Whisper (German Edition)
Tischkante. David blieb im Hintergrund. Das war jetzt eine Sache zwischen Jasmin und den Menschen, die versucht hatten, ihr eine Familie, Eltern und Vertraute zu sein.
Manuel beobachtete sie mit einer gewissen Skepsis. Es war unschwer zu erraten, dass ihm der Verlauf der Dinge nicht unbedingt gefiel.
„Jasmin, ich …“
Die Frau holte sich die Hand ihrer ´Tochter`, hielt sie fest, wollte das Wort ergreifen, doch ihr Mann würgte sie ab, kaum dass sie begonnen hatte.
„Du weißt, warum wir hier zusammensitzen, nicht?“
Zuerst versuchte Jasmin in seinem Antlitz zu lesen, zu erforschen, auf was er hinaus wollte, nickte aber dann leicht mit dem Kopf, als sie zu keinem wirklichen Ergebnis kam.
„Deine Mutter …“ Er zögerte kurz, als würde dieses Wort etwas ganz Eigenes bedeuten. „Sie hat gestern eine Entscheidung ohne mich gefällt, was nicht unbedingt in meinem Sinne ist. Aber ich glaube, dass ich von der gesamten Mannschaft hier gelyncht worden wäre, hätte ich versucht, mich dagegen zu wehren.“
War da wirklich ein zartes Lächeln im Gesicht dieses Mannes zu sehen, der gestern seine Autorität noch untermauert hatte? Jasmin versuchte abermals vorsichtig in seinen Zügen zu lesen. Auf was wollte der Mann hinaus?
„Nicht nur deine Mutter, sondern auch diese Familie hier“, und dabei sah er sich kurz um, um zu zeigen, wen er meinte, „hat einen entscheidenden Teil dazu beigetragen, dass du hier bleiben kannst. Und wenn es deine Freunde nicht gegeben hätte … ich weiß nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass sich alles so verändern würde, als wir damals deinen Platz auf Six Soul gebucht haben. Aber wenn ich ehrlich bin, was immer du hier erlebt hast, es hat dich stark verändert, und ich müsste ein alter Trottel sein, das nicht zu sehen.“
Ein Trottel???
Nie im Leben hätte sich Manuel Devot selbst jemals als Trottel bezeichnet. Was war in dem Mann vorgegangen? Was war in der Nacht auf Six Soul passiert? Jasmins Ausdruck veränderte sich etwas, wurde erstaunter, in gewisser Weise auch ratlos. Noch immer hielt Johanna wie zur Unterstützung ihre Hand, und als sie der Frau einen unsicheren Blick zuwarf, zwinkerte diese leicht. Hatte sie sich wirklich zu viele Sorgen gemacht?
„Ich glaube“, fuhr der Mann fort, „es ist das Beste, dich dieser Familie, wie heißt sie doch gleich … äh …“
„Singing Bird“, raunte ihm seine Frau zu.
„Ach ja … also … eh … ich denke, es ist gut so, dich der Familie Singing Bird zu übergeben. Ich gebe zu, mit der Mentalität ihrer ´Rasse` etwas überfordert zu sein. Aber ich muss nicht mit ihnen auskommen, sondern du. Und beide … dieser … wie heißt er doch gleich, ach ja, Jaro, also dieser Jaro, wie auch David haben mir bestätigt, dass sie nicht nur für dich sorgen werden, sondern auch später für deine Ausbildung die Verantwortung übernehmen. Ich habe versprochen, sie bei allem finanziell zu unterstützen. Mir ist das einfach wichtig. Und wenn dein Freund hier“, er warf Kino einen Blick zu, „ so wichtig für dich ist, dann werde ich auch das akzeptieren. Es war deine Mutter, die mir diese Entscheidung abgenommen hat, eigenständig wie sie manchmal ist …“ Und dabei warf er der Frau einen eigenen Blick zu, um sich dann wieder dem Mädchen zuzuwenden. „Jasmin, ich kann nur hoffen, dass diese Entscheidung nicht falsch ist, die wir hier gefällt haben und du wirklich glücklich wirst, denn das ist es, was wir alle wollen.“ Er machte eine kurze Pause, atmete durch. „Doch es gibt noch etwas, was mir ganz wichtig ist. Und das will ich hier an Ort und Stelle ebenso vollbringen.“
Er stand auf, schnappte Jasmin am Arm und deutete zur Tür,
„Gehen wir hinaus. Ich glaube, einen bedeutenden Fehler wieder ausbessern zu müssen.“
Hilfesuchend blickte Jasmin in Davids Richtung, doch der nickte nur leicht, deutete mit dem Kopf zur Tür, während ein kurzes Lächeln sein Gesicht überzog. Manuel Devot achtete nicht auf die anderen, sondern schob Jasmin vor die Haustür, und als sie hinaus auf die Veranda traten, wurde ihr schlagartig bewusst, dass sich Dinge abspielten, die man bewusst an ihr vorbei gemogelt hatte. Manuel, seine Worte, Johannas glitzernden Augen, das Lächeln Davids, Kinos Zurückhaltung und Jaros Aufforderung, sich keine Sorgen zu machen. Es war, als hätte man auf Six Soul ein Komplott heraufbeschworen. Sie kam sich vor, wie in einer anderen Welt, wie weit entfernt, nicht wirklich präsent, und doch war es die
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