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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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untergegangen. Es wurde merklich kälter, und die Händler packten eilig ihre Waren zusammen. Berlin bei Nacht war kein Ort, an dem man auf offener Straße verweilen wollte.
    »Komm, es wird dunkel, wir müssen zurück«, drängte Skadi.
    »Es gibt noch so viel zu sehen. Können wir nicht noch bleiben?«, bettelte er.
    Das hörte ein Riksckafahrer, der die Menschenmenge auf der Suche nach potentiellen Kunden absuchte.
    »Berlins Straßen in der Abenddämmerung«, lockte er die beiden. »Die Sehenswürdigkeiten des Ost-Marktes in nur einer Stunde.«
    »Au ja.« Garfield war begeistert. »Können wir, Skadi? Nur eine Stunde, bitte!«
    Skadi beugte sich zu ihm hinunter und flüsterte in sein Ohr: »Hast du nicht seine Augen gesehen?«
    Garfield starrte sie verdutzt an.
    »Na, sieh doch.«
    Verstohlen warf er dem Mann einen Blick zu. Dieser stand mit verschränkten Armen und selbstsicherem Grinsen vor seinem Gefährt. Er war sich seiner neuen Kunden ganz sicher.
    »Er schielt, meinst du das?«
    »Ein schlechtes Omen«, sagte Skadi ernst. »Sei klug und steig nicht ein.«
    Doch Garfield war bereits übermütig in die Rikscha gesprungen. »Kommst du? Das wird bestimmt lustig.«
    Wider besseres Wissen folgte sie ihm. Sie wusste, keine zehn Schlittenhunde konnten den Jungen jetzt noch von seinem Vorhaben abbringen. Und sie fragte sich nicht zum ersten Mal, wie sie so leicht in die Rolle der großen Schwester hatte schlüpfen können.
    Zuerst schien nichts Skadis Befürchtungen zu bestätigen: Der Rikschamann fuhr die üblichen Sehenswürdigkeiten ab – er umkreiste den großen Bahnhofsplatz, dann ging es an einem Gebäude vorbei, das wie ein abgebrochener Backenzahn aussah, doch schon bald darauf schlug er sich in dunkle Seitenstraßen und verlassene Gässchen. Skadi hatte auch den Eindruck, als würde er das Tempo tüchtig erhöhen.
    »He!« Sie lehnte sich vor und schlug dem Fahrer auf den Rücken. »Wir wollen umkehren, sofort.«
    Die Rikschamann trat nur noch verbissener in die Pedale und legte an Tempo zu. Skadi überlegte, ob sie abspringen sollten, doch das würde vermutlich bedeuten, dass sie ein Großteil ihrer Habseligkeiten zurücklassen mussten.
    Plötzlich schwenkte die Rikscha in eine Toreinfahrt. Das Tempo verlangsamte sich, dann standen sie still. Garfield machte protestierend den Mund auf, doch die Worte bleiben ihm im Halse stecken, als sie von einer Gruppe Vermummter umringt wurden. Straßenräuber! Sie waren fiesen, gemeinen Straßenräubern in die Hände gefallen. Hätte er doch nur auf Skadi gehört, jetzt würde er alles verlieren. Hilfe suchend sah er sich nach seiner Reisegefährtin um, aber die war längst aus dem Fahrzeug gesprungen und tänzelte kämpferisch und zu allem bereit – er konnte die Messerklinge in ihrer Faust aufblitzen sehen – auf die Bande zu.
    Die lachten und spotteten – bis Blut floss –, dann rannten sie nur noch. Die ’skimo-Tussi hatte es wieder geschafft! Garfield legte den Kopf in den Nacken und stieß ein triumphierendes Wolfsgeheul aus. Dann verstummte er abrupt und warf Skadi einen schrägen Blick zu. War sie böse auf ihn? Schließlich hatte er ihnen den Schlamassel eingebrockt. Doch die junge Frau war damit beschäftigt, die Klinge ihres Häutemessers zu reinigen. Ohne aufzusehen, sagte sie nur: »Das nächste Mal hörst du auf mich, verstanden?«
    Garfield konnte nur nicken und kleinlaut »ja, ich hab verstanden« murmeln.
    Sie versuchten, den Weg zurückzuverfolgen, doch sie waren noch keine drei Straßen weit gelaufen, da hatten sie sich auch schon hoffnungslos verfranzt.
    Sie mussten wohl Stunden gelaufen sein, die Gegend sah immer verlassener aus. Zu verlassen. Eine nervenkratzende Spannung schien in der Nacht zu liegen. Aus einer der Parallelstraßen drang das Geräusch quietschender Reifen, laute Schreie folgten. Instinktiv zog Skadi den Jungen in den Eingang eines Abbruchhauses. Jetzt nur nicht auffallen!
    »Wo sind wir bloß?«, flüsterte Garfield verzagt.
    »Wir können nur warten, bis es wieder hell wird. Gut, dass wir unsere Sachen dabei haben.«
    »Ich hab Hunger.«
    »Ich auch.« Die wütenden Schreie setzten wieder ein. Motoren jaulten auf. »Psst. Jetzt sei leise.«
    Zwei, nein, drei Jeeps der Miliz jagten laut hupend an ihnen vorbei. Dann – Stille.
    Zuerst sahen sie die Explosion. Ein greller Lichtschein von unechtem Neon-Blaugrün, dann folgte die Erschütterung. Der Asphalt schien sich unter ihren Füßen zu krümmen, kam in einer Welle auf

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