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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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schon vielen das Reiten beigebracht, aber noch nie hat er sich so sehr an jemanden gelehnt, wie an dich. Vielleicht solltest du ihm eine Chance geben?“
    Jasmin hielt in ihrer Bewegung inne, ordnete mit zwei Handgriffen einige Mähnenhaare und wandte sich Jaro zu.
    „Eine Chance?“ Verständnislos sah sie ihn an. „Was für eine Chance?“
    Jaro zuckte mit den Schultern, legte dem Pferd eine Decke über und nahm ihr das Zaumzeug ab.
    „Ich müsste mich schon schwer täuschen“, er gab dem Pferd einen sanften Klaps, „aber ich glaube, Tom sucht deine Freundschaft, deine Liebe, und du reagierst nicht auf ihn.“
    Jasmin beobachtete Jaro, wie er die Decke zurechtzupfte, und schloss die beiden Frontschnallen. Dabei legte der Wallach seinen Kopf vorsichtig auf ihre Schulter. „Tom ist lieb“, erklärte sie leise aber trotzdem bestimmt, „aber Tom ist nicht Whisper.“
    Im selben Moment wusste sie … es war falsch. Es war ganz und gar falsch, was sie da sagte. Es war absolut nicht fair. Fast automatisch wandte sie sich um, blickte zu Toms Kopf, der sich abwandte und den Kopf senkte. Es war fast so, als hätte er die Worte verstanden und seine Reaktion darauf … Jasmin fühlte den Stich in ihrem Herzen.
    Vorsichtig strich Jaro über Toms Rücken, beobachtete die stille Kommunikation, die nur Sekunden dauerte, hielt ganz kurz inne, bevor er einen Schritt auf Jasmin zutat. „Tom ist Tom“, meinte er leise und knetete seinerseits den festen Mähnenkamm des Pferdes. „Er ist real, echt, und er hat in deine Seele gesehen. Er will niemanden ersetzen, er will hier und jetzt dein Freund sein. Du hast ihn bisher nur als Pferd gesehen. Sieh ihn mit anderen Augen. Du siehst und akzeptierst so vieles, aber an ihm schaust du vorbei.“
    Jaro brachte Tom in seine Box und gab ihm etwas Heu. Doch der Wallach stellte sich teilnahmslos in eine Ecke. Jasmin beobachtete ihn. Er wirkte irgendwie … traurig.
    Der Indianer trat auf das Mädchen zu, die mit einem sehr seltsamen Blick auf das Tier starrte, legte sanft den Arm um ihre Schultern und bugsierte sie aus dem Stall raus.
    „Du hast Tom bisher nur benutzt, als Pferd. Aber ich glaube, dass du die Fähigkeit hast, ihn als mehr zu sehen, als nur als Pferd. Genauso, wie er in dir so sehr viel mehr gesehen hat. Du solltest darüber nachdenken. Die Raben, der Grizzly, du lässt dich von ihm“, dabei deutete er auf den Wallach, „durch den Wald lotsen. Verlässt dich auf sein Wissen. Jasmin, du warst Teil dieses Waldes, hast dich bedingungslos führen lassen. Dieses alte Pferd, von dem du sprichst, Whisper … Du hast sie wiederentdeckt, in der Gestalt eines Palominos. Man benötigt sehr viel Liebe für ein Pferd, um sowas möglich werden zu lassen. Jeder Schritt, den du tust, wird überwacht. Sieh hin!“ Als ob sie die Worte verstanden hätten, begannen die Raben, die über Stefans Haus auf einem Ast saßen, heftig miteinander zu streiten, zupften sich Federn aus und versuchten einander vom Baum zu stoßen, was anhand angewachsener Flügel eher ein schwieriges Unterfangen war.
    „Du weißt, dass sie für dich da sind.“ Jaro deutete mit dem Kopf zu den Vögeln. „Sie haben dir den Weg gezeigt. All das lässt du zu. Aber vergiss dabei Tom nicht. Whisper hat für dich eine starke Aura, aber vielleicht möchte Whisper nur eines. Dein Glück! Sie kennt den Schmerz in deinem Herzen und in deiner Seele, besser als jeder andere. Tom hat so sehr darum gebeten, dein Herz zu streicheln und die Wunden deiner Seele zu überdecken. Während andere Wesen dich durch den Wald führen und dir die Kraft geben, Worte wieder zu benutzen, könnte Tom derjenige sein, der mit dir den Weg geht, den du damals mit Whisper gegangen bist, und der euch so tief miteinander verbunden hat.“ Jaro unterbrach sich und beobachtete sie von der Seite her. Nein, seine Worte gingen ganz sicher nicht an ihr vorbei. Kino hatte ihm von dem alten Pferd erzählt, und was über die Liebe zu ihm möglich geworden war. Loszulassen, eine harte Kunst, wenn man etwas gehen lassen sollte, was einem alles bedeutet hatte.
    Jaro wollte schon die Veranda betreten, die sie erreicht hatten, blieb aber nochmal stehen und sah Jasmin in die Augen.
    „Sag mal“, es war ein kurzes Lächeln, welches über sein Gesicht huschte. „Was hattest du eigentlich heute vor, als du den Wilderern nachgeritten bist? Hättest du ihnen etwas getan?“
    Zuerst sah ihn das Mädchen groß an, schüttelte aber nach einer Weile den Kopf.
    „Ich?“

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