Wetterleuchten
»Jep.«
»Warum hast du das gemacht, verdammt?«
»Ich wollte sehen, wie du reagierst. Und du bist in Panik geraten.«
»Was hast du denn gedacht, du Pfeife? Wie würde es dir gefallen, wenn man das mit dir macht?«
»Beruhig dich«, sagte er. »Wenn du in Panik gerätst, ertrinkst du. Wenn du in Panik gerätst, schießt du an die Oberfläche, wie du es gerade getan hast. Du dekomprimierst nicht. In einem Meter Tiefe? Kein Problem. In zwanzig Metern Tiefe bedeutet es, dass du die Taucherkrankheit bekommst.«
»Das war unfair.«
»UnterWasser kann alles Mögliche passieren, Aqua ...«
»Ich heiße Jenn!«, kreischte sie.
Es waren vier Versuche nötig, bis Chad überzeugt war, dass Jenn nicht in Panik geraten würde, wenn sie unter Wasser ihre Maske verlor. Das Gleiche galt für ihr Mundstück, wobei sie auch in der Lage sein musste, es sich wieder in den Mund zu stecken und nicht zu vergessen, zuerst auszublasen, anstatt verzweifelt einzuatmen und einen Schwall Wasser zu schlucken. Danach brachte er ihr bei, wie man mit Flossen ins Wasser ging. Der Tauchunterricht dauerte insgesamt drei Stunden. Am Ende war Jenn fix und fertig.
Annie hatte sich mittlerweile schon längst geduscht und war zurück zum Becken gekommen. Sie sagte zu Chad: »Wie hat sie sich gehalten?«
»Wenn man von ihrer Tendenz, in Panik zu geraten, mal absieht, und dass sie das wahrscheinlich umbringen wird, hat sie sich gar nicht so dumm angestellt«, erklärte er.
Annie ging Jenn in die Umkleide nach und sagte: »Nach dem Duschen fühlst du dich gleich wieder besser. Das hast du übrigens gut gemacht. Scher dich nicht drum, was er sagt. Für deine erste Stunde war das klasse.« Sie stand mit verschränkten Armen da. Jenn wartete darauf, dass sie zurück zum Becken oder zum Auto oder sonst wohin ging. Aber Annie lehnte an einem der Spinde, als warte sie darauf, dass Jenn sich auszog. Jenn wusste, dass da nichts dabei war, schließlich waren sie unter Mädels. Trotzdem hätte sie sie gern gebeten zu gehen, aber dann auch wieder nicht. Sie waren ja Freundinnen, oder? Sie beschloss, dass es so war. Sie zog ihren Badeanzug aus. »Hübscher Körper«, bemerkte Annie.
»Wenn man auf Bretter steht«, gab Jenn zurück.
»Mach dich nicht selbst runter.« Annie gab ihr einen spielerischen Klaps auf den Hintern, als Jenn auf dem Weg zur Dusche an ihr vorbeiging. Dann ließ sie sie allein und sagte, sie würde Chad draußen helfen, die Ausrüstung in den Pick-up zu laden.
Damit war sie gerade beschäftigt, als Jenn sich zu ihr gesellte. Der Tag war mittlerweile angebrochen, was zu dieser Jahreszeit im Nordwestpazifik immer spät war, und auf dem Parkplatz lief ein verbeulter weißer Transporter, dessen Tür mit Spachtelmasse repariert worden war, im Leerlauf und verpestete die Luft mit Abgasen. Jenn sah, wie sich jemand in das Fahrerfenster lehnte. Mist, es war dieser Arsch Dylan Cooper.
Er war so ein Widerling, dass sie ihm unbedingt aus dem Weg gehen wollte, aber der weiße Transporter stand nicht weit von Annies Auto entfernt, und diese winkte gerade Chad zum Abschied und ging auf sie zu, während sie ihr fröhlich zurief: »Komm, holen wir uns Kaffee und Gebäck, Schönheit.«
Dylan drehte sich von dem Transporter weg, wo er gerade mit irgendetwas beschäftigt gewesen war. Er sah Jenn, erhaschte einen Blick von Annie, sagte etwas zu dem Fahrer des Transporters und latschte auf Jenn zu. Er fragte sie: »Hängen hier die Lesben ab?«
Worauf sie erwiderte: »Was machst du hier? Kaufen oder Verkaufen? Egal. Ich weiß es schon.«
»Scharfe Braut, Lesbe.« Er zeigte mit dem Daumen auf Annie. »Hätte nicht gedacht, dass sie es mit dir treiben würde.« Er wackelte vielsagend mit der Zunge. »Gefällt’s dir?«, fragte er, wofür sie ihm am liebsten eine reingehauen hätte.
»Du bist doch total beschränkt«, schoss sie zurück. »Du denkst auch nur an das Eine.«
»Ha ha. Soll das heißen, du bist keine? Vielleicht sollte ich sie fragen.« Er rief Annie zu: »Hey! Wie war’s mit ihr? Stöhnt sie viel?«
»Blödes Arschloch«, stieß Jenn wütend hervor und wirbelte zu Annie herum.
Aber Annie war bereits in ihren Honda eingestiegen und hatte den Motor angelassen. Zum Glück hatte sie nichts gehört.
»Nur so ein Arschgesicht aus der Schule«, erklärte Jenn, als Annie wissen wollte, wer Dylan Cooper war. »Ich kenne seinen Bruder. Mehr gibt’s da nicht zu erzählen.«
»Was hat er gerufen? Hat er mit mir geredet? Weil...«
»Fahren wir
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