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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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Antwort, bekam aber nur einen Chor von Schnarchtönen zu hören, und auch den interpretierte er als Zustimmung. Triumphierend tappte er hinaus in die Nacht. Am nächsten Morgen wurden die beiden von Schulkindern entdeckt. Fest umschlungen von Cowboy Cooney lag Jule Fizzell in seinen Armen. Das selige Lächeln auf seinem Gesicht war genauso schön wie das der Toten. Er schnarchte friedlich vor sich hin. Sie hingegen blieb stumm.
    Als später am Tage Dousie O’Dea von dem Vorfall erfuhr, schmunzelte sie beglückt. Sie hatte den Gipfel ihres Schaffens erreicht. Ihr Lebenswerk hatte sich vollendet. Es war ihr gelungen, für einen Lebenden eine Tote auferstehen zu lassen. Allein das würde ihren Ruhm auf ewig besiegeln.

Bittere Erinnerungen

    Weniger nette Nachbarn wollten andere glauben machen, Polly Baun würde Weihnachten nicht ausstehen können. Dabei mochte sie es einfach nur nicht. Ein Betrunkener aus dem Ort hatte sie einmal beschimpft, sie wolle das Weihnachtsfest abschaffen. Sie war gerade aus der Kirche gekommen, und der Betrunkene, der auf seine ganz besondere Weise die Messe feierte, indem er draußen an der Kirchenmauer Halt suchte und über die Predigt meckerte, stieß sie derb in den Rücken, als sie an ihm vorbeikam. Andere hatten es gesehen. Polly Baun stürzte und konnte sich eine Woche lang kaum rühren. Ihrem Mann, der immer leicht aufbrauste, erzählte sie, sie wäre auf einer Bananenschale ausgerutscht. Von einem Saufkumpanen, der häufig in der gleichen Wirtschaft anzutreffen war wie er, erfuhr er jedoch den wahren Sachverhalt. Er stellte seine Frau zur Rede, und auf sein Drängen hin gab sie zu, dass das, was der Kerl gesagt hatte, stimmte.
    »Aber halte dich bitte zurück«, beschwor sie ihn.
    »Das werde ich«, versprach er ihr, »doch du wirst gewiss einsehen, dass die Energien dieses Mannes in eine andere Richtung gelenkt werden müssen. Unsereins kann nicht einfach tatenlos zusehen, wie er Frauen in den Rücken knufft, dass sie lang hinstürzen, bloß, weil sie andere Ansichten haben als er. Ich will damit sagen«, und jetzt glaubte er einen versöhnlicheren Ton anzuschlagen, »wenn solche Dinge ungestraft durchgehen, ist hier keine Frau mehr sicher.«
    »Die Sorge teile ich nicht«, behauptete Polly Baun kühn.
    »Das mag ja sein«, erwiderte er, »aber Fakt bleibt, niemand darf eine Frau zu Boden stoßen.«
    Polly Baun beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Erstens brachte es nichts und zweitens befürchtete sie, etwas zu sagen, das ihren Mann erzürnen würde. Er geriet schnell außer sich, auch wenn er gleich danach wieder völlig normal und verträglich war.
    Weihnachten kam, und die Straße erglänzte im traditionellen Schmuck. Polly Baun kaufte eine Gans und machte damit eins ihrer wenigen Zugeständnisse an das Fest. Es war ein junges Tier, klein aber fleischig, und, was das Allerwichtigste war, sie erstand es von einem anerkannten Geflügelzüchter. Der richtige Festtagsbraten für die zwei. Sie hatten keine Kinder und erwarteten auch keine Gäste, und Polly, eine äußerst sparsame Hausfrau, vertraute darauf, dass noch etwas zum Stephanstag übrigbleiben würde. Dabei hatte sie es gar nicht nötig, sparsam zu sein. Das Hutgeschäft, von dem sie lebten, warf durchaus einiges ab. Die winzige Küche hinter dem Laden diente einem dreifachen Zweck, wie es allgemein hieß. Sie war nicht nur Küche, sondern auch Speiseraum und Wohnzimmer. Sie hätten leicht anbauen können, doch Polly fand, das sei nicht nötig. Sie war mit dem, was sie hatte, zufrieden und vertrat die Ansicht, das größte Problem auf der Welt sei, dass die Menschen nicht wüssten, wann sie genug hätten.
    »Sie sollten den ganzen Tag auf Knien liegen und Gott danken«, war ihr Spruch, wenn ihr Mann wieder von Unzufriedenen zu berichten wusste, die ständig herumjammerten.
    Shaun Baun legte sich auf die Lauer und nahm sich eines regnerischen Abends eine Woche vor Weihnachten den Menschen vor, der seine Frau angegriffen hatte. Ehe der sich abends in den Pub verfügte, drehte er immer eine Runde um das Städtchen. Shaun Baun wollte sich keinen Vorteil verschaffen und nicht mit ihm abrechnen, wenn er bezecht war, zudem sollte er nüchtern genug sein, um mit vollem Bewusstsein nachvollziehen zu können, wie schwer er sich vergangen hatte.
    »Sir«, sprach er also sein Opfer in einer abgelegenen Seitenstraße an, »du bist weder ein Ehrenmann noch sonst ein rechtschaffener Mensch. Du hast meine Frau hinterrücks

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