Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)
Die Frau auf den Strich schicken.“
„Vielleicht konnte sie nichts anderes? Viel Intellekt wies sie jedenfalls nicht auf. Du scheinst in der Beziehung wenig Ansprüche gestellt zu haben.“
„Mensch, du bist doch eine zu blöde Kuh!“
Beide starrten sich hasserfüllt an. Die letzte Bemerkung war ihr entglitten, aber warum musste er auch so zynisch sein? War das die Reaktion auf seine Angst um sie? Oder fürchtete er nur um seine eigene Haut? Egal, die Fronten hatten sich verhärtet, es würde mehr als nur die paar Stunden, die ihnen fürs erste noch blieben, dauern, um wieder in glattes Fahrwasser zu gelangen.
„Axel, so kommen wir nicht weiter.“
„Nein, du wirst nicht sehr weit kommen. Sie werden euer Lügengebilde durchschauen, sei es, weil ihr schlechte Schauspieler seid und euch das schlechte Gewissen aus dem Gesicht strahlt, sei es, dass sie Ungereimtheiten heraushören, oder ihr habt ein wichtiges Detail vergessen, was auch immer. Und auf Lügen haben die Bullen weltweit keinen Bock.“ Er schwieg eine Weile.
Camilla sah ihm ins Gesicht. Er blickte nachdenklich an ihr vorbei. Sie sah keine Spur mehr von der Zärtlichkeit und Wärme, die er ihr immer, auch wenn sie seltenerweise verschiedener Meinungen waren, entgegenbrachte. Sie streckte den Arm aus, um seine Hand zu berühren; er zog sie weg. Schlagartig fühlte sich Camilla, zum ersten Mal seit der letzten Ereignisse, und überhaupt, seitdem sie in Schottland war, völlig allein, verlassen, hilflos. Sie hatte noch Freunde, das wusste sie, aber die zählten nicht. Auf alles hätte sie verzichten können, aber nicht auf die Zuneigung ihres Mannes.
Langsam stand Camilla auf. „Ich fahre jetzt zurück. Was wirst du tun?“
„Genau das, was ihr geplant habt: Ich fahre morgen nach Hause.“
Traurig nickte sie. Hatte sie gehofft, dass er darauf bestehen würde, bei ihr zu bleiben? Und umgekehrt – wie würde sie handeln, wenn
ihm
das alles passiert wäre? Sie stünde auf seiner Seite, auch wenn er jemanden ermordet hätte.
Ihre
Loyalität war grenzenlos, so schien es ihr. Spontan fiel ihr nichts ein, weswegen sie ihn verraten würde.
„Gute Fahrt“, sagte sie und ging langsam zur Tür, hoffend, dass er im letzten Moment noch aufspringen, sie umarmen und trösten würde. Aber das tat er nicht. Nicht einmal ein „Lebwohl“ war zu hören.
Als sie in die Kälte hinaustrat, leuchteten kurz hintereinander Autoscheinwerfer auf. Blind vor Tränen, die sie vor Sekunden noch zurückgehalten hatte, taumelte sie auf den Wagen zu. Plötzlich wurde sie von Armen gehalten und in das Auto gesetzt.
„Was ist denn los?“ fragte Georg.
„Fahr!“ brachte sie kaum hörbar heraus.
„Ist etwas mit Axel?“
„Fahr los!“ rief sie.
„Okay, okay.“
Georg startete en Motor und sie setzten sich in Bewegung.
„Wie gut, dass ich mitgekommen bin“, bemerkte er trocken. „Als wenn ich geahnt hätte, dass du einen Chauffeur brauchen würdest.“
Sie antwortete nicht.
Bis zum Hotel fuhren sie schweigend; nichts außer ihrem Schluchzen war zu hören gewesen. Dass Axel nicht so reagiert hatte wie erhofft, lag auf der Hand. Georg verspürte große Lust, seinem Freund die Meinung zu sagen. Noch nie hatte er Camilla so verzweifelt gesehen. Was musste da bloß vorgefallen sein?
Im spärlich beleuchteten Foyer fragte er sie flüsternd: „Willst du allein sein? Oder soll ich dir Gesellschaft leisten?“ Sie nickte.
„Ja, was?“
„Mir Gesellschaft leisten“, krächzte sie mit brüchiger Stimme.
Leise gingen sie in ihr Zimmer.
„Am besten ist, du ziehst dich aus und legst dich ins Bett. Das war alles ein bisschen viel für einen Tag.“
Sie nickte und verschwand kurz im Bad. Als sie wieder herauskam, hatte er die Bettdecke zurückgeschlagen und stopfte sie um Camilla, als sie im Bett lag. Als nächstes brachte er ihr einen Whisky, mit Wasser verdünnt. „Zigarette?“
Sie nickte. Im Bett zu rauchen fand er zwar ekelhaft, aber man konnte wohl Ausnahmen machen.
„So, nun erzähle. Was war mit Axel?“
Sie erzählte.
Nachdem sie geendet hatte, schwieg er bekümmert. „So eine Reaktion hätte ich ihm nie zugetraut. Er muss mehr Angst haben, als ich gedacht habe.“
„Nein, nein! Er wirkte nicht ängstlich. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn er um mich Angst hat. Er war so… feindlich!“
„Das ist dir sicher nur so vorgekommen.“
Sie berichtete von dem Abschied.
Georg atmete tief ein. „Wahrscheinlich nimmt er an, du hättest wirklich
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