Wes - Wächter der Nacht
hoffe doch, dass du wieder hier übernachtest. Dann könnten wir vielleicht … ich weiß nicht … vielleicht ein paar Körbe werfen? Oder so?“
Mit anderen Worten: Andy brauchte jemanden, mit dem er reden konnte.
Und das – ein Gespräch von Mann zu Mann – konnte Brittany ihm nicht bieten. Sie wandte sich an Wes. „Bitte, bleib über Nacht.“
„Tja, also, ich habe mit meiner Kreditkartenfirma telefoniert. Sie schicken mir eine neue Kreditkarte hierher nach L.A., aber vor morgen werde ich sie nicht in Händen halten. Deshalb hatte ich gehofft …“
„Großartig“, unterbrach ihn Brittany. „Du kannst übrigens bleiben, solange du magst. Spar dir das Geld fürs Hotel, wenn es dir nichts ausmacht, auf der Couch zu schlafen. Du kannst ja ein bisschen für Lebensmittel beisteuern.“ Sie wandte sich an Andy, musste einfach fragen: „Alles in Ordnung? Hast du mit Dani gesprochen?“
„Nein. Sie ist weg.“ Er reagierte beinahe zu gelassen, zu unbeteiligt. Sie wusste, was das bedeutete: Er war zutiefst verletzt. „Sie hat all ihre Sachen gepackt und ist abgereist.“ Er lachte gequält auf. „Offensichtlich hat sie wirklich mit Melero geschlafen. Und das, nachdem sie mich sechs Monate hingehalten und mich überredet hat, es langsam anzugehen.“
Was sollte Brittany dazu sagen?
Wes fluchte leise.
Andy ging in die Küche und wechselte das Thema. „Was gibt es zu essen?“
Er wollte nicht über Dani reden. Nicht jetzt. Vielleicht nie, jedenfalls nicht mit Brittany. Aber vielleicht ja mit Wes.
Sie hoffte es jedenfalls. „Das fragst du mich? Du bist dran mit Kochen.“ Sie folgte Andy und schob Wes vor sich her. „Keine Zigaretten“, ermahnte sie ihn streng. „Einen Tag hältst du es noch ohne aus.“
Andy legte seinen Rucksack auf dem Küchentisch ab und öffnete den Kühlschrank. „Okay, heute Abend essen wir … Nudeln.“
„Oh, was für eine Überraschung! Weißt du, ich habe Huhn da. Wir könnten den Grill anwerfen und …“
„Habt ihr Lust, essen zu gehen?“, unterbrach Wes sie. „In etwa einer Stunde? Ich bin nämlich zu dieser Party eingeladen, und dort erwartet uns ein Büfett. Hat nur einen Nachteil: Wir müssen uns in Schale werfen. Aber ich habe versprochen, heute Abend Ambers Sicherheitseinrichtungen unter die Lupe zu nehmen.“
„Amber?“, fragte Andy. Wenn er ein Hund gewesen wäre, hätte er jetzt die Ohren gespitzt.
„Amber Tierney. Möchtest du heute Abend zu einer Party bei ihr zu Hause mitkommen?“
Andy lachte, und tatsächlich klang ein wenig Freude darin. „Klar doch! Sie ist die heißeste Frau Amerikas, und du kennst sie?“
„Ambers Schwester, nein, Halbschwester, ist eine recht gute Freundin von mir.“
„Hast du keine Hausaufgaben zu erledigen?“, fragte Brittany.
Andy schaute sie an: „Und du?“
„Natürlich.“ Sie lächelte. „Na, dann schauen wir doch mal, wie viel wir davon in den nächsten fünfundvierzig Minuten schaffen.“
Andy schnappte sich seinen Rucksack und eilte zu seinem Zimmer. „Ist bei mir nicht viel“, rief er. „Du weißtdoch, das Team fährt morgen nach Phoenix.“
Brittany war ihm dicht auf den Fersen. „Trotzdem bin ich schneller fertig!“
„Das heißt dann wohl ja“, hörte sie Wes murmeln, als sie die Tür hinter sich schloss.
5. KAPITEL
F ür Wes stand es außer Frage: In der nächsten Ausgabe von Webster’s Dictionary würde ein Bild von Amber Tierneys Haus zu sehen sein – als Illustration für den Begriff „protzig“.
Wie viel Haus – im Grunde war es ein Schloss – brauchte eine allein lebende Zweiundzwanzigjährige eigentlich?
„Bist du sicher, dass es sie nicht stört, wenn du zwei Normalsterbliche zu ihrer Glamourparty mitbringst?“, fragte Brittany, während sie sich dem Eingangstor näherten. Es war ebenfalls protzig. Das Tor war aus Schmiedeeisen, die Angeln hingen in einer hohen Steinmauer, die von kunstvoll verschnörkelten Eisenspitzen gekrönt war. Das Ganze sah aus wie der Eingang zu einer mittelalterlichen Burg. Es fehlten nur die aufgespießten Köpfe der Feinde.
Allerdings waren die Steine in der Mauer so gesetzt, dass selbst ein Siebenjähriger problemlos hinüberklettern konnte. Und die Eisenspitzen sahen zwar gefährlich aus, würden aber nicht einmal Wes’ Großmutter daran hindern, über die Mauer zu gelangen.
„Ganz sicher“, beantwortete er Brittanys Frage, während sie darauf warteten, dass der Kontrolleur am Tor seinen Namen auf der Gästeliste fand. „Ich habe
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