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Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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elektronisch gesicherten Zünder für eine Plutoniumbombe. Sie enthält eine ganz bestimmte Anordnung des Sprengstoffes und über fünfzig hochpräzise Zündsperren! Daran haben unsere Wissenschaftler ein halbes Jahrhundert lang gearbeitet. Man kann unsere Bomben durch Ausschlachten nicht einfach kopieren. Dazu sind sie zu kompliziert.«
    »Und Professor Frantzenow arbeitet auch an diesen Teufelsdingern?«
    »Er ist einer der maßgebenden Nuklearexperten.«
    »Haben Sie den Verdacht, daß er auch in den Iran verschwinden könnte?«
    »Nein. Dazu ist er immer noch ein zu großer russischer Patriot. In ein islamisches Land geht er nie!«
    »Und Nurgai?«
    »Kein Kommentar, General.«
    »Die Antwort genügt mir. Ich werde mich mehr um Nurgai kümmern.«
    »Nicht nötig, das tun wir schon. Das ist unsere Aufgabe. Nochmals danke, General.«
    Sliwka beendete das Gespräch. Wechajew legte nachdenklich den Hörer zurück. Irgend etwas an dem Gespräch gefiel ihm nicht, reizte sein Gespür für eine dunkle Gefahr. Sliwka war ungewöhnlich informiert: Ein an sich kleiner Offizier des KGB, im Range eines Oberleutnants, wußte bis ins Detail von allen Plänen des Geheimdienstes. Woher kam dieses Wissen? Es war nicht der Stil des KGB, subalterne Mitarbeiter in alles einzuweihen, was in den neuen Republiken an Ungereimtheiten und machtpolitischen Bestrebungen vorkam.
    Der revolutionäre Plan Jelzins, alle russischen Staaten um einen großen Topf zu versammeln und gemeinsam zu essen, würde nie funktionieren. Schon jetzt kochte jeder unabhängig gewordene Staat sein eigenes Süppchen und ließ die anderen nicht in seinen Kessel gucken. Vor allem die Ukraine und Georgien kapselten sich völlig von Rußland ab, im Kaukasus tobte sogar ein Bürgerkrieg mit Hunderten von Toten. Die Krimtataren wollten zurück in ihre Heimat und drohten offen mit Terror, wenn – nach einem anderen Plan Jelzins – den Rußlanddeutschen Land auf der Krim gegeben werden sollte. Die ehemalige sowjetische Schwarzmeerflotte weigerte sich, sich dem Kommando Rußlands zu unterstellen. Krawtschuk beanspruchte sie für sich, besessen von der Idee eines mächtigen ukrainischen Staates. Die ehemaligen sowjetisch-islamischen Staaten im Süden und in Asien waren bereits vom Virus der moslemischen Bruderschaft infiziert. Aserbaidschan, Turkmenien und Tadschikistan wurden zu Stützpunkten der iranischen Mullahs, die ihre bisherigen Konsulate in Botschaften umwandelten, um die Souveränität dieser Staaten zu unterstreichen, was jedem Politiker schmeichelt. Usbekistan und Kirgisistan lachten über die Bemühungen Jelzins, ihnen den Willen Moskaus aufzuzwingen, und Kasachstan tat, was es wollte, der Politik Rußlands völlig entgegengesetzt. Und die Republiken mit dem größten Atompotential? Schlossen sie ihre Tore vor allen Atomhändlern, oder wurde die Bombe in ihren Händen zum Kapital, zum Goldesel für ihr Land?
    Wechajew lehnte sich zurück und blickte an die Decke. Das war alles, was man wußte und täglich ergänzt wurde durch neue Meldungen. Aber Sliwka wußte mehr. Woher bezog er sein Wissen? Welche Verbindungen hatte er zu den vertraulichen Informationen des KGB? Was wußte ein kleiner Oberleutnant von der internen Zusammenarbeit mit dem CIA?
    Es ist alles sehr verwirrend, stellte Wechajew fest. Ein Wespennest, dem man am besten aus dem Weg geht. Man lebt ruhiger, wenn man sich dumm stellt und in die Fröhlichkeit flüchtet. Das ist der beste Schutz: ahnungslos sein und im geheimen doch vieles zu wissen. Rußlands Zukunft ist ungewisser als zuvor. Gott, stehe uns bei.
    Er war nie ein gläubiger Mensch gewesen, erzogen in einer Zeit, wo man aus Kirchen noch Fabrikbetriebe gemacht hatte, Handwerkerkommunen und Lagerhallen, aber jetzt schien es nötig, eine Macht anzurufen, die über dem Kreml stand.
    Rußland, sei wachsam. Zerbrich nicht an der neu gewonnenen Freiheit.
    Zunächst kochte Frantzenow in seiner kleinen Küche eine Nudelsuppe und wärmte im Backofen pelmini auf, das sind mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen. Als Weberowsky helfen wollte, zeigte er hinaus ins Wohnzimmer.
    »Du setzt dich jetzt in den Sessel und ruhst dich aus!« befahl er. »Keine Widerrede, Schwager! Hier bin ich der Herr im Haus. Erzähl mir von euch. Meiner Schwester. Erna geht es gut?«
    »Ich weiß es nicht, ob sie mit mir zufrieden ist.« Weberowsky setzte sich in den Sessel, in dem Andrej Valentinowitsch fast erschossen worden wäre. Er sah das Loch in der Wand, aber er

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