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Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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schlechte Haut vom jahrzehntelangen Rauchen. Auf ihrer Stirn prangte eine schlimme, zackige Narbe, und als sie anfing zu sprechen, stellte Becca fest, dass sie einen chronischen Husten und dunkel verfärbte Zähne hatte. Aber sie war ordentlich gekleidet, trug Jeans, Tennisschuhe, ein Oxford-Shirt und einen weiten Pullover. Als sich ihre Blicke trafen, nahm Becca deutlich den Duft von Babypuder wahr.
    Es geschah genau so, wie Seth es vorhergesagt hatte. Die Frau kam direkt auf Becca zu. »Ich bin Debbie Grieder. Und du siehst aus, als könntest du eine Umarmung gebrauchen.« Bevor Becca antworten und entscheiden konnte, ob das stimmte, hatte Debbie sie schon von der Bank gezogen und in die Arme geschlossen. Becca empfand nichts als reinstes Wohlbehagen.
    »Wie heißt du, Liebes?«, fragte Debbie.
    »Becca King. In der Stadt sagte mir ein Junge, dass ich hierherkommen soll.«
    »Tatsächlich?« Debbie fragte nicht, wer das gesagt hatte, und Becca überlegte, ob die Kinder von Langley wohl regelmäßig zu ihr kamen.
    Debbie rieb sich die furchtbare Narbe auf der Stirn, und als hätte die Narbe ihr gesagt, was sie tun müsse, nickte sie und sagte zu Becca, sie solle mitkommen. Sie gingen zu dem alten Geländewagen, der zum Teil behelfsmäßig geflickt und zum Teil völlig verrostet war. Dann sagte sie: »Steig ein, Liebes. Ich nehm dich mit.«
    »Aber ich habe mein Fahrrad hier und ein paar Sachen«, sagte Becca und zeigte auf das Fahrrad.
    »Kein Problem«, antwortete Debbie. »Bring alles her. Passt schon.«
    Sie wartete, bis Becca ihre Sachen aufgesammelt und ihr Rad zum Geländewagen geschoben hatte. Dann half sie ihr, Rad und Gepäck im Wagen zu verstauen, und danach stiegen die beiden zusammen ein.
    Im Wagen roch es, als wären hier im Laufe der Zeit zwei Millionen Zigaretten geraucht worden. Debbie steuerte eine weitere Zigarette bei und kurbelte das Fenster herunter. Doch das nützte nicht viel, denn der Aschenbecher quoll von Kippen über und sogar auf dem Boden lagen welche herum.
    Debbie machte Musik an, wie das Leute eben so taten, wenn sie nicht mit ihren Gedanken allein sein oder über ernste Themen sprechen wollten. Es lief Hard Rock. Doch ebenso abrupt, wie sie das Gerät eingeschaltet hatte, machte Debbie es wieder aus und fragte Becca: »Wo soll ich dich denn hinbringen, Liebes?«
    Becca wusste nicht, was sie antworten sollte. Seth hatte ihr zwar gesagt, dass Debbie ihr helfen würde, aber er hatte nicht darüber gesprochen, wie diese Hilfe aussehen würde, und ob sie vielleicht selbst etwas dazu tun müsse.
    Debbie musterte sie wie eine Mutter ihr Kind. »Du weißt nicht, wo du bleiben sollst, was? Suchst dir jede Nacht was Neues, ja? Bist du von zu Hause weggelaufen?«
    Beccas Finger tasteten nach dem AUD-Box-Regler und sie schaltete ihn runter. Sie musste wissen, was Debbie dachte.
    … red schon, Mädchen …
    Becca spürte, wie wichtig ihre Antwort sein würde, und dass Debbie die Wahrheit hören wollte. Sie mit einer Lüge abzuspeisen, hätte vielleicht zur Folge, sie zu vergraulen, denn Debbie hatte wohl schon viel im Leben verloren, weil sie von Menschen belogen worden war. Aber die volle Wahrheit konnte sie ihr nicht verraten, also entschied sie sich für einen Mittelweg.
    »Ich soll meine Mutter hier treffen«, sagte Becca. »Sie hat mich abgesetzt und holt mich irgendwann wieder ab.«
    »Irgendwann heute?«
    »Ich weiß nicht genau … Sie hat nur gesagt, dass ich auf sie warten soll.«
    Und dann wartete sie auf Debbies Reaktion. Sie fügte hinzu: »Also suche ich tatsächlich einen Platz zum Schlafen. So lange, bis sie zurückkommt.«
    »Wie alt bist du denn, Kleines?«, fragte Debbie.
    Becca wollte erst schwindeln, doch dann überlegte sie es sich anders. »Im Februar werde ich fünfzehn.«
    »Und deine Mom hat dich einfach so in Langley abgesetzt?«
    »Ich soll nur auf sie warten«, sagte Becky. »Sie kommt ja zurück.«
    »Vierzehn?«
    »Fast fünfzehn«, ergänzte Becca.
    Debbie sah sie prüfend an, doch dann wurde ihr Gesichtsausdruck weicher, und sie wiederholte: »Fast fünfzehn.« Sie legte den Gang ein und fügte nachdenklich hinzu: »Sieh einer an.«
    Becca wusste nicht, was sie damit meinte, aber früher oder später würde sie es schon herausfinden.

K APITEL 6
    Debbie fuhr an den Stadtrand zu einem alten Motel namens The Cliff , das Becca am Morgen auf ihrer Fahrt in die Stadt gar nicht bemerkt hatte. Es machte auch nicht viel her. Es bestand aus zehn Zimmern, mit ein paar

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