Westwind aus Kasachstan
Genickschuß eingeführt.«
»Tony!« Es war ein Aufschrei. Sliwka warf beide Arme vor. »Du bist verrückt! Ich werde mich absetzen und in die USA gehen.«
»Ein Mörder? Wir brauchen keinen Mörder aus Rußland. Wir haben selbst genug davon.«
»Ich habe niemanden umgebracht. Beide leben noch!«
»Weil du ein miserabler Schütze bist. Und ob Weberowsky überlebt, das scheint mir mehr in Gottes als in des Chirurgen Hand zu liegen.« Curlis hob seine Pistole. »Los. Knie nieder!«
»Das kannst du nicht tun!« Sliwkas Stimme verwandelte sich in ein Heulen. Wie die Hungerklage eines jungen Wolfes klang es. »Dazu bist du nicht fähig. Tu es nicht. Tu es nicht! Ich flehe dich an! Gib mir die Gelegenheit …«
»Knie dich hin!«
»Nein! Nein!« Sliwka riß die Brille von seinen Augen, warf sie weg und schlug beide Hände vor das Gesicht. »Ich gestehe ja alles, ich bereue alles, ich will … ich will …« Er begann zu weinen und zitterte am ganzen Körper. »Ich bin schwach geworden, ich gebe es zu. Aber ich bin ja auch nur ein Mensch. Tony, bitte –«
»Willst du in Raten sterben? Ein Anruf beim KGB. Weißt du, was sie dann mit dir in Semipalatinsk machen? Hier geht es schneller.«
»Ich will leben!« brüllte Sliwka. »Ich will weiterleben! Ich will ein guter Mensch werden.«
»Dazu ist es zu spät, und außerdem schaffst du es nie. Ich gebe dir eine Chance. Du nimmst die Pistole, gehst an den See und drückst selbst ab.« Curlis holte aus seiner Hosentasche ein Paar dünne Stoffhandschuhe und zog sie über. Sliwkas Bärenaugen weiteten sich.
»Handschuhe. Was hast du vor, Tony?«
»Du mußt mich für reichlich idiotisch halten, Boris Olegowitsch.« Curlis zeigte mit der Pistole auf das linke Hosenbein von Sliwka. »Man trägt heute keine Strumpfbänder mehr, mein Kleiner. Es sei denn, man klemmt eine kleine Waffe dahinter.« Er stürzte auf Sliwka zu, streifte ihm das Hosenbein hoch und holte die 6-mm-Pistole aus der Halterung. »Weißt du jetzt, warum ich Handschuhe trage? Keine Fingerabdrücke, das ist wichtig. Nur deine … man wird sich fragen, warum Sliwka Selbstmord begangen hat. Nimm!« Er hielt ihm die Waffe hin.
Sliwka rührte sich nicht. Sein Gesicht war ein einziges Zucken.
»Du kannst nicht verlangen …«, stammelte er. »Das kannst du nicht –«
»Entweder ich oder der KGB. Wie du willst. Du bist ein feiger Hund. Nimm die Pistole und geh zum Ufer.«
Sliwka schloß die Augen. Dann streckte er die Hand aus und nahm die kleine Pistole.
»Laß uns noch einmal über alles reden, Tony«, schluchzte er.
»Steck sie zwischen deine Zähne. Den Lauf schräg nach oben, das ist 100 Prozent sicher. Hältst du sie gerade, kommt das Geschoß im Nacken wieder raus.«
Sliwka nickte. Mit schleppendem Gang taumelte er zum See, kniete am Ufer nieder. Zwei Dosen China-Bier lagen noch im Wasser, links von ihm sah er eine dünne Blutspur im Gras. Frantzenows oder Weberowskys Blut?
Er weinte wieder, entsicherte die Waffe, hob sie hoch an seinen Mund … und dann wirbelte er herum, ließ sich gleichzeitig fallen und zielte auf Curlis.
Aber Curlis war schneller. Ehe Sliwka abdrücken konnte, den Bruchteil einer Sekunde zu spät, spürte er einen Schlag gegen seine Stirn. Nicht einmal wundern konnte er sich. Er war sofort tot. Der Einschlag riß ihn herum, er lag auf dem Rücken im Wasser, und sein Körper drückte die beiden Dosen China-Bier in den sandigen Seeboden.
Curlis ließ die Pistole sinken.
»Sorry, Boris Olegowitsch«, sagte er fast feierlich. »Es war Notwehr. Ich habe es nicht anders erwartet.«
Er nahm Frantzenows Henkelkorb aus dem Gras, ging zu seinem Jeep und fuhr zurück nach Kirenskija.
Major Campell wartete auf ihn im Gästehaus. Er war nicht, wie die anderen, ins Kasino essen gegangen. »Nun?« fragte er. »Habt ihr den Wagen geholt?«
»Sliwka ist noch am See. Er hat ein Problem mit der Zündung. Die alte Karre ist schrottreif. Daß Weberowsky damit überhaupt bis zum See gekommen ist, grenzt fast an ein Wunder. Ich wollte Sliwka mitnehmen und morgen früh wieder mit ihm hinfahren, aber der Bursche hat seinen Stolz. ›Ich krieg es hin‹, hat er gesagt. ›Fahr zurück!‹ Da bin ich abgefahren. Mal sehen, was er morgen erzählt.«
Er zog die Zivilkleidung aus und die Uniform an, wusch sich die Hände, kämmte die Haare und sah zu Campell hinüber.
»Keinen Hunger?«
»Ich habe auf dich gewartet.«
»Ich könnte ein Pferd essen! Gehen wir.«
Im Kasino blickte General
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