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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Lächeln zu Bo auf, daß er vergaß, an der Kasse zu zahlen, und zurüc k gerufen werden mußte.
    Auf der Fahrt mit der Straßenbahn nach Boston bericht e te Bo, was seit dem vergangenen Tag geschehen war, wä h rend Lilly aufmerksam zuhörte und ihm hin und wieder forschend in die Augen blickte. Er war ein wenig übe r rascht, daß sie sich über die Behauptungen der Detektive und über die Tatsache, daß er so bald nach Weihnachten würde abreisen müssen, nicht mehr aufregte. Sie schien eine unerschütterliche innere Festigkeit zu besitzen. Gewiß, sie gab all diesen Dingen ernste Aufmerksamkeit, doch ihre Haltung verriet auch, daß sie sie als weniger wichtig b e trachtete als der Rest der Leute.
    »Weißt du«, meinte Lilly, während sie ihn nachdenklich ansah, »es ist vielleicht alles nicht gar so ernst. Es kann ja sein, daß deine Frau dir einfach sagen will, daß sie sich verletzt und vernachlässigt fühlt.«
    »Man mobilisiert doch nicht Detektive und Gerichte, nur weil der Ehemann nicht jeden Abend mit Blumen nach Hause kommt«, versetzte Bo bedrückt.
    »Ja, diese Leute hätte sie wirklich nicht hineinziehen sollen«, erwiderte Lilly. »Aber wenn du sie anrufen wü r dest, dann würde sie dir bestimmt zuhören.«
    »Ja, der Gedanke ist mir auch schon gekommen, aber ich weiß gar nicht, ob ich jetzt überhaupt mit ihr reden will.«
    Es belastete Bo, das sagen zu müssen, doch es war die Wahrheit.
    »Dann ist das, was jetzt passiert, vielleicht etwas, das du in Wirklichkeit willst?«
    »Was? Eine Scheidung? Nie im Leben.«
    Bo saß auf der Bank und blickte auf den Charles River hinaus, als sie über die Brücke fuhren, und dachte, daß zu Hause der Fluß vielleicht schon gefroren war.
    »Geht es dir jetzt gut, Bo?« fragte Lilly leise.
    »Und wie.« Er lächelte zu ihr hinüber. »Es ist so, als w ä ren die Schmerzen nie gewesen. Manchmal denke ich mir, daß es ganz schön schwierig sein wird, die Leute davon zu überzeugen, daß ich wirklich krank war, wo ich doch jetzt wieder völlig gesund bin.«
    »Ich fürchte, damit wirst du fertig werden müssen«, e r widerte Lilly. »Sie werden alle behaupten, es wäre nur eine eingebildete Krankheit gewesen oder du hättest was g e habt, was nur wie Krebs ausgesehen hätte, in Wirklichkeit aber gar kein Krebs gewesen wäre. Du mußt ihre Art, das zu sehen, einfach annehmen.«
    »Ja vielleicht«, sagte Bo und schwieg, als die Straße n bahn ausgiebig bimmelte. »Aber weißt du, wenn du und – und sie –, also wenn ihr so eine Krankheit heilen könnt, dann könntet ihr doch überall Kliniken aufmachen und Tausende von Menschenleben retten.« Er hatte das, was er da sagte, nicht durchdacht, aber er fuhr dennoch fort zu sprechen. »Und stell dir mal vor, wieviel Geld ihr dabei verdienen könntet. Mensch, ihr könntet ein Riesenverm ö gen machen, ganz abgesehen davon, daß ihr all diese Me n schen retten könntet.«
    Der Ausdruck auf ihrem Gesicht überraschte ihn. Zum ersten Mal, seit er sie kannte, schien sie beinahe traurig. Augenblicklich verspürte er Schuldbewußtsein darüber, daß er so gesprochen hatte, gleichzeitig jedoch war er auch verwundert. Warum sollte das nicht klappen?
    »Bo, man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren«, sagte sie langsam. »Und ich fürchte, oft und oft würde es nicht so gut ausgehen wie in deinem Fall.«
    »Was soll das heißen«, entgegnete er. Er wollte ihr so gern diesen traurigen Blick vom Gesicht wischen und wu ß te nicht, wie er es anstellen sollte. »Schau doch nur, was du für mich getan hast. Ich war kurz vor dem Tod, wirklich, und du hast mir das Leben gerettet. Ich weiß doch, wie krank ich war. Und schau mich jetzt an! Ich hab so viel abgenommen, daß ich wie ein ganz anderer Mensch auss e he, und ich fühle mich auch anders, ich esse anders als fr ü her, nicht mehr diesen ganzen Mist, und ich fühle mich – ich fühle mich wie …« Er hielt inne und überlegte, was er eigentlich ausdrücken wollte. Er fühlte sich in der Tat a n ders. Er fühlte sich wie ein neuer Mensch, ein wirklich l e bendiger Mensch. Und vorher, wie hatte er sich vorher g e fühlt?
    »Weißt du«, fuhr er mit neuer Lebhaftigkeit fort, »vo r her, weißt du, als ich so krank war, da bin ich mir wie ein alter Mann vorgekommen.« Er lachte, legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie. »Und dabei bin ich übe r haupt kein alter Mann. Ich bin erst fünfundvierzig, im nächsten Monat werde ich sechsundvierzig, aber das ist

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