Whisper (German Edition)
Situation umzugehen wusste, da sie diese Art von Zuwendung nicht kannte, so reagierte Stefan sofort. Er schnappte sich das Kind und setzte es Jasmin vorsichtig auf die Beine, die erstaunt, mehr aus einem Reflex heraus, ihre Arme um ihn legte.
„Mama hat eine ganz gute Salbe, die macht, dass es wieder heilt.“
In diesem Moment ging die Tür auf und Kinsky trat ein, erfasste mit einem Blick die Situation und bemerkte den schnellen Wink seiner Frau. Sein Sohn Bobby saß auf Jasmins Schoß, hatte sich offensichtlich mit ihr unterhalten, wollte aber, als er seinen Vater sah, wieder unbedingt auf den Boden gesetzt werden.
„Hast du sie wirklich in den Teich geschmissen, Daddy.“
Der Kleine strampelte auf seinen Vater zu, der ihn mit Schwung auf seinen Arm nahm.
„Ja, das habe ich“, entgegnete dieser scharf, „und ich werde das ab heute mit jedem machen, der sich mit Beleidigungen und Demütigungen nicht zurückhalten kann. Wir sind hier weit ab der Zivilisation. Hier draußen müssen wir uns aufeinander verlassen können, was nur im Team möglich ist. Wer meint, seinen pubertierenden Zickenkrieg hier weiterführen zu können, ist fehl am Platz. Ich glaube, es ist an der Zeit, euch zu erklären, was wir erwarten und was ihr hier drei Wochen lang machen werdet.“
Kinsky wechselte einen Blick mit Susanna und Janina, die bisher unbeteiligt mit am Tisch gesessen hatte. Jetzt war das Team der Six Soul Ranch gefordert, Disziplin und Ordnung einzuberufen.
„Okay“, hörte man Susanna sagen, die von einer Sekunde auf die andere ihre Haltung veränderte. Aus der lieblichen Mama wurde ein harter, unnachgiebiger weiblicher Boss. Sie schüttelte ihre Haare nach hinten, nahm einige Zettel von der Ablage an der Küche und legte sie vor sich auf den Tisch.
„Ihr seid hier“, begann sie und ihre Augen blitzten gefährlich, „weil ihr ein undisziplinierter Haufen selbstsüchtiger, nutzloser und respektloser Jugendlicher seid, die glauben, das Wissen dieser Welt gepachtet zu haben, und sich noch nicht bewusst sind, dass ein Weiterleben auf diesem Planeten nur auf gegenseitige Rücksichtnahme basiert …“ Sie sah kurz in die Runde. Ihr war bewusst, dass sie derb in die Handtasche der Wortwahl gegriffen hatte, und die Antworten standen teilweise schon in Leuchtschrift in den Gesichtern der Kids. Allerdings hielt man sich schwer damit zurück, das auszusprechen, was man sich vielleicht dachte. Lediglich Markus holte kurz Luft, wurde aber von Susanna kurzerhand abgeblockt. „Ich will es eigentlich nicht hören. Das „Das ist nicht wahr“ , oder „Das stimmt nicht“ , oder vielleicht auch „Wieder so eine Tussi, die mir sagen will, was ich tun oder lassen soll“ , oder irgendwas anderes in der Richtung. Ich will es schlicht nicht hören. Eure Eltern haben euch nicht aus Spaß hierher geschickt. Weg von Alkohol, Drogen, Straßengangs, Schlägereien, Laptops, PCs, Play Stations, Fernsehen, und was sonst bisher euer Leben bestimmt hat. Wir leben hier auf einer Ranch, die sich nur erhält, weil alle daran arbeiten. Wir haben hier draußen weder eine reguläre Wasserleitung noch ist es selbstverständlich, dass warmes Wasser aus der Leitung fließt. Es ist nicht ´normal`, dass es jederzeit Strom gibt, der Lampen, wie diese hier in diesem Raum, zum Brennen bringt. Wir haben keine Stromleitungen, sondern einen Generator, der Strom erzeugt. Dieser Generator frisst Diesel, weswegen er nicht ständig läuft. Ihr habt bemerkt, dass wir gute zwei Stunden mit dem Auto zu fahren haben, um den nächsten Laden betreten zu können oder eine Tankstelle zu erreichen. Deshalb müssen wir hier alles gut organisieren, da wir nur alle vierzehn Tage einkaufen fahren. Wird etwas vergessen, dann ist es eben nicht da. Wir sind hier draußen sparsam, versuchen auch, so wenig Müll wie möglich zu machen, da auch Müll weggebracht werden muss. Das heißt, schon beim Einkaufen wird daran gedacht. Alles, was mit endlosen Verpackungen umzettelt ist, wird liegengelassen. Im Allgemeinen wissen das die Händler. Man bekommt alles in größeren Mengen, verpackt in brennbaren Materialien. Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier, Fleisch, haben wir draußen. Wir melken jeden Tag, haben Tiere, die Fleisch oder auch Eier liefern. Wir schlachten am Hof und ihr werdet dabei sein, damit jeder von euch weiß, wie das Fleisch, welches so schön sauber verpackt in der Kühlvitrine im Supermarkt liegt, vorher ausgesehen hat. Wir haben hier Respekt vor den Tieren.
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