Werwolf-Hölle
gehalten. Im Innern sah es weniger historisch aus. Da roch es nach Zukunft und High Tech, zumindest was die Anmeldung anbetraf. Sie war kreisförmig angelegt und bildete einen Mittelpunkt auf einem Fußboden aus hellem Marmor. Im Kreis arbeiteten zwei Mitarbeiter, die sich auf Monitor und Computer verlassen konnten. Im Hintergrund sahen wir eine Besucherecke, eine Sitzgruppe aus vier Sesseln, die allesamt mit knallrotem Leder bezogen waren.
Ich wandte mich an die weibliche Mitarbeiterin. Eine Blondine, die als Kontrast zu ihren Haaren eine Brille mit schwarzem Gestell trug. Sie war so glatt, so freundlich, konnte wunderbar lächeln und war für den Job wie geschaffen. »Sie wünschen?«
»Die Firma Freeman...«
Sie ließ mich nicht ausreden und hob beide Hände. »Sorry, da haben Sie Pech. Wie mir bekannt ist, steht die Firma in der Auflösung, um dann verkauft zu werden. Mr. Freeman ist auf tragische Art und Weise ums Leben gekommen...«
»Das wissen wir«, sagte ich. »Zu ihm möchten wir auch nicht. Es gibt noch eine Denise Brown.«
Die Blonde behielt ihre Freundlichkeit bei. »Mrs. Brown wird wohl kaum in der Lage sein, die Geschäfte ihres Chefs weiterzuführen. Ich denke, daß Sie da schon Abstriche machen müssen. Soviel mir bekannt ist, empfängt sie keine Besucher. Mit Kunden hat sie nichts mehr zu tun.«
»Wir wollen auch nichts kaufen«, sagte Suko, »sondern nur mit ihr reden.« Er hielt in einer Hand seinen Ausweis.
Blondie warf nur einen knappen Blick darauf. Dabei atmete sie tief ein. »Ist schon gut. Ich weiß Bescheid.«
»Kennen Sie diese Dokumente?«
»Ich sehe Polizeiausweise nicht zum erstenmal«, erklärte sie uns. »Sie müssen hoch in die dritte Etage. »Soll ich Sie anmelden?«
»Nein, das ist nicht nötig«, sagte ich. »Auch bitte nicht hinter unserem Rücken.«
»Was denken Sie!« empörte sie sich.
»Manchmal das richtige.« Ich grinste sie an, bevor ich mich abwandte und zu einem der beiden Aufzüge ging.
Suko holte mich ein, und wir betraten gemeinsam die Kabine, in der wir von Musik beschallt wurden. Weich fuhr uns der Lift in die Höhe und stoppte in der dritten Etage. Ein breiter Flur mit Stuckdecke über unseren Köpfen bot viel Platz. Es war eine warme Atmosphäre. Hier hatte man nichts umgebaut und modernisiert. Die Türen der Büros bestanden aus poliertem Holz, das Licht war gedämpft. Hinweisschilder wiesen auf die verschiedenen Firmen hin, die hier ihren Sitz hatten.
Auch die Firma Freeman war vertreten. Da wies der schlichte Pfeil nach links. Es war kaum etwas zu hören. Arbeiten hinter verschlossenen Türen. Keine Stimme, kein Klingeln der Telefone.
Normalerweise klopft man an, wenn man ein fremdes Büro betritt. Hier war das zwar möglich, aber der Besucher wurde durch das Vorhandensein einer Klingel direkt auf die andere Möglichkeit hingewiesen. So etwas hatte ich bisher nur in Hotels erlebt.
Suko klingelte. Eine Stimme fragte nicht nach unseren Wünschen, die Tür konnten wir öffnen, als das leise Summen erklang. Im Allerheiligsten standen wir zwar nicht, dafür aber in einem geräumigen Vorzimmer, das durch den beigen Teppichboden und auch durch seine Einrichtung mehr wie ein Wohnzimmer wirkte. Topfblumen, ein breites Fenster mit schallschluckender Scheibe, eine bequeme Sitzgruppe und natürlich auch ein Schreibtisch, an dem Denise Brown saß und uns aus großen Augen entgegenschaute.
Der Schreibtisch sah aufgeräumt aus, als wäre die Frau dabei, Feierabend zu machen. Irgendwie stimmte das ja auch. Der Chef war tot, die Firma wurde aufgelöst.
Denise Brown war um die 40. Sie trug ein graues Kostüm und eine weiße Bluse. Das Haar war zu dunkel, um echt zu sein. Sie hatte es kurz geschnitten und eine kleine Strähne in ihre glatte Stirn hineinragen lassen. Das Gesicht war dezent geschminkt. Als sie etwas verhalten lächelte, erschienen kleine Faltenkränze um ihre Augenwinkel.
»Pardon, aber ich dachte, es wäre der Hausmeister, den ich bestellt habe, damit er einige Akten und Möbel abholt. Mit Fremden habe ich nicht gerechnet. Auch nicht mit Kunden...«
»Die sind wir nicht, Mrs. Brown.«
»Nein?« Sie sah Suko und mich überrascht an. »Weshalb sind Sie dann hier?«
»Es geht um Ihren Chef.«
»Der ist leider verstorben und deshalb...« Sie schwieg, weil wir ihr unsere Ausweise gezeigt hatten. Ein wenig blaß um die Nase wurde sie schon. Die Hände bewegten sich unruhig über den Schreibtisch, als sie sich erhob. »Scotland Yard – äh...
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