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Wetterleuchten

Wetterleuchten

Titel: Wetterleuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gewickelt.«
    Er schnaubte, lächelte aber. »Also, was willst du?«
    Sie setzte ihn neben sich an den Computer. Wie sie vermutet hatte, genügten Squat ein paar Mausklicks, um in die Vergangenheit zurückzureisen und den Vorfall zu finden, der sich laut Annie Taylor ereignet hatte. Es hatte tatsächlich eine Ölpest gegeben. Es war nachts passiert, das Öl war an die Küste gespült worden und hatte ganz Possession Point verschmutzt. Das Bilgenöl, das schwerste Öl, das es gab, hatte seine Spuren auf allem hinterlassen, womit es in Berührung kam, und es gab eine Menge Bilder, die es bewiesen. Die Katastrophe lag siebzehn Jahre zurück. Annie Taylor hatte ziemlich richtig gelegen.
    »Igitt«, war Squats Kommentar, als sie Bilder von ölverschmierten Meeresvögeln, toten Krebsen und verschmutzten Küstenstrichen aufriefen. »Warum interessierst du dich dafür? Schreibst du einen Aufsatz darüber?«
    »Nee. ’ne Frau ist in den alten Wohnwagen neben meinem Haus eingezogen. Sie hat mir davon erzählt. Sie sagt, Nera ist deswegen wahrscheinlich ein Mutant. Oder eine neue Robbenart oder so was.«
    »Eine Ölpest soll eine neue Robbenart hervorgebracht haben? Oder eine Genmutation? Das glaub ich kaum«, erwiderte Squat. »Krebse mit zwei Köpfen. Eine Garnele, die wie ein Stachelschwein aussieht. Fische mit Augen auf dem Schwanz. Das sind Mutanten. Aber eine schwarze Robbe? Das würde mich wundern. Und selbst wenn sie ein Mutant ist: Wen juckt’s? Sie ist doch gesund, oder?«
    »Es hat was mit ihrer Doktorarbeit zu tun. Ich meine Annies Doktorarbeit, nicht die der Robbe. Jedenfalls habe ich gar nicht gewusst, dass es eine Ölpest gegeben hat, und das hat mich neugierig gemacht.«
    »Aha. Wenn du meinst. Kann ich jetzt mit Mathe weitermachen?«
    »Nur wenn dir die Trennung von mir nicht zu schwerfällt.«
    Squat verdrehte die Augen. »Es geht gerade noch.« Er ging zurück an seinen Arbeitsplatz.
    Jenn drehte sich zum Computer. Sie las weiter und suchte nach anderen Bildern. Sie fand noch ein paar mehr, als sie den Links folgte. Darunter war ein Foto von Possession Point, wie er zwei Jahre vor ihrer Geburt ausgesehen hatte. Da war das Haus, der Köderschuppen war fast neu, und der Wohnwagen, in dem Annie Taylor wohnte, war in gutem Zustand und hatte einen gepflegten Garten vor der Tür. Das Foto war vor der Katastrophe gemacht worden. Auf den Fotos, die nach der Katastrophe entstanden waren, sah man eine teerartige Pampe, die Treibholz, Felsen und Strand überzog.
    Merkwürdig, dass nie jemand über die Verschmutzung sprach, dachte Jenn. Andererseits war es schon sehr lange her, und sie hatte nie irgendwelche Spuren in Possession Point gesehen. Warum sollten die Leute darüber sprechen? Dennoch hatte Jenn den Eindruck, dass Annie Taylor noch viel Arbeit vor sich hatte, wenn sie ihre Doktorarbeit auf der Katastrophe und Nera aufbauen wollte. Was Jenn betraf, musste sie Squat zustimmen. Nera war zwar pechschwarz, aber das war das Einzige, was sie von anderen Robben unterschied.
    Natürlich war dieser Unterschied der Grund, warum sie für Whidbey Island im Allgemeinen und für Langley im Besonderen so wertvoll war. Den Bürgern, Ladeninhabern und Souvenirverkäufern würde es nicht gefallen, wenn jemand mit Nera Schindluder trieb. Die wundersame Rückkehr einer pechschwarzen Robbe jedes Jahr war eine Sache. Die wundersame Rückkehr einer Mutantin jedes Jahr eine andere. Wenn es um Nera ging, würde sich Annie Taylor in Acht nehmen müssen, weil niemand zulassen würde, dass sie den Ruf der Robbe zerstörte, zur Hälfte Wundertier und zu Dreiviertel Brieftaube zu sein.
    Eine geflüsterte Unterhaltung in der Nähe der Tür unterbrach Jenns Gedankengang. Sie blickte dorthin, und ihre Laune verschlechterte sich augenblicklich, weil South Whidbey Highschools Verkörperung unsterblicher Liebe gerade händchenhaltend und in ein ernstes Gespräch vertieft die Bibliothek betrat. Sie waren die Inselversion von Bella und Edward, nur ohne Blut und Vampirzähne. Jenn hätte das ja nur halb so schlimm gefunden, wenn der Junge nicht früher einmal ein guter Freund von ihr und das Mädchen ... na ja, jemand anderes gewesen wäre.
    Jenn hatte Becca King vom ersten Moment an nicht ausstehen können, als sie sich letzten September auf der Fähre begegnet waren, die von Mukilteo zur Insel übersetzte. Mit Derric Mathieson war Jenn hingegen befreundet gewesen, seit er als Achtjähriger von einer Familie auf der Insel aus einem Waisenhaus in

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