Whisper (German Edition)
Das heißt, wir behandeln auch Schlachttiere bis zu deren Tod anständig. Aus dem Wald holen wir Feuerholz. Dabei sind die Männer oft mehrere Tage unterwegs. Holzarbeit ist schweißtreibend. Wenn man es warm haben will, sollte man wissen, wie viel Arbeit dahinter gesteckt hat, bevor man die ersten Stücke ins Feuer legt. Ziel ist, das Hirn bei allem was dem Überleben dient, auch einzuschalten. Auch unseren Lebensraum behandeln wir anständig. Wir leben hier inmitten der Natur, die uns duldet. Da draußen gibt es wilde Tiere. Tiere, die uns töten können. Fühlen sie sich von uns gestört oder bedroht, können sie uns angreifen. Leben wir in Frieden nebeneinander, respektieren sie uns, wie auch wir sie respektieren. Ich will dort draußen niemanden sehen, der Jungtiere stört, den Müll einfach fallen lässt oder sich undiszipliniert verhält.
Eure Arbeit dient unter anderem dem Funktionieren der Ranch und gewährleistet somit euer Überleben. Der Stall gehört jeden Tag gesäubert, die Tiere gefüttert und die Kühe gemolken. Tagwache ist fünf Uhr morgens. Nach dem Stall gibt es Frühstück. Es wird genau geregelt, wer in den Stall muss, wer melkt und wer im Haushalt mithilft. Gewechselt wird jeden zweiten Tag. Die „Damenarbeit“, Ladys, werden wir hauptsächlich auf euch drei Mädchen aufteilen, da Jasmin durch ihre Verletzungen nicht in der Lage ist, fest zuzugreifen. Jasmin“, und dabei blickte sie auf das junge Mädchen, die still und schweigsam ihre Hände in den Schoß gelegt hatte, „wird eine Arbeit verrichten, die für sie machbar ist. Die Jungs werden den Männern draußen helfen. Es gehören Zäune abgeritten und repariert. Der Traktor muss geholt werden, wir haben noch viel Feuerholz zu machen, und außerdem haben wir den „Singing Birds“ versprochen, die Rinderherde von der Nordweide zu holen. Das muss noch vor dem Schnee erledigt werden. Zudem folgt der Reitunterricht. Pferde sind hier draußen nicht nur gute Freunde, sondern lebensnotwendig. Sie sind Partner und Werkzeug zugleich. Ohne Ausnahme wird jeder ein Pferd besteigen …“ Bis auf Stefan bemerkte niemand, wie Jasmin heftig zusammenzuckte und den Kopf hob. Vorsichtig sah er sie von der Seite her an. Hatte sie Angst? Vor was? Vor einem Pferd? Vor seinem geistigen Auge erschienen wieder die Zeichnungen, die die Gestalt eines Pferdes gezeigt hatten. Stefan war sich fast sicher, dass Pferde in irgendeiner Form eine Rolle in Jasmins Leben gespielt hatten. Aber wieso zuckte sie bei dieser Nachricht derart heftig zusammen?
„… und darauf reiten. Wer sich weigert, kann zu Fuß gehen und sein Pferd führen. Glaubt mir, die Wege können hier draußen sehr lang sein. Bisher hat noch jeder gelernt, ein Pferd zu reiten. Schneller als er gedacht hatte. Wer aufmüpfig, undiszipliniert und frech ist, bekommt Sonderaufgaben. Eure Freundin Judith wird morgen den kompletten Schafstall ausmisten. Allein. Wer heute noch frech sein möchte, kann das tun und wird ihr morgen helfen. Die anderen werden nach Elk Mountain fahren. Eure Pferde warten dort oben und wollen nach Hause geritten werden. Stefan wird euch begleiten. Wer Fragen hat, richtet sie bitte an ihn.
Was eure Hütten betrifft, so wünschen wir Ordnung. Wir wollen nach den drei Wochen keinen Saustall aufräumen oder bemalte und beschädigte Wände reparieren. Alle drei Tage gibt es eine Hüttenkontrolle. Ist die Hütte schmutzig oder beschädigt, dann wird einer auserkoren, der beide Hütten saubermachen darf. Wir fragen allerdings nicht danach, wer was gemacht hat, einer muss dran glauben, ob er nun schuldig ist, oder nicht, das ist für uns nicht wichtig. Warmes Wasser gibt es nur, wenn Feuer gemacht wird. Endlos langes Duschen ist nicht drinnen. Duschen dient der Sauberkeit, nicht der Verschwendung. Wenn jemand zu viel Wasser verbraucht, dann wird der Nächste eben nichts mehr haben. Wie ihr das unter euch bewerkstelligt, ist eure Sache. Sollten die Nächte kalt werden, kann der Holzofen in den Hütten angezündet werden. Voraussetzung ist, dass vorsichtig damit umgegangen wird. Die Hütten sind aus Holz. Es gibt in diesem Gebiet keine Feuerwehr. Brennt’s, brennt das Haus nieder und muss neu errichtet werden. Wir haben hier draußen Satellitentelefon und Funk. Es wird nur telefoniert, wenn es absolut notwendig ist. Und sollte sich jemand mit Fluchtgedanken beschäftigen, zu Fuß ist es eine Tagesreise nach Big Bar Creek. Da draußen warten ein paar hungrige Bären und Wölfe auf
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