Wettlauf mit dem Tod
verraten.« Sie hatte sowieso nichts Belastendes gegen ihn in der Hand. Er rieb sich die müden Augen und betete im Stillen, dass Pepper untertauchen und sich versteckt halten würde. Möglich wäre es ihr, dafür hatte er gesorgt.
Aber würde sie ihn im Stich lassen?
Logan kam wieder ins Zimmer gestürmt. Er riss die Tür mit so viel Elan auf, dass sie von der Wand abprallte. Reese versuchte, ihn aufzuhalten, doch er drängte sich mit ungezügelter Wut an ihm vorbei und packte Rowdy am Kragen. »Wo zum Teufel ist sie?«
Unbeeindruckt von seinem Ausbruch musterte Rowdy Logan, seine verzerrte Miene, seine angespannten Muskeln, seinen verkrampften Kiefer. Na, so was. Hätte er es nicht besser gewusst, dann hätte er glatt glauben können, dass sich Detective Riske tatsächlich Sorgen um sie machte. Interessant.
»Und meine Reaktion fanden Sie extrem?«, meinte er an Bareden gerichtet.
Logan schüttelte ihn. »Verdammt, rede.«
»Gerne«, erwiderte Rowdy selbstzufrieden, weil er wusste, dass er den Polizisten damit nur noch mehr auf die Palme bringen würde. »Sie ist an einem Ort, an dem Sie sie niemals finden werden.« Zumindest in dieser Hinsicht konnte er sich endlich ein wenig entspannen.
Pepper stand mit der Schere in der Hand am Waschbecken. Durch ihr von Natur aus blondes Haar zogen sich nun helle Strähnen. In einem Friseursalon wäre die neue Frisur sicher besser geraten, doch in der Vergangenheit hatte sie Rowdy oft selbst die Haare geschnitten, daher stellte sie sich zumindest nicht vollkommen ungeschickt an. Außerdem war es für einen Friseurbesuch nun zu spät.
Es war zu spät, um zu zögern. Zu spät für so vieles.
Nach einer halben Stunde war sie fertig. Ihr Haar war immer noch lang, doch sie hatte es stufig geschnitten, und so wirkte es nun voller und eleganter.
Auch das Make-up hatte sie innerhalb kürzester Zeit aufgelegt. Lidschatten, Kajal, Wimperntusche, Rouge, Lipgloss. Von der unscheinbaren grauen Maus war nicht mehr viel übrig.
So schlimm die Begleitumstände auch waren, fühlte es sich doch gut an, wieder sie selbst sein zu können.
Rowdy hatte sie mit allem versorgt, was sie brauchte. Sogar einige ihrer alten Kleidungsstücke hatte er bereitgelegt. Nur keinen BH . So blieb ihr nur der furchtbare, enge Sport- BH , den sie, ohne mit der Wimper zu zucken, in ein verrostetes Fass warf. Mit ein wenig Glück musste sie dieses unbequeme Ding nie wieder tragen.
Sie zog sich ein dunkles Tanktop über und schlüpfte in enge Jeans und Stiefeletten, fädelte den Gürtel durch die Schlaufen der tiefsitzenden Hose, schob das Klappmesser in den linken Stiefel und hängte sich die Handtasche um.
Jeder, der sie vor zwei Jahren gekannt hatte, würde sie wiedererkennen.
Nach der langen Zeit, die sie im Verborgenen gelebt hatte, legte sie es nun darauf an aufzufallen, denn wenn Mortons schwachköpfige Handlanger sie nicht zu sehen bekamen, würden sie sich auf Rowdy stürzen. Im Gefängnis saß er wie auf dem Präsentierteller.
Stattdessen sollten sie sie ins Visier nehmen. Das schuldete sie ihrem Bruder.
Sie würde den Abend mit einem Besuch auf dem Polizeirevier beginnen.
Wenn Morton von Rowdys Verhaftung erfahren hatte, dann beobachteten seine Schergen mit Sicherheit das Revier. Logan hatte über sie Bescheid gewusst. Demnach war es nur logisch anzunehmen, dass Morton das ebenfalls tat. Sie würde die Aufmerksamkeit auf sich lenken.
Sie würde Morton Andrews auf sich aufmerksam machen.
Wenn ihr Plan aufging, dann würden seine Leute statt hinter Rowdy hinter ihr her sein.
Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was Logan denken würde, wenn er statt der fingierten Sue Meeks die echte Pepper Yates zu Gesicht bekam.
Aber das war ihr egal.
Er konnte ihr gestohlen bleiben, denn hier ging es nicht um ihn. Es ging um ihren Bruder und darum, dass sie beide überlebten.
Wenn sie sich das nur oft genug einredete, würde sie vielleicht irgendwann auch selbst daran glauben können.
12
Lieutenant Margaret Peterson starrte Logan missgelaunt an. Sie war gerade erst im Polizeirevier eingetroffen, doch selbst in ihrer Freizeit schien sie die Dienstkleidung nicht abzulegen, denn sie war in Hosenanzug und gestärktem weißem Hemd erschienen, einer Montur, die sie fast wie eine Rüstung trug.
Die Frau war eine ganz harte Nummer, aber sie hatte mit ihren zweiunddreißig Jahren im Rahmen ihrer Tätigkeit als Bedienstete der Stadt auch schon einige schlimme Dinge gesehen und erlebt. Die Polizeiarbeit lag
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