad, der mit einer Straße nicht die geringste Ähnlichkeit hatte. Bald zuckelten sie schaukelnd und schwankend über Steinbrocken und durch tiefe Querrinnen, so daß Renee sich am Armaturenbrett und an der Fensterkante festhalten mußte, um nicht vom Sitz zu fallen. Hinten schlief Mina ruhig weiter, ohne von dem Auf und Nieder etwas zu merken.
    Stundenlang, wie es schien, wand sich der Pfad in stetiger Steigung in die Wälder hinein, bis sie hoch an der

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