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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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Wort.
    »Als sie noch tanzen ging, haben sich die Männer beim Unterhalten immer zur Seite gedreht, um ihr nicht direkt ins Gesicht sehen zu müssen. Schließlich blieb sie dem Tanzboden fern und zog sich an den häuslichen Herd zurück. Heiratsvermittler suchten für sie mögliche Freier, aber einmal Hinsehen und wieder Verschwinden war eins. Es war ein Jammer mit ihr, dabei war sie das gutmütigste Wesen von der Welt. Ihre Brust umschloss ein großes Herz, nie habe ich ein böses Wort aus ihrem Mund vernommen, sie beschimpfte niemanden, ob lebendig oder tot.«
    Thade Fizzell bemerkte, wie über Dousie O’Deas Antlitz Tränen rannen. Er stieß seinen Bruder an, und der begriff die Aufforderung. »Die gute Seele«, fing er wehmütig an, »nichts lag ihr mehr am Herzen, als andere glücklich zu sehen. Für sich selbst hatte sie nur einen Wunsch, und den wiederholte sie immer wieder. >Um eines bitte ich euch, Jungens, ihr wisst schon, worum^ Wir brauchten gar nicht nachzufragen, bekamen wir es doch tagtäglich zu hören. >Wenn ich einmal auf dem Totenbett liege, holt Dousie O’Dea, sie soll mich für die Aufbahrung zurechtmachen.< Nicht nach dem Papst von Rom hat sie verlangt, nicht nach Kardinälen mit ihren roten Hüten. Einzig und allein nach Dousie O’Dea, um sie für die Totenwache herzurichten.«
    Es kam zu einem langen, peinlichen Schweigen, das schließlich Jack O’Dea unterbrach.
    »Jungens, Dousie fühlt sich von dem, was ihr sagt, ungemein geehrt, aber das, was ihr verlangt, ist unmöglich.«
    »Dann soll sie es uns selber sagen«, meinte Thade Fizzel entschieden. »Wenigstens das dürfen wir erwarten.«
    »Es ist so, wie Jack gesagt hat.« Dousies Worte klangen wie ein Schlusspunkt.
    »Mit einem Gesicht, wie Jule es hat, wird sie nie in den Himmel kommen«, stellte Donal Fizzell traurig fest. »Sie schämt sich da viel zu sehr und steht für immer und ewig vorm Himmelstor. Wir hätten vielleicht gar nicht erst fragen sollen, denn keine Macht auf Erden ist imstande, ein so hässliches Wesen wie unsere Schwester in eine präsentable Leiche zu verwandeln. Das schafft niemand.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass das nicht zu schaffen wäre«, widersprach ihm Dousie herausfordernd.
    »Du würdest es also tun?« Ein Hoffnungsschimmer lag auf Thades gutmütigem Gesicht.
    »Das habe ich damit nicht gesagt«, wies Dousie ihn zurecht. »Doch nach all dem, was ihr geschildert habt, und in Anbetracht dessen, was eure arme Schwester auf dieser Welt wegen ihres Aussehens hat erleiden müssen, werde ich sie für euch herrichten, aber es ist das letzte Mal, dass diese Hände einen Toten für die Aufbahrung schön machen.«
    Die Brüder konnten sich vor Entzücken kaum halten. Alt, wie sie waren, legten sie auf den Steinplatten vorm Herd einen Tanz hin und waren erst zu bremsen, als Jack O’Dea sie daran erinnerte, dass zu Hause ihre tote Schwester lag. Sowie die beiden wieder zur Ruhe gekommen waren, nahm Dousie die Dinge resolut in die Hände.
    »Jack, geh und spann an. Und ihr, Jungens, macht, dass ihr nach Hause kommt und kümmert euch um die Totenwache. Ich suche nur rasch zusammen, was ich brauche.«
    Im Heim der Fizzells tat Dousie ihre Arbeit allein und in aller Stille. Sie riegelte die Tür zum Raum mit der Toten von innen ab. Für sie stand seit langem fest, dass sie ihr Können mit ins Grab nehmen würde. Immer wieder hatte man ihr vorgeschlagen, Nachwuchs auszubilden oder wenigstens eine der Totenwäscherinnen anzulernen, die nach ihr das Amt übernahmen. Stets hatte sie ein taubes Ohr für derlei Ansinnen gehabt. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie mit dem Preisgeben ihrer Geheimnisse an Ehrerbietung, die sie in der Gemeinde genoss, einbüßen würde. Zudem war sie davon überzeugt, dass man — ähnlich wie Poeten — als Heimbürgin geboren und nicht dazu gemacht wurde. Jule Fizzell erwies sich als der schwierigste Fall, der ihr je begegnet war. Zum Glück hatte sich Dousie ihre alte Geschicklichkeit bewahrt. Auch wirkte sich die lange Arbeitspause nicht negativ auf ihre Fingerfertigkeit aus. Eine Stunde verging, dann eine weitere. Von der Küche her fragte man, ob alles in Ordnung wäre. Sie bestätigte das und bat darum, nicht durch weitere Fragen gestört zu werden. Sie brauchte für die gegenwärtige Aufgabe äußerste Konzentration. Es gab Augenblicke, da war sie am Verzweifeln, ob ihr eine Veränderung zum Positiven gelingen würde, denn an dem äußeren Erscheinungsbild, das es zu bearbeiten

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