Werwolf-Spuk
schon einige schlimme Fälle überstanden, wobei alles mit der Rattenkönigin begonnen hatte, zu der ihre Schwester mutiert war.
Suko hielt sich an meine Anweisungen. Das Meer sahen wir nicht mehr, und die Innenstadt sahen wir nur aus der Ferne. Die Fahrt ging in einen Außenbezirk von Dundee, wo Maxine Wells in einer Gegend lebte, die viel Wohnqualität bot. Hier standen die Häuser noch auf recht großen Grundstücken, was Maxine sehr entgegen kam, denn sie brauchte Platz für ihr Wohnhaus mit dem stallartigen Anbau.
Alles sah so aus wie bei meinem letzten Besuch. Abgesehen davon, dass wir jetzt tiefen Herbst hatten, und es auch nicht mehr lange bis Weihnachten dauerte. Man sah es auch, denn um nicht wenige Bäume und Büsche in den Vorgärten spannten sich Lichtgirlanden, die erst bei Anbruch der Dunkelheit ihren Schein verbreiten würden.
Amos Irving hockte neben mir. Er war in seinen Gedanken versunken. Den Blick hatte er zu Boden gerichtet. Die flach gegeneinander liegenden Hände hatte er zwischen seine Knie geklemmt. Manchmal seufzte er leise auf oder räusperte sich. Ansonsten hielt er sich mit Äußerungen zurück, doch die Schweißtropfen auf seiner Stirn waren nicht zu übersehen. Irving erlebte einen inneren Stress.
Manchmal schüttelte er sich, als würde ein Eisschauer über seinen Körper rinnen.
Vor dem Haus hielten wir an. Wir fuhren nicht in den Weg hinein, der zur Garage führte. Ich sah nur, dass die Tür dort offen stand, aber einen Wagen sah ich nicht.
Komisch. Hatte Maxine ihren Range Rover woanders abgestellt? Oder war sie nicht zu Hause?
An die letzte Möglichkeit wollte ich nicht denken. Das hätte nicht zu ihr gepasst, aber ein Misstrauen blieb und verstärkte sich sogar, als ich sah, dass Carlotta die Tür öffnete und nicht Maxine. Das Vogelmädchen strahlte uns an. Dass es Flügel besaß, war nicht zu sehen, denn sie trug ein weites Kleidungsstück.
»Hi, da seid ihr ja!«
Ihre Freude war nicht gespielt. Suko und ich wurden umarmt, während sie Amos Irving etwas befremdend anschaute.
Ich erkläre ihr, dass er ein wichtiger Zeuge war, der sicherlich Maxine etwas zu sagen hatte.
»Und sie ist nicht da!«
Wir befanden uns schon im Haus, als sie das sagte.
Ich schüttelte den Kopf. »Aber sie hat doch gewusst, dass wir kommen. Es war alles abgesprochen.«
»Das weiß ich, John. Doch du kennst sie. Sie hat schon immer ihren eigenen Kopf gehabt.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Sie ist zu den McCormicks gefahren. Es sind alte Leute, deren Hund krank geworden ist. Da sie schon fast eine halbe Stunde weg ist, kann es nicht mehr lange dauern, bis sie zurückkehrt. So lange müsst ihr eben mit mir vorlieb nehmen.«
»Gut, Carlotta, warten wir also.«
Wir gingen in das große Wohnzimmer. Carlotta bat uns, Platz zu nehmen und fragte dann, ob wir etwas zu trinken wollten.
Wir entschieden uns für Wasser. Ich begleitete Carlotta in die Küche, weil ich ein paar Sätze mit ihr allein reden wollte, ohne dass Amos etwas hörte.
Auf ihn kam sie zu sprechen. »Wer ist dieser Mann, John?«
»Warum fragst du?«
»Ich mag ihn nicht. Ich spüre, dass er nicht normal ist. In was...«
»Stimmt.«
»Und was?«
Ich hob die Schultern. »Im Prinzip ist er ein armer Mensch. In ihm steckt der Keim des Werwolfs. Das heißt, er ist gebissen worden, und das hier oben bei euch. Von Beruf ist er Lokführer. Es hat ihn in einer Pause mitten in der Nacht erwischt. Er leidet schwer, aber er hat genau das Richtige getan und sich an uns gewandt.«
Das Vogelmädchen verengte seine Augen. »Ist er denn schon so weit?«
»Fast.«
Sie nickte. »Der Mond wird immer voller und...«
»Dann wird er sich verwandeln«, sagte ich, »und zwar in der nächsten Nacht. Aber wir werden bei ihm sein, und ich hoffe, dass er uns auf die Spur der Bestie bringt, die ihn angefallen hat.«
»Werwölfe«, flüsterte Carlotta. »Also doch.« Sie berichtete mir noch mal, was in der Nacht geschehen war und dass sie und Maxine nicht sicher gewesen waren, ob es sich um normale Tiere oder um Werwölfe gehandelt hatte. Besonders überrascht hatte sie die fast nackte Frau mit den dunklen Haaren, die ich mir näher beschreiben ließ.
»Kennst du sie?«
Ich zuckte die Achseln. »Bei mir hat sich ein bestimmter Verdacht ausgebreitet.«
»Wer ist es denn?«
»Frag lieber, wer es sein könnte. Es gibt eine Frau, die sich zu den Wölfen hingezogen fühlt. Sie heißt Morgana Layton. Sehr lange habe ich nichts mehr von ihr gehört. In
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