Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
Telefon habe. Wir kennen uns ja bereits.« Jan versuchte seine Überraschung mit übermäßiger Freundlichkeit zu überspielen. »Haben Sie vielleicht einen Moment Zeit? Ich würde gerne mit Ihnen über den Bruder Ihrer Lebensgefährtin reden, wir haben neue Erkenntnisse.«
»Was habe ich denn damit zu tun?« Behrendts Tonfall klang misstrauisch.
»Nun, es ist so …« Jan war gespannt, wie Behrendt auf die Neuigkeiten aus der Rechtsmedizin reagieren würde. »Wenn ich mich recht erinnere, war Ihre Lebensgefährtin bei unserem gestrigen Gespräch der Auffassung, ihr Bruder habe sich freiwillig vor den Zug geworfen.«
»Ja klar, der Brief war doch eindeutig«, antwortete Behrendt. »Außerdem stand er ja schon länger auf der Kippe.«
»Mittlerweile können wir Selbstmord ausschließen«, sagte Jan trocken. Er berichtete in wenigen Sätzen, was er von Katharina von Allwörden erfahren hatte.
»Das klingt absurd, wenn Sie mich fragen«, sagte Behrendt spöttisch.
»Würden Sie bitte erläutern, was Sie zu dieser Einschätzung veranlasst«, bat Jan. Seine Stimme klang jetzt deutlich schärfer.
»Bernhard hatte keine Feinde, zumindest keine, von denen ich wüsste«, antwortete Behrendt kurz angebunden.
Es waren erst ein paar Minuten vergangen, seit Jan diesen Satz so ähnlich schon einmal von Dagmar Winkelmann gehört hatte. Die Tatsache, dass Bernhard Winkelmann angeblich keine Feinde besessen hatte, wurde ihm für seinen Geschmack ein wenig zu oft betont. Zumal er selbst ihn als wenig sympathischen Zeitgenossen kennengelernt hatte.
»Weshalb sind Sie sich so sicher, dass Bernhard Winkelmann lebensmüde war?«, fragte Jan weiter.
»Bernhard war ein Schisser, wenn ich das mal so deutlich sagen darf. Er hat die Brauerei verwaltet, mehr nicht. Er war kein Querdenker, kein Manager, der auch mal etwas wagte. Martina ist da ein ganz anderer Charakter.«
»Verstehe«, sagte Jan. »Was genau meinten Sie damit, als Sie sagten, Bernhard Winkelmann hätte auf der Kippe gestanden?«
»Er war den Anforderungen eines Geschäftsführers nicht gewachsen. Seitdem ihn der Alte auf den Posten gesetzt hat, hat er deutlich abgebaut.«
»Inwiefern?«
»Es gab Managementfehlentscheidungen, das ist das eine. Das andere ist die private Seite. Er hat sich immer mehr zurückgezogen und war kaum noch ansprechbar für seine nächsten Verwandten.«
»Das bleibt bei so einem Job vielleicht nicht aus«, sagte Jan. »Was machen Sie eigentlich beruflich?«
»Ich bin Jurist«, antwortete Behrendt ausweichend. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss los.«
»Natürlich, kein Problem«, erwiderte Jan nachdenklich und legte auf. Möglicherweise hatte Behrendt ihm gerade unfreiwillig ein Motiv geliefert. Der Neid auf Bernhard Winkelmann schien gewaltig an dessen Schwester und ihrem Lebensgefährten genagt zu haben.
Vera Jesse klopfte an die angelehnte Tür und unterbrach seine Überlegungen.
»Können wir kurz reden? Stefan hat mich gerade zur Seite genommen.«
»Weshalb?«, fragte Jan abwesend.
»Er ist nicht sonderlich begeistert über die Tatsache, dass wir noch immer keinen Fahndungserfolg vermelden können.«
»Was schlägt er vor?«
»Volle Konzentration auf Hövelmeyer und die vergifteten Bierfässer«, antwortete Vera. »Die Angelegenheit wird in der Presse und von der Öffentlichkeit hochgekocht. Wir brauchen schnelle Ergebnisse. Winkelmanns Tod sollen wir erst mal mit gebremstem Schaum angehen.«
»Ich fürchte, dafür ist es zu spät«, sagte Jan mit ernster Stimme. »So wie es aussieht, haben wir es mit einer weiteren Mordermittlung zu tun.«
»Wie bitte?«
»Ich habe es eben von Katharina von Allwörden erfahren«, erklärte er. »Winkelmann weist an Fuß- und Handgelenken Spuren auf, die offenbar von einem Seil stammen. Sie geht davon aus, dass er vor seinem Tod gefesselt wurde.«
»Ach du Scheiße«, rutschte es Vera heraus.
»Allerdings«, pflichtete Jan ihr bei. »Winkelmann war in der Todesnacht ziemlich betrunken. Umso erstaunlicher ist es, dass wir seinen Wagen in der Nähe des Tatorts gefunden haben.«
Vera zog sich einen Stuhl heran und fuhr sich durch die stufig geschnittenen blonden Haare, die ihr Gesicht umrahmten. Dann nahm sie ihre schwarze Hornbrille ab und blickte Jan aus hellblauen Augen an.
Ein bisschen wie Cameron Diaz, dachte Jan unwillkürlich. Sexy, intelligent, zielstrebig, einfühlsam. Eine Frau zum Verlieben. Ganz anders als Katharina von Allwörden, wie er heute leider hatte
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