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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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doch etwas anderes. »E rstens möchte ich nicht in irgendeinem Graben landen, und zweitens kann ich nicht riskieren, dass mich ein übereifriger Dorfpolizist anhält und meine Papiere sehen möchte.« Ich wusste nicht einmal, ob es in Kyle überhaupt eine Polizeistation gab, bei meinem Glück würde ich allerdings ganz sicher auf den einzigen Polizisten in einem Umkreis von hundert Kilometern treffen. Oder er auf mich. »W enn mich hier einer erwischt und Mom Bescheid sagt, bin ich geliefert.« Abgesehen davon, dass ich mir die Suche nach Dad, Trick und Cale abschminken konnte, würde Mom mir Hausarrest verpassen, bis ich fünfundsechzig war.
    »K lingt einleuchtend«, stimmte Pepper mir zu. »W as gibt es Neues?«
    »I ch habe ihn gesehen. Also nicht ihn, sondern sein Abbild.« In kurzen, ziemlich aufgeregten Sätzen berichtete ich ihr von Cales plötzlichem Auftauchen letzte Nacht.
    »U nd? Wie sieht er aus?«
    »N a ja. Ziemlich… anziehend.«
    Pepper seufzte so ergreifend, dass ich mir ein Lachen verkneifen musste. »E s ist wirklich unglaublich. Du bist noch keine vierundzwanzig Stunden in diesem Kaff, einem Kaff, in dem es vermutlich mehr alte Leute gibt als irgendwo sonst, und trotzdem hast du dir bereits zwei heiße Typen geangelt. Ich sollte wirklich zu dir kommen, statt mich hier weiter zu langweilen.«
    »D as geht nicht. Du musst mich schließlich mit Infos über die Klassenfahrt versorgen, damit ich Mom was erzählen kann.« Ich hoffte zwar, dass Dad mich rauspauken würde, aber das behielt ich für mich.
    »D afür schuldest du mir was.«
    Ich kannte sie gut genug, um etwas aus ihrer Stimme herauszuhören, was mir nicht gefiel. »D u bleibst, wo du bist und begibst dich nicht auf Abenteuerfahrt!«
    »D u meinst, ich soll nicht den Zug nach Inverness nehmen, der in zehn Minuten von der Waverly Station abfährt?«
    »P epper, untersteh dich!« Sie wäre glatt imstande, das zu tun.
    »W as ist mit dem Bus?«
    »P eps, bitte! Ich…« Was sollte ich ihr sagen? Dass ich Angst hatte, es könnte gefährlich werden, weil nicht nur Dad und Trick verschwunden waren, sondern auch noch irgendein Wesen der Nacht in meinem Keller saß? Dann würde sie sofort in den Zug steigen und zu mir fahren, um mir zu helfen. »I ch habe alles im Griff.«
    Eine Lüge, aber eine, die Pepper aus Schwierigkeiten heraushalten würde. Allein die Vorstellung, welchen Ärger sie bekäme, wenn sie sich aus dem Staub machte. Die halbe schottische Polizei würde nach ihr suchen.
    Das Brummen eines Motors ließ mich aufhorchen. Erstaunlich, wie schnell man sich an verlassene Straßen gewöhnte und wie störend man ein einzelnes Auto plötzlich finden konnte. Ich schob das Rad näher an den Straßenrand, damit der Wagen bequem vorbei konnte. »W ie läuft es bei dir, Peps?«
    Sie erzählte mir von endlosen Museumsführungen und einer noch längeren Stadtrundfahrt, bei der sie alle paar Meter aus dem Bus steigen und sich irgendetwas ansehen mussten, für das sich niemand so recht zu interessieren schien. Während ich ihr zuhörte und gelegentliche Fragen stellte, bemerkte ich, dass der Wagen mich noch nicht überholt hatte. Das Motorengeräusch war unverändert, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie er hinter mir die Straße entlangrollte. Der Abstand war so groß, dass ich ihn in der nächsten Kurve für eine Weile aus den Augen verlor, ehe er langsam um die Biegung kam. Ich war mittlerweile auf der Straße, die unmittelbar zum Cottage führte, und wenn der Fahrer nicht zu dem Gehöft an ihrem Ende wollte, gab es nur noch zwei Möglichkeiten, warum er hier war. Entweder hatte er sich verfahren oder er folgte mir.
    Die Straße machte eine weitere Biegung und für einen Moment konnte ich einen Blick durch die spiegelnde Windschutzscheibe erhaschen. Es war der Mann vom Marmeladenregal.
    Ich tastete nach dem Elektroschocker… und musste feststellen, dass er nicht mehr in meiner Hosentasche war. Nein, er lag auf dem Fensterbrett in meinem Zimmer, wo ich ihn gestern abgelegt hatte, als Cale bei mir war. Na klasse.
    »I ch muss Schluss machen, Peps. Derek kommt.« Es war die einfachste Ausrede, um Pepper nicht zu beunruhigen. Sie konnte aus der Ferne ohnehin nichts für mich tun und würde sich nur unnötig Sorgen machen.
    »D u Glückspilz«, seufzte sie und beendete das Gespräch.
    Wenn du wüsstest.
    Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was ich tun sollte. Mit dem Rad konnte ich meinen Verfolger nicht abhängen, und ich konnte mich auch

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