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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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mehr und mehr Angst machte.
    Auch sein Kamerad stammelte irgendwas von sterben und verbluten.
    „Solange er noch reden kann, wird’s nicht so schlimm sein“, dachte Jasmin verzweifelt und unter Stress stehend bei sich. Für sie war klar, dass jemand, der nicht mehr ansprechbar war, sich in einem weit schlechteren Zustand befand, als jemand, der gerade noch versucht hatte, einen Bären zu erschießen. Ein paar Minuten hatte man am Funk gesagt. Waren die paar Minuten nicht schon längst vorbei? Wenn doch endlich jemand kommen könnte, der mehr von dem verstand, was sie gerade tat. Jasmin hatte den Gedanken noch nicht ganz fertig gedacht, als sie einen Motor aufheulen hörte. Das Mädchen erstarrte, schoss in die Höhe. Sekunden die vergingen und eine Ewigkeit in Anspruch nahmen. Aber sie hatte richtig gehört. Es war eine einfache Straße, gedacht für Waldarbeiter. Und auf diesem steinigen und von Wurzeln durchwachsenen Weg näherte sich der Pick Up, den sie kannte, und der ihr vertraut war. Mit rutschenden Reifen kam das Gefährt zum Stehen und nahezu gleichzeitig flogen die Türen auf. Unbewusst brach Jasmin in Tränen aus, als sie nicht nur Jaros und Kinskys Gesichter erkannte, sondern auch Patrick aus dem Auto springen sah. Heftig schluchzte sie auf, versuchte es zu unterdrücken. Mit einem Schlag ließ die Spannung von ihr ab und sie fühlte, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel. Man hatte sie gefunden. Man hatte sie wirklich gefunden.

17
     
    J asmin wirkte geistesabwesend, als sich der Pick Up endlich in Bewegung setzte, über die Schlaglöcher des Schotterweges holperte, und schließlich jene Straße erreichte, die sie aus der tiefen Wildnis rausbringen sollte. Zuerst hatte sie geweint, an irgendeiner Schulter, sie wusste nicht mehr an welcher. Man hatte versucht sie zu beruhigen, ihr gesagt, dass es gut war, dass alles vorbei war, dass sie sich keine Sorgen mehr zu machen brauchte. Sie hatte nicht geantwortet, nicht gesprochen, noch nicht mal wirklich reagiert. Patrick hatte mehrmals an ihr gerüttelt und aufgefordert zu sprechen, war aber dann von Kinsky daran gehindert worden. Mehrmals hatte er versichert, dass sie geredet, richtig gesprochen hatte. Natürlich glaubte man ihm, aber in erster Linie war es wichtig, die Situation richtig einzuschätzen und zu handhaben, nicht um ein Mädchen wie Jasmin zum Sprechen zu zwingen. Irgendwann hatte man sie dann in den Pick Up verfrachtet. Jasmin selbst bekam wenig von dem mit, was rund um sie passierte. Es ging alles viel zu schnell. Man hatte den Pferdeanhänger an Jaros Pick Up gekoppelt und es gab Leute, die sich um die verletzten Wilderer kümmerten. Jasmin war am Ende ihrer Kraft. Sie spürte die Bewegungen des Fahrzeuges, fühlte, wie die Stoßdämpfer die teils tiefen Löcher auszugleichen versuchten, hörte den Motor und bemerkte, wie der Stress von ihr abfiel. Sie war froh und dankbar in dem Wagen zu sitzen und ließ noch einmal ihren Blick am Waldrand vorbeigleiten. Vermutlich war sie die Einzige, die ihn sah, den Bären, der einen schnellen Blick auf das Auto warf, aber dann hinter dicken Bäumen verschwand. Jener Bär, der sie begleitet und davor bewahrt hatte, erschossen zu werden. Jasmin formte in ihrem Kopf das Wort ´danke`! Es gab so viel, wofür sie keine Erklärung hatte, und die sie eigentlich auch nicht wollte. Dieses einmalige Gefühl im Herzen zu tragen, mit der Natur verbunden zu sein, dafür brauchte sie keine Erklärung. Es erfüllte sie, gab ihr Kraft und inneres Gleichgewicht. Etwas, was ihrem Gemüt mehr als nur guttat und sie entdecken ließ, dass sie trotz allem, was ihr widerfahren war, Fähigkeiten hatte, für die sie weder ein schönes und reines Antlitz brauchte noch zwei voll funktionstüchtige Hände.
    Die Fahrt dauerte eine Weile. Kaum einer in dem Fahrzeug sprach ein Wort. Kinsky blickte von seinem Sitz aus hin und wieder auf Jasmin, doch diese starrte nur aus dem Fenster, ohne sich dabei groß zu bewegen. Sie war schmutzig. Blut klebte an ihrer Kleidung. Kinsky holte sich bereits zum x-ten Mal, jenes Bild in seinen Kopf zurück, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ein schüchternes, verängstigtes in sich gekehrtes Wesen, die nicht sprach und mit sich und der Welt allein sein wollte. Wenn er Patricks kurzer Schilderung glauben schenken durfte, so hatte Jasmin gezeigt, was in ihr steckte. Sie hatte gewaltige Grenzen überschritten und riesige Steine beiseite geräumt um ihren Kameraden helfen zu können, wo sie doch nur

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