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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gebraucht, aber wir haben Sie auch verachtet. Man verrät sein Vaterland nicht für Geld. Wenn es aus politischer Überzeugung geschieht, ist es geheimer Kampf gegen das Regime. Sie aber haben nur aus Geldgier gehandelt.«
    »Ich wurde erpreßt!« schrie Köllner. »Der KGB hatte mich in der Hand!«
    »Weil Sie den Lebensstil eines Playboys führten, ohne das nötige Geld dafür zu haben. In den teuersten Lokalen essen, die besten Weine trinken, die schönsten Frauen im Bett – so was muß finanziert werden. Nur deshalb wurden Sie zum Vaterlandsverräter, nicht aus politischer Überzeugung.«
    »Statt mir bei der Flucht zu helfen, verachten Sie mich also.«
    »Das ist meine persönliche Meinung. Auf Anweisung aus Moskau habe ich mich um Sie zu kümmern und alles zu unternehmen, daß nicht noch mehr Schaden entsteht. Sie bleiben vorerst als Gast in unserem Haus.«
    »Protest! General Dubrowin hat mir versprochen –«
    »Neue Überlegungen erforderten neue Entschlüsse.«
    »Das heißt: Ich bleibe weiter Gefangener der Botschaft.«
    »Gast.«
    »Nackt in einem Bademantel!«
    »Wir werden Ihnen einen neuen Anzug besorgen. Wir werden Sie neu einkleiden, von der Krawatte bis zu den Schuhen.«
    »Das ist nicht nötig. Es genügt, wenn Sie mir das zurückgeben, was ich trug.«
    »Bedaure, das ist nicht möglich.«
    »Wieso ist das nicht möglich?«
    »Wir mußten Ihre Kleidung auseinandernehmen, auch die Absätze und Sohlen Ihrer Schuhe wurden aufgeschnitten. Leider haben wir nichts gefunden.«
    »Ich bin nicht mit Mikrofilmen aus Bonn geflüchtet. Die letzten habe ich drei Tage vor meiner Enttarnung abgegeben.« Köllner setzte sich in den Sessel, in dem er immer saß, wenn Denissow ihn sprechen wollte. »Sie hätten mich vorher fragen können, bevor Sie meine Kleidung zerstörten.«
    »Ich hätte Ihnen nicht geglaubt.«
    »Das stimmt.« Köllner nickte. »Und was nun?«
    »Wir könnten Schach spielen. Ein Mann, der den Schachcomputer besiegt, ist für mich ein idealer Gegner.«
    Denissow hielt Wort, was Köllner verwundene nach der Behandlung, die er hinter sich hatte. Zwar wurde er über Nacht in seinem Zimmer eingeschlossen, aber tagsüber konnte er sich frei bewegen. Er machte wenig Gebrauch davon; es war ja völlig sinnlos, in der Botschaft herumzulaufen, treppauf, treppab, durch die Flure und an Fenstern zu stehen, von denen man in einen nicht sehr großen Garten blickte. Der Zutritt zu diesem Garten war ihm verboten. Neidisch sah er zu, wie einige Botschaftsangestellte in den Mittagspausen auf Bänken in der Sonne saßen. Für ihn kam frische Luft nur aus dem Spalt eines Klappfensters. Die neue Garderobe war ein brauner Anzug, ein rosa Oberhemd, Unterwäsche, braune Socken und etwas derbe braune Schuhe mit einer dicken, geriffelten Gummisohle.
    In seiner neuen Bekleidung stellte sich Köllner seinem Schachgegner Denissow vor.
    »Wie ich sehe, paßt alles«, sagte Denissow jovial. »Zufrieden?«
    »Wer hat das alles gekauft?« fragte Köllner.
    »Sie werden lachen: Unser Kulturattaché.«
    »Der Mann hat einen lausigen Geschmack!« Köllner zupfte an seinem Jackett. »Dieser Anzug muß seit zehn Jahren in einer Ecke gelegen haben.«
    »Dafür war er preiswert. Immerhin sind Sie nicht mehr nackt. Unsere Sekretärinnen tuschelten schon, wenn Sie im Bademantel durchs Haus wandelten.« Denissow kraulte wieder seinen blonden Bart. »Thema Frauen. Vermissen Sie sie nicht?«
    »Ich habe andere Sorgen.« Köllner trat einen Schritt vor und stützte sich mit den Fäusten auf Denissows Schreibtisch ab. »Ich verlange einen Vertreter der deutschen Botschaft zu sprechen.«
    »Sie sind ein sturer Hund!« Denissow lachte dabei. Dann fuhr er fort: »Wie immer: abgelehnt. Aber ich habe einen anderen Vorschlag.«
    »Ich lasse mich überraschen.«
    »Wie wäre es mit einem Ausflug?«
    Köllner sah Denissow erstaunt an. »Das ist doch nicht Ihr Ernst.«
    »Aber ja. Wir könnten uns einen schönen Tag an der Ostsee machen. Auf der Ostsee. Der Finnische Meerbusen ist wunderschön. Kennen Sie ihn?«
    »Nein.«
    »Die Botschaft hat ein Motorboot in der Bucht der Halbinsel Porkkala liegen. Mit dem könnten wir eine Tour durch die Inselwelt Finnlands machen. Die finnische Küste ist wunderbar. Sie gefällt mir besser als die schwedischen Schären.«
    »Und Sie wollen wirklich mit mir einen Ausflug machen?« Köllner konnte es noch immer nicht begreifen. Woher dieser Sinneswandel? Kam die Anregung dazu aus Moskau? Ließ Dubrowin ihn doch

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