Wetterleuchten
Dinge, und das musst du endlich in deinen Kopf kriegen, denn ich kann nicht ewig für dich in die Bresche springen, wenn du nur deinem Herzen folgst und den Kopf ausschaltest.«
Blöder ; blöder Loser... war Seths Reaktion darauf, und das konnte sie nicht hinnehmen. Deshalb mischte sie sich wieder ein: »Mr Darrow, ich habe ihn in diese Lage gebracht. Mein Stiefvater ist eines Abend im Cliff Motel aufgetaucht. Und er durfte mich nicht finden. Er ist kein guter Mensch. Ich war gerade mit Seth zusammen, und ich hab ihn gebeten ... ich habe ihn angefleht, Mr Darrow, mich von da wegzubringen. Und dann hat er mich hierhergebracht. Hier war ich in Sicherheit. Und das verdanke ich ihm.«
»Das ist ja alles schön und gut«, entgegnete Ralph Darrow. »Aber dabei handelt er gegen das Gesetz, und das hat noch nie ein Darrow auf dieser Insel getan. Seth weiß das, sowohl Ersteres, als auch Letzteres. Jetzt pack deine Sachen zusammen.«
»Grandpa!«
»Ich will nichts mehr hören, Seth. Es reicht. Die Campingsachen kannst du auch zusammenräumen. Ich kümmere mich um die Lebensmittel. Die Diskussion ist beendet.«
Knallhart ...als sie Hilfe brauchte, und du hast immer gesagt... stolz auf mich, aber... kann die Dinge nicht klar beurteilen, wenn er sollte... Eltern benachrichtigen ... keine Entwicklung...
Mehr wollte Becca nicht hören, es war zu qualvoll. Deshalb holte sie ihre AUD-Box heraus, stöpselte den Kopfhörer ein und steckte ihn sich ins Ohr. Das Rauschen war laut und beruhigend. Wie benommen sammelte sie ihre Sachen zusammen. Es waren nicht viele, und das meiste steckte sowieso schon in Taschen. Ihre Habe bestand zum größten Teil aus Schulbüchern und Klamotten. Es würde nur einen Weg brauchen, um das Baumhaus zu räumen. So viel war sicher.
Es war wie eine feierliche Prozession durch den Wald. Ralph ging vorneweg und führte sie zu seinem Haus anstatt auf die Newman Road. Dafür war Becca einigermaßen dankbar. Wenigstens konnte sie ihre Sachen auf Ralphs Veranda abstellen, während sie nach einer neuen Bleibe suchte.
Hinter ihr sagte Seth: »Tut mir leid, Beck«, und sie drehte sich zu ihm um. Er sah elender aus, als sie ihn je gesehen hatte.
»Schon gut«, tröstete sie ihn. »Es ist nicht deine Schuld. Ich komm schon klar.«
»Nicht, wenn er die Polizei ruft«, gab Seth zurück.
»Selbst dann«, sagte sie. Obwohl sie selbst nicht daran glaubte. Er würde Dave Mathieson anrufen, und sie wusste nicht, wie das gut ausgehen konnte.
Auf dem restlichen Weg schwiegen sie, und es waren nur noch ihre Schritte auf dem feuchten Waldboden zu hören. Als sie Ralph Darrows Rhododendrongarten erreichten, fing es an zu regnen. Die großen Büsche begannen gerade zu blühen. Man sah rote, rosa, gelbe und weiße Farbkleckse. In einer Woche würden sie in reicher Farbenpracht erstrahlen, eingerahmt vom frischen, kühlen Grün der Bäume.
Sie gingen über das Gras und stiegen die vordere Veranda hoch. Auf ihr standen vier Schaukelstühle und ein Picknicktisch, damit man im Sommer draußen essen konnte. Becca legte ihre Sachen auf dem Tisch ab. Sie zog eine Bank hervor, setzte sich hin und wartete darauf, was als Nächstes geschehen würde. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Ralph Darrow sie fesseln würde, bis der Sheriff kam. Dazu war er nicht der Typ.
Doch als sie sich laut auf die Bank fallen ließ, sah er sie skeptisch an. Er runzelte die Stirn und fragte: »Was soll das werden?«
»Ich dachte, ich warte hier, wenn das okay ist. Oder vielleicht ... Seth hat ja seinen Wagen da. Vielleicht kann er mich fahren ...« Aber sie wusste nicht, wohin. Zu Diana? Zu Debbie? Nach Heart’s Desire? Zurück ins Dog House, um dort noch ein paar gruselige Tage zu verleben? Sie hatte keine Ahnung. Am liebsten wäre es ihr gewesen, ihr wäre alles egal, aber das war es nicht. Sie fügte leise hinzu: »Es wäre schön, wenn Sie den Sheriff nicht rufen würden.«
»Ich habe nicht vor, den Sheriff zu rufen«, klärte er sie auf.
Sie sah Seth fragend an. Der beobachtete nur seinen Großvater. Er hatte die Campingausrüstung auf der Veranda abgestellt und wartete, genau wie Becca.
Dann sagte er: »Grandpa ...«, und seine Stimme klang sehr vorsichtig.
Statt auf Seth einzugehen, sagte Ralph zu Becca: »Geh mit deinen Sachen hinein.«
Sie rührte sich nicht. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Schließlich brachte sie hervor: »Das kann ich nicht ... Denn dann werden Sie ...«
»Was?«
»Sie meint das Gesetz, und dass die
Weitere Kostenlose Bücher