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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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seinen schwarzen Kopf durch die Tür und ließ ein beleidigtes Maunzen ertönen. Ganz offensichtlich waren die beiden noch nicht gefüttert worden.
    Ächzend schob Noa Pancake ein Stück zur Seite und stieg aus dem Bett. Das Fenster stand noch offen und die silberne Sternendecke der letzten Nacht war einem tiefblauen, wolkenlosen Himmel gewichen. Sonnenlicht strömte ins Zimmer. Es versprach, ein heißer Tag zu werden. Noa schlüpfte in ihre Jeans, zog sich ein graues T-shirt über den Kopf und wollte gerade hinunter in die Küche gehen, als sie aus Kats Zimmer ein lautes Stöhnen hörte.
    Noas Mutter saß im Bett, den Kopf über eine Suppenschüssel gebeugt, in die sie sich mit krampfartigen Zuckungen erbrach. Die roten Haare fielen ihr ins Gesicht, und als Kat ihren Kopf hob, war ihre bleiche Stirn schweißnass.
    »Was ist denn mit dir los?«
    »Ich sterbe, das ist alles.« Kat versuchte die Schüssel zurück auf den Boden zu stellen, aber ihre Hände zitterten so stark, dass ihr die Schüssel beinahe aus der Hand fiel. Sie war aus ziemlich teuer aussehendem Porzellan und passte so gar nicht zu dem einfachen Geschirr, das Kat in der Stadt gekauft hatte. »Ich kann dir sagen, ich habe eine Höllennacht hinter mir, ich dachte wirklich, es zerfetzt mir den Magen. Wahrscheinlich habe ich diese Pilze nicht vertragen.« Erschöpft ließ sich Kat zurück in die Kissen fallen. »Und wo warst du? Dein Bett war leer, als ich in der Nacht bei dir reingeschaut habe.«
    »Spazieren.« Noa hatte keine Lust, Kat von David zu erzählen. »Soll ich dir was bringen? Vielleicht einen Toast oder einen Tee?«
    »Nein, danke.« Kat presste die Hand vor den Mund, als müsse sie sich allein bei dem Gedanken an Nahrung wieder übergeben. Ihre Stimme klang matt, aber reden konnte Kat immer, ganz egal, wie krank sie war. Worte. Kat brauchte sie wie andere Menschen die Luft zum Leben.
    »Ich habe Gilbert in die Stadt geschickt«, sagte sie. »Hoffentlich treibt er irgendwo ein paar rezeptfreie Tabletten für mich auf, ich habe keine Lust, mich von irgendeinem Dorfarzt unter die Lupe nehmen zu lassen. Ach, so ein Mist, dabei wollte ich heute eigentlich mein Zimmer in Angriff nehmen, aber daraus wird wohl nichts.« Kats Blick schweifte von den unausgepackten Koffern zu den Stapeln von Drehbüchern, ihren Autogrammkarten und den gerahmten Fotos, die neben der alten Frisierkommode an der Wand lehnten. Es waren Porträts von Marlene Dietrich, Greta Garbo, Ingrid Bergman, Monica Bleibtreu und natürlich von Nora Gregor, der Stummfilmschauspielerin, nach der Kat Noa benannt hatte. Ein Foto von Kat war auch dabei. Es war ein Schwarz-weiß-Bild, das Noa vor einem Jahr von ihrer Mutter gemacht hatte. Kat hatte sich ihren Kater Hitchcock wie einen schwarzen Pelz um den nackten Hals gelegt und Noa erinnerte sich noch genau, wie sehr sich Hitchcock gegen diese Behandlung gesträubt hatte. Das Zeichen seiner Missachtung prangte über Kats Brust, ein tiefer Kratzer, der damals ordentlich geblutet hatte und der jetzt auf der Schwarz-weiß-Aufnahme als dunkler Strich auf Kats hellem Dekolletee zu sehen war. Kats rote Haare waren auf dem Foto streng zurückgekämmt, was ihr Gesicht mit den großen grünen Augen, den hochgezogenen Augenbrauen und dem üppigen, herzförmigen Mund umso stärker zum Ausdruck brachte.
    Jetzt waren ihre Haare strähnig, ihre Augen stumpf und ihre Lippen blutleer – aber gut sah sie noch immer aus. Wie sagte man: »Einen schönen Menschen entstellt nichts?« Der Ausdruck traf selbst jetzt auf Kat zu.
    »Die Katzen könntest du füttern.« Kat zog sich die Decke bis zur Nase hoch. »Ich glaub, ich schlaf noch ’ne Runde. Und dann müssen wir uns überlegen, wer uns weiter beim Renovieren hilft. Oder glaubst du, David lässt sich wieder blicken?«
    Noa zuckte mit den Schultern. Über das Renovieren hatte sie mit David letzte Nacht nicht gesprochen – aber als Noa nach unten ging, trat er hinter Gilbert durch die Haustür.
    »Wie geht es Kat?« Gilbert hatte eine Tüte aus der Apotheke in der Hand und sah ziemlich besorgt aus.
    »Zum Kotzen würde ich sagen. Was hast denn du gestern gegessen?«
    »Ich hatte Bratkartoffeln, aber meine Bauchschmerzen lagen wohl eher daran, dass mein Mund mal wieder größer als mein Magen war.« Gilbert grinste David an. »Deine Mutter meint es wirklich gut mit ihren Gästen. Gibt es bei euch immer diese Riesenportionen?«
    David zuckte mit den Achseln. »Wir sind eine Dorfkneipe, kein

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