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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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tiefster Überzeugung und ohne darüber nachzudenken, dann schafft sie Momente, die man für unmöglich hält und nicht erklären kann. Danke, dass du einen dieser Momente geschaffen hast.“
    Tom schnaubte kurz, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Heu zu, das vor ihm am Boden lag.
    Johanna musste schlucken. Sie überlegte nicht, ob es möglich war, ob sie unter Halluzinationen litt, ob sie eine Gedächtnisstörung hatte, oder unter einem anderen Syndrom erkrankt war. Sie wusste, dass die Worte von der toten Whisper kamen. Sie wusste es einfach. Und die Tatsache, dass dieses nicht mehr existente Wesen zu ihr sprach, berührte sie nicht nur tief, sondern ließ eine Welle durch ihren Körper jagen, die sie nicht beschreiben konnte. Etwas hatte sie ergriffen, sich in ihr eingenistet und war bereit, sich dort auszubreiten. Johanna war sich absolut sicher, dass es nichts Bedrohliches oder Schlechtes war, sondern etwas, was sie gern in ihrem Herzen tragen würde.
    Irgendwie schaffte sie es, ihren Blick von dem Pferd abzuwenden und Jasmin den Arm um die Schultern zu legen.
    „Gehen wir hinaus, Jasmin. Ich denke …“
    „Jasmin?“
    Jemand hatte den Stall betreten und rief leise den Namen des Mädchens. Und dieser jemand trat nahezu lautlos näher und sah, wie Johanna Jasmin aus der Box schob und diese hinter sich verriegelte.
    Jasmin reagierte auf den Mann, löste sich von ihrer Pflegemutter und war mit wenigen Schritten bei Kino, um ihm vorsichtig die Arme um den Hals zu legen. Er wechselte kurz einen Blick zwischen der Frau und dem Mädchen. Beide hatten geweint. Er konnte es sehen, allerdings war es schwer abzuschätzen, was gesprochen worden war. Doch Jasmin ließ ihn nicht lange im Unklaren.
    Eng schmiegte sie sich an ihn, berührte mit ihrem Gesicht das seine, und als sie in der Nähe seines Ohres war, glitten die Worte weich wie Butter über ihre Lippen.
    „Ich werde hierbleiben. Whisper hat das Unmögliche möglich gemacht.“
    Nein, Kino fragte nicht nach, ob es wirklich stimmte, ob es wahr war, was sie da sagte, brach nicht in Freudengeheul aus, sondern intensivierte einfach seinen Griff rund um das Mädchen, küsste sie auf den Hals, schloss die Augen und presste sie dicht an sich. Wem er dankte, war nur schwer zu erraten. Er war sich sicher, dass es da viele Mitwirkende gab. Aber Whisper hatte einen entscheidenden Teil dazu beigetragen. Johanna trat an ihm vorbei, griff ihm wie zur Bestätigung auf den Arm und drückte kurz zu. Sie war überzeugt, genau das Richtige getan zu haben. Es gab gar keine andere Lösung. Jasmin gehörte nicht nur hierher, sie gehörte an Kinos Seite, ohne Zweifel und Umschweife.
    Leise trat sie an den beiden vorbei und verließ den Stall. Die Hürden, die jetzt noch zu überklettern waren, sollten Jasmin nicht mehr betreffen. Sie hatte das höchste Hindernis bereits übersprungen.
    Kino konnte es so schwer fassen. Seine Jasmin würde bei ihm bleiben. Würde ihn nicht mehr verlassen und er brauchte auf sie, ihren Duft, ihre Berührungen, ihre Scherze, ihr Gesicht und ihre Einzigartigkeit nicht verzichten. Kurz öffnete er die Augen, atmete heftig durch. Und dabei fing er Toms Blick ein. Das Pferd sah zu ihm herüber, hielt den Kopf leicht schief, sodass er direkt in sein Auge blicken konnte. Ein Auge, das ganz eigen glänzte und schimmerte. Kino konzentrierte sich auf das Auge, fixierte es. Es war, als würde es sich verändern. Es war nicht mehr dunkel, sondern leuchtete, als hätte man kleine Lämpchen darin eingeschaltet. Kino fragte sich, was das wohl zu bedeuten hatte, beobachtete das Auge genauer, bis sich die Lichter darin zu einer Kontur zusammenschoben. Ein Bild entstand. Ein Bild, das sich vergrößerte, sein eigenes, geistiges Auge erfasste und somit erkennbar wurde. Es schien immer klarer, deutlicher, bis Kino schließlich erkannte, was sich da formte. Mehr oder weniger vor ihm stand sie, die Palominostute, mit blütenweißem Langhaar, vorne zweimal weiß gefesselt, hinten zweimal weiß gestiefelt, mit einer Blesse, die in der Mitte der Stirn seinen Ursprung hatte und über die rechte Nasenseite verlief. Sie stand nur da, schüttelte den Kopf, starrte ihn an, nickte einige Male, ließ ihren dichten Schweif von links nach rechts über ihren Körper gleiten, bevor das Bild wieder verschwamm, immer mehr zerriss und sich schließlich auflöste. Es war wieder Toms Auge, das er vor sich hatte. Tom, der schwarze Quarterhorsewallach, der Jasmin überall hin folgte,

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