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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sohn Hermann – ohne Zeugen war es unmöglich, sich zu versöhnen, denn hinterher hatte jeder seine eigene Auslegung der Einigung.
    »Beginnen wir also ohne Umschweife«, eröffnete Kiwrin die Verhandlung. »Wolfgang Antonowitsch hat die ehrbare Katja Beljakowa, eine Heldin der Nation, mißhandelt.«
    »Das habe ich nicht!« fiel Weberowsky dem vergeblich abwehrenden Kiwrin ins Wort.
    »Hat er doch!« rief die Beljakowa wütend. »Auf mich gestürzt hat er sich. Jetzt vergewaltigt er mich, habe ich gedacht.«
    Weberowsky hustete entsetzt. »Michail Sergejewitsch«, rief er empört. »Sehen Sie sich diesen Fettklumpen an! Der soll in mir sexuelles Verlangen erzeugen?«
    »Er beleidigt mich schon wieder!« schrie die Beljakowa dazwischen. »Meinetwegen haben sich Männer duelliert.«
    »Die müssen verrückt gewesen sein. Kiwrin, ich bitte, nachzuforschen, ob Katja Beljakowa schon mal in einer Irrenanstalt war …«
    »Ruhe!« Kiwrin schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. »Wir spielen hier keine Gogolsche Komödie!« Womit Kiwrin beweisen wollte, wie gebildet er war. »Es geht darum, daß ein gewisser, anwesender Weberowsky die ehrbare Katja Beljakowa von der Straße ins Gras geworfen und dort mit Bindfäden gefesselt hat.«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte Weberowsky ehrlich. »Es kam über mich, und als ich aufwachte, war's geschehen.«
    »Wer gehört nun in eine Irrenanstalt, he?« rief die Beljakowa. »Und mein Eigentum hat er auch zerrissen.«
    »Ja. Antideutsche Flugblätter.« Weberowsky nickte. »Das würde ich wieder tun …«
    »Von wem stammen eigentlich die Flugblätter?« fragte Kiwrin listig. Jetzt gab es kein Lügen mehr.
    »Von mir! Ich habe sie geschrieben!« sagte die Beljakowa.
    »Und ich habe sie vervielfältigt«, warf Zirupa ein. »Ist das verboten? Wir haben jetzt, Gott sei Dank, in Rußland Meinungsfreiheit. Die haben wir wahrgenommen.«
    »Zur Schädigung von Rußlands Ansehen in der Welt!« entgegnete Kiwrin scharf. »Ja, seid ihr denn alle Idioten? Rußland macht Deutschland ein großzügiges Angebot, und ihr stellt das hin, als wollten wir die Deutschen hinauswerfen!«
    »Hier ist nicht Rußland, hier ist Kasachstan!« schrie die Beljakowa mit sich überschlagender Stimme.
    »Auch Kasachstan ist Mitglied des Gesamtverbundes russischer Staaten!«
    »Meinungsfreiheit!« Die Beljakowa hieb mit der Faust auf Kiwrins Tisch. »Geht es darum? Nein! Es geht darum: Dieses alte Erdferkel hat mich beleidigt, angefaßt, gefesselt, mein Pferdchen davongejagt und mich allein in der Steppe gelassen. Verrecken sollte ich, aber mein Pferdchen hat Hilfe geholt. Ohne mein Gäulchen wäre ich jetzt tot.« Die Beljakowa brach in Tränen aus, hielt den Ärmel ihres Kleides vor das Gesicht und schluchzte erbärmlich.
    Bei Kiwrin erzeugte das kein Mitleid. Zirupa dagegen verzog die Miene, als sei Katja wirklich in der Steppe verdurstet, er faltete sogar die Hände über dem Bauch und atmete schwer.
    »Es ist nicht nötig, Semjon Bogdanowitsch«, sagte Kiwrin schnell, »jetzt einen Totengesang anzustimmen!«
    »Was hat diese Frau gelitten«, antwortete Zirupa mit dumpfer Stimme. »Kann ein Mensch noch mehr erdulden? Und nun wird sie auch noch verhört wie ein Straßenräuber.«
    Kiwrin überhörte die letzte Bemerkung und wandte sich Weberowsky zu.
    »Was haben Sie zu all dem zu sagen, Wolfgang Antonowitsch?«
    »Nichts!« antwortete Weberowsky laut. »Sie hat Flugblätter gegen uns verteilt, und da ist …«
    »… da ist bei Ihnen die Sicherung durchgebrannt«, kam Kiwrin ihm listig zu Hilfe.
    »So ist es.«
    »Sie wollten Katja Beljakowa nichts antun.«
    »Nein. Ich wollte nur mit ihr reden.«
    »Indem er sie fesselt!« rief Zirupa dazwischen.
    »Davon weiß ich nichts. Sie beschimpfte mich mit Ausdrücken … Michail Sergejewitsch, solche Worte haben Sie noch nie gehört, und dann setzte mein Verstand aus.«
    Kiwrin glaubte ihm ohne Zögern, daß die Beljakowa über einen Wortschatz verfügte, der einen Mann rasend machen konnte. Er warf einen Blick auf die dicke Frau. Sie war noch immer bemüht, ein kräftiges Schluchzen zu erzeugen.
    »Kommen wir zum Ende!« sagte Kiwrin streng. »Es gibt wichtigere Dinge zu tun. Wolfgang Antonowitsch kann sich nicht erinnern, Katja Beljakowa hat nicht angemeldete und genehmigte Flugblätter gegen unsere Freunde verteilt. Rechnen wir die Taten gegeneinander auf, dann bleibt nichts übrig. Es steht Ihnen frei, Katja, vor einem ordentlichen Gericht zu klagen, aber

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