Westwind aus Kasachstan
dem außerehelichen Liebesleben des griechischen Ministerpräsidenten befaßt? Die Akte lag in Ihrem Tresor.«
Köllner erstarrte. Es gab ein Dossier in Athen über den Ministerpräsidenten. Das stimmte. Aber außer den engsten Mitarbeitern der deutschen Botschaft wußte niemand von der Existenz dieser brisanten Akte. Wie konnte Chakli es wissen? Köllner wußte genau, daß er nie über solche Geheimdokumente gesprochen hatte. Die Nacht mit Chakli war ein einziger Rausch gewesen, und in den Armen eines sich aufbäumenden und stöhnenden Körpers hat man andere Gelüste, als sich über Dossiers zu unterhalten.
»Ich weiß nicht, woher Chakli die Informationen hat«, sagte er und sah Ludwig fest an. »Es ist eine Lüge, wenn sie behauptet, von mir!«
»Können Sie es beweisen?« fragte Ludwig und lächelte wieder.
»Was heißt beweisen? Wer mich kennt, weiß, daß es eine Lüge ist.«
»Tatsache ist doch, daß sie mit einer Griechin, die sie kaum kannten, eine Liebesnacht in einem Hotel verbracht haben. Das können wir beweisen.«
Ludwig zog aus der Jackentasche zwei Fotos und warf sie vor Köllner auf den Tisch. Kompromittierende Fotos. Köllner und Chakli nackt in leidenschaftlicher Umarmung auf dem breiten Bett. Fotos, die genügten, seine Karriere im Auswärtigen Amt zu beenden. Schon die Tatsache, daß es überhaupt Fotos gab, genügte. Im günstigsten Fall würde er strafversetzt werden, an irgendeine Botschaft in Afrika oder Mittelamerika.
Köllner schob die Fotos wieder zu Ludwig hinüber.
»Wer sind Sie?« fragte er heiser vor Erregung.
»Ludwig –« Das Lächeln verstärkte sich. »Wir haben noch mehr belastendes Material über Sie. Auch wenn es gefälscht ist, sieht es echt aus. Es hält jeder Prüfung stand. Mein lieber Köllner, Sie sind erledigt. Das sehen Sie doch auch so. Aber Sie sind mir sympathisch, und wir wollen Ihnen helfen.«
»Wer ist ›wir‹?«
»Sagen wir es romantisch: Der große Bruder im Osten …«
»Und Sie glauben, daß ich da mitmache? Sie glauben wirklich, mich mit getürkten Beweisen kaufen zu können? Ich hätte den KGB nie für so naiv gehalten.« Köllner sprang auf und wollte gehen, aber Ludwig hielt ihn am Ärmel fest.
»Sie wollen doch nicht auf den Loup de Mer à la Provençale verzichten?!«
»Lassen Sie den Fisch nach Moskau schwimmen!«
»Morgen werden alle Beweise auf dem Tisch Ihres Außenministers liegen. Wir bezweifeln, daß Sie Herrn Genscher von der Harmlosigkeit Ihrer Beziehung zu Chakli überzeugen können.«
»Wer hat diese Fotos gemacht?«
»Der große Spiegel im Zimmer war von der Rückseite durchsichtig. Ein uralter Trick.«
»Chakli war also eine Falle, ihre Verliebtheit nur gespielt!«
»Man kann es so nennen. Nur in einem hatten wir uns verrechnet: Wir hätten nie gedacht, daß sich Chakli wirklich in Sie verlieben könnte. Sie wollte zu Ihnen, und wir hatten große Mühe, sie davon abzuhalten.«
»Sie hat mich also doch geliebt. Ludwig, wir können weiterreden, wenn ich Chakli gesehen habe.«
»Das ist unmöglich.« Ludwig räusperte sich diskret. »Chakli ist tot.«
»Tot? Jetzt lügen Sie schon wieder.«
»Sie starb an einer nicht erkannten Virusinfektion. Es ist leider wahr.«
»Eine Virusinfektion.« Köllner setzte sich wieder. Er legte die geballten Fäuste auf den Tisch und starrte Ludwig mit einem Ausdruck voll Haß an. »In Ihren Kreisen heißt das: Wir haben sie vergiftet.«
»Es war Notwehr. Chakli wollte zu Ihrer Botschaft und alles erzählen. Sie war eine wirklich schöne Frau, die ein anderes Schicksal verdient hätte, aber in unserem Metier darf man nicht zimperlich sein. Das sollten auch Sie sich überlegen. Sie sind jetzt schon ein toter Mann, wenn wir nicht eine Zweckfreundschaft schließen. Köllner, was Sie auch unternehmen werden – ohne uns –, es ist eine Selbstzerfleischung.«
»Ich werde den Minister von unserem Gespräch unterrichten. Ich bin nicht erpreßbar.«
»Jeder Mensch ist erpreßbar, es kommt nur darauf an, was man ihm andichtet und dazu die Beweise liefert. Und außerdem, mein Freund, Sie lieben doch das Leben und wollen es nicht durch eine Virusinfektion gefährdet sehen. Es kann auch ein 9-mm-Geschoß sein oder eine Sprengladung. O ja, es gibt so viele einfache, aber wirksame Mittel, einen Menschen mit einem Sarg vertraut zu machen.«
»Sie drohen mir?«
»Ich mache Sie nur mit den Möglichkeiten Ihres Lebens vertraut.«
»Ich könnte jetzt sofort die Polizei rufen!«
»Sie könnten …
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