Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
Vom Netzwerk:
auf.
    „Jasmin? Was macht sie denn hier?“, entfuhr es ihm, doch er musste sofort wieder nach unten greifen, da das Kalb abermals anfing, wild zu zappeln und um sich zu schlagen. Die Augen auf das Mädchen gerichtete, beobachtete Kino, wie sie zwar vorsichtig und dezent, aber trotzdem ziemlich zielstrebig, die Augen auf niemanden gerichtet, auf den Pick Up zuging. Sie hob ihren Kopf erst, um einen Blick auf das Kalb werfen zu können, welches ihr mit riesigen Augen, weit geöffneten Nasenlöchern und heftig pumpender Lunge entgegenstarrte. Die Wunde an seinem Schenkel blutete stark. Mittlerweile hatte es die Ladefläche verschmiert, da es sich ständig gegen seine Fessel wehrte.
    Überrascht über ihr Verhalten trat Kino an das Mädchen heran und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    „Jasmin“, sprach er sie ein weiteres Mal an, doch sie hatte ihren Blick starr auf das junge Rind gerichtet, zeigte einmal mehr, keine Reaktion. Oder doch? Kino beobachtete, wie sie langsam ihre Hand hob, die Finger ausstreckte und vorsichtig nach dem Kopf des Tieres griff. Jaro hielt inne, bemerkte ihre Absicht, starrte ihr seinerseits verwundert entgegen, während Kino nahezu die Luft anhielt. Selbst der Windhüter war zwei Schritte näher gekommen, spürte deutlich, dass sich mit dem Erscheinen des jungen Mädchens etwas in der Atmosphäre verändert hatte, und hinderte auch den RCMP-Beamten nicht, etwas näher zu treten. Auch er schien die veränderte Aura zu bemerken.
    Jasmin berührte die Nase des Kalbes, ließ ihre Finger durch sein Fell gleiten, strich am Kopf entlang, Richtung Auge, welches sie sanft umstreichelte. Ruhig glitt sie über seinen Backenknochen und fuhr an der Unterseite des Schädels wieder retour. Schleim tropfte aus dem Maul des Tieres. Es röchelte vor Angst und von der Anstrengung, hatte noch immer seine Augen weit aufgerissen. Doch als es die Finger spürte, die weich über seinen Kopf strichen, war es zuerst der Blick, aus dem die Panik entwich. Das Tier begann sich spürbar zu beruhigen, die Atmung senkte sich, während es begann, seine Beine zu entspannen und ruhig liegenzubleiben. Es dauerte nur kurze Zeit, bis es seinen Kopf auf den Boden der Ladefläche legte, das Maul schloss, sich kurz über die Lippen leckte und eine ruhige, abwartende Haltung einnahm. Jasmin strich weiter über Nase und Stirn, befühlte jene Ansätze, wo später einmal die Hörner wachsen würden und berührte sanft die Ohren des Tieres. Sie zuckte leicht zusammen, als sie plötzlich ein Bild vor ihrem inneren Auge hatte. Ein Fahrzeug, ein Geländewagen von dunkelgrüner Farbe, alt, leicht rostig. Zwei Männer liefen darauf zu, warfen mehrere Säcke auf die Ladefläche, deckten sie hektisch, aber doch sorgfältig zu, sprangen in das Innere des Wagens, ließen den Motor an und fuhren mit greifendem Allrad davon. Zurück blieb ein Kadaver. Ein Bär, groß, mächtig, ohne Tatzen und ohne Kopf. Das war der Moment, in dem Jasmin den Kopf des Kalbes losließ. Sie erschrak vor der Grausamkeit des Bildes, vor dem Blut, vor der Verstümmelung.
    Kino legte seine Hand sanft auf die ihre, da er ihr Erschrecken bemerkt hatte. Von der Seite her sah er sie an. Ihre Augen glänzten, ihr Mund war schmal. Irgendwie geistesabwesend wandte sie ihm ihr Antlitz zu, sodass es Kino möglich war, ihr direkt in die Augen zu blicken. Sie hatten ein eigenes Funkeln, ein Stechen, etwas, was ihm sagte, dass sie zuerst zurückkommen musste, von irgendwoher, er wusste nicht von wo.
    „Es ist gut, Jasmin“, flüsterte er ihr zu, hoffend, dass sie es hörte, dass es ankam. Unsicher war sein Blick, den er auf seinen Vater warf. Auch er wechselte den Blick zwischen ihr und seinem Sohn, starrte dann auf das Kalb, welches völlig ruhig und entspannt vor ihm lag, dann auf die beiden Männer. Auch an ihnen war die Szenerie nicht vorbeigegangen, wie sie damit umgingen, er wusste es momentan noch nicht mal selbst.
    Um den stehengebliebenen Film wieder in Bewegung zu setzen, kam Dan näher, wagte es, Kino zart zuzulächeln, was eher verhungert aussah, und griff nach den Vorderbeinen des Kalbes.
    „Wir sollten es in den Stall bringen, solange es ruhig ist“, meinte er leise und warf einen nahezu direkten Blick in Jasmins Gesicht. Für Sekundenbruchteile erstarrte er, um sich sofort wieder in der Gewalt zu haben. Nur ein guter Beobachter hätte dieses kurzzeitige Einfrieren seines Ichs bemerken können. Jaro konnte es. Rasch griff er nach den Hinterbeinen des

Weitere Kostenlose Bücher