Whisper Island (01) - Sturmwarnung
Loch in den Rücken zu bohren schien. Er dachte, er machte möglicherweise etwas falsch, und blickte zu dem Mann hinüber. Mrs Cartwright massierte ihm die Schultern, während sie den Kopf schief legte und ihren Blick liebevoll auf Seth ruhen ließ. Mr Cartwright schaute verärgert und stieß ihre Hände von seinen Schultern.
»Ich hab gesagt, ich verweichliche noch völlig«, fuhr er sie an. »Hör gefälligst damit auf, Julie.«
Sie nahm die Hände herunter und presste die Lippen zusammen, und Mr Cartwright sagte zu Seth: »Man tritt ’n bisschen langsamer und schon wird man ständig von ’nem Haufen Frauen betüdelt, als wär man ein Invalide.«
»Ein Haufen Frauen?«, fragte Seth lächelnd zurück. »Hört sich gut an, finde ich.«
Ich würde mich schon mit einer Frau zufriedengeben, dachte er, und diese Frau war eigentlich noch ein Mädchen, und dieses Mädchen war Hayley. Da gab Mr Cartwright eine Art Schnauben von sich. Seth blickte auf und sah, dass Hayleys Dad weinte. Außer diesem einen Schnauben gab er keinen weiteren Laut von sich, während ihm Tränen das Gesicht hinunterliefen. Seth wandte sich ab, machte sich wieder daran, wie ein Besessener Holz aufzustapeln, und wartete darauf, dass irgendjemand etwas sagte oder tat, aber nichts passierte.
»Nun ja«, kam schließlich von Mrs Cartwright. Sie klatschte in die Hände, als wollte sie die beiden Männer auf sich aufmerksam machen. »Ich geh wieder ins Haus und mach euch zwei ein paar Sandwiches. Junge Männer wie ihr müssen anständig was essen.«
Seth fragte sich, ob ihr gar nicht aufgefallen war, dass ihr Mann weinte. Da sie hinter ihm gestanden hatte, war das durchaus möglich. Aber ihre Stimme und der scharfe Blick, den sie ihm zuwarf, verrieten Seth, dass sie es wusste und ihm zu verstehen gab, dass er es nicht erwähnen sollte. Das war ihm nur recht, denn einen erwachsenen Mann zu fragen, warum er lachte und weinte und stolperte und Sachen fallen ließ, war so ziemlich das Letzte, wonach Seth der Sinn stand.
Deshalb sagte er: »Danke. Das wäre nett.«
»Gut«, erwiderte sie. »Ich hab noch etwas Schinken übrig.«
Sie streckte die Hand aus, um ihrem Mann auf die Beine zu helfen. Er wich abrupt von ihr zurück. »Julie, sehe ich so aus, als bräuchte ich deine Hilfe?«
Ihre Augen wurden glasig, aber sie trat zur Seite und wartete, bis er sich hochgerappelt hatte. Dann ging sie mit ihm in Richtung des Hauses und blieb die ganze Zeit eng an seiner Seite. Auch wenn sie darauf achtete, ihn nicht zu berühren, so warf sie ihm immer wieder Seitenblicke zu, als rechnete sie damit, dass er jeden Moment über seine eigenen Füße stolperte.
Etwas stimmt mit ihm nicht, dachte Seth. Und mit Mrs Cartwright auch nicht.
Als Seth später am Grundstück seines Großvaters ankam, sah er, wie Ralph mit einem alten Holzschläger Tennisbälle durch die Gegend schlug. Er beförderte die Bälle die Böschung hoch in Richtung Abstellplatz, und Gus fegte mit hängender Zunge den Weg hinauf, um sie zurückzuholen.
Der Hund stürmte an Seth vorbei und warf ihn um, sodass Seth in einer riesigen Mahonie landete. Dabei zerbrach er mehrere Zweige, und scharfe Blätter zerkratzten ihm das Gesicht. Er sagte: »Hey, pass doch auf, Gus«, aber darauf zu achten, keine Menschen über den Haufen zu rennen, gehörte in diesem Moment nicht zu den Prioritäten des Labradors. Seth rappelte sich auf und zupfte sich die Blätter aus den Kleidern.
»Was zum Henker treibst du da?«, rief Seth seinem Großvater zu.
Ralph rief zurück: »Ich versuche, diesen Hund so richtig auszulaugen, damit er heute Nacht durchschläft, anstatt am Schaukelstuhl deiner Großmutter herumzukauen.« Er fügte hinzu: »Wir machen das schon seit einer Stunde. Meinst du, ich hab ihn bald so weit?«
»Häng noch ’ne Stunde dran«, gab Seth zurück. »Komm, ich mach weiter«, sagte er und gesellte sich zu seinem Großvater auf den Rasen.
»Dann wechsle jetzt mal die Wurfrichtung«, erwiderte Ralph und reichte ihm den Tennisschläger. »Schlag den Ball zum Teich hin. Ich glaube, im Gebüsch hat er schon genug Schaden angerichtet, und wenn du auf den Teich zielst, könnt ihr zwei nicht viel kaputt machen. Oder schlag den Ball in den Wald, wenn du magst. Dann muss er länger danach suchen.«
Seth entschied sich für den Wald und schmetterte den Ball in diese Richtung. Gus sauste hinterher und fegte durchs Farnkraut. In weniger als einer Minute kam er mit dem Tennisball im Maul zurück. Er kaute
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