Werwolf-Hölle
eine Grippewelle angekündigt worden. Ich kann mir das Kranksein nicht erlauben, sage ich mal.«
»Wirf mal eines rüber«, sagte Suko.
Er bekam sein Bonbon. »Was ist mit dir, John?«
»Ich habe den Kaffee.«
»Wehe, wenn ich Klagen höre.«
»Alles klar, Mum.«
Sie streckte mir die Zunge heraus, und ich stellte die fast leere Tasse wieder weg. Danach machten wir uns auf den Weg zu Sir James, der uns zwar empfing, sich allerdings hütete, uns die Hand zur Begrüßung zu reichen. »Bitte, machen Sie es kurz. Ich glaube, es hat mich erwischt. Seit der letzten Nacht hat es mich erwischt. Ich habe das Gefühl, daß der Kopf um das Doppelte gewachsen ist. Husten, Schnupfen, aber noch kein Fieber.«
»Sie hätten sich an Glenda wenden sollen, Sir«, sagte Suko.
»Ach, warum das?«
»Sie verteilt gern Hustenbonbons.«
»Das ist jetzt auch zu spät.« Er atmete tief durch, nahm die Brille ab und rieb über seine Augen, die mir leicht geschwollen vorkamen. »So, im Prinzip weiß ich ja Bescheid durch den morgendlichen Anruf, Suko. Hat sich etwas Neues ergeben?«
»Nein.«
»Das ist gut so«, sagte Sir James. »Dann können wir uns um die Firma kümmern, die mal einem gewissen Victor Freeman gehört hat.«
Ich stellte eine Zwischenfrage. »Gibt es die noch?«
Sir James nickte. »Ja, ich habe Erkundigungen eingezogen. Die Firma existiert. Ich weiß zwar nicht, wer sie jetzt leitet, aber das Telefon ist noch besetzt. Es hat sich eine gewisse Denise Brown gemeldet. Sie ist keine Chefin, sondern hat für Victor Freeman als Sekretärin gearbeitet und wickelt wohl zusammen mit einem Treuhänder die letzten Dinge ab. Ende der Woche soll der Laden dann endgültig geschlossen werden. Er steht dann zum Verkauf.«
»Wo müssen wir hin?« fragte ich.
»Seine Büros liegen im Zeitungsviertel an der Waterfront. Tudor Street Nummer zehn.«
Damit konnten wir etwas anfangen. Trotz seiner beginnenden Krankheit wollte Sir James uns noch nicht entlassen. Ich kam nicht daran vorbei, ihm die gesamte Geschichte zu erzählen. Während des Berichts vergaß er seine Erkältung und hüstelte nicht einmal. Daß wir einen Kommentar von ihm erwarteten, lag auf der Hand, und er scheute sich auch nicht. »Ich glaube, daß Sie beide tatsächlich die einzige Spur gefunden haben, die Sie weiter bringt.«
»Der Meinung sind wir auch, Sir.«
»Morgana wird ein Quartier gekauft haben.«
Ich nickte. »Dann hoffe ich nur, daß wir über diese Denise Brown an die Unterlagen herankommen und der Anwalt oder Treuhänder nicht schon alles eingepackt hat.«
Sir James zog die Nase hoch und schlug mit beiden Händen auf seinen Schreibtisch. »Okay, dann kann ich Ihnen nur viel Glück wünschen. Halten Sie mich auf dem laufenden.«
Wir standen auf. »Geht klar.« Ich grinste Sir James an. »Pflegen Sie die Erkältung. Am besten im Bett. Gut sind auch Spaziergänge an der frischen Luft...«
Der Superintendent zog ein säuerliches Gesicht. »Haben Sie vorhin nicht etwas von Hustenbonbons gesagt, John?«
»Ja, aber trauen Sie einer Frau?«
»Jetzt aber weg!«
Wir lachten, als wir das Büro verließen. Auf dem Flur kam uns Glenda entgegen. Unter den Arm hatte sie eine Unterschriftenmappe geklemmt. »Alles klar?«
»Mehr als das.«
Skeptisch schaute sie mich an. »Was steckt denn nun wirklich dahinter?«
»Sir James hat es erwischt«, sagte Suko. »Und er ist ganz scharf auf deine Hustenpillen.«
Glenda Perkins wußte nicht, ob wir sie auf den Arm nehmen wollten oder nicht. Bevor sie sich eine Antwort zurechtlegen konnte, hatten wir bereits den Lift erreicht und stiegen ein. Das letzte, was wir von ihr hörten, war das Wort »Unverschämtheit«. Wenig später fuhren wir nach unten, und das Lächeln verschwand aus unseren Gesichtern, als hätte jeder von uns eine Vorahnung gehabt.
Ich hatte Morgana’s Anruf und die damit verbundene Warnung nicht vergessen und fragte mich, ob sie nicht schon längst wußte, daß wir die Spur aufgenommen hatten. Zuzutrauen war es ihr...
***
Um in der Tudor Street überhaupt parken zu können, hatten wir uns an einen uniformierten Kollegen gewandt, der auf den Rover achtgeben sollte, obwohl er schräg und mit der vorderen Hälfte auf dem Gehsteig stand. Sollte er andere Fahrer behindern, wollte ihn der Kollege zur Seite fahren, denn freie Plätze gab es nicht.
Das Büro lag in einem alten Haus, das zur Straße paßte, denn es war im Tudor Stil errichtet worden. Das Eingangsportal wurde links und rechts von Säulen
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