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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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sich zu Noa umblickte.
    »Das sieht ziemlich nobel aus, kaum zu glauben, dass jemand das alles hier einfach so zurückgelassen hat. Wenn man den ganzen Krempel verkaufen würde, hätte man ein sattes Konto.«
    Noa nickte, aber dann erstarrte sie plötzlich. Der Duft, dieser süße, leicht würzige Duft eines Frauenparfüms – da war er wieder. Hier, in der staubigen Speicherluft roch er noch intensiver als unten im Haus. David hatte es ebenfalls bemerkt. Mit gerunzelter Stirn kam er auf Noa zu. Sein Gesicht näherte sich ihrem Hals, bis Noa seinen Atem spürte.
    »Das bist nicht du.«
    Noa schüttelte den Kopf. Sie benutzte kein Parfüm – und wenn, hätte sie mit Sicherheit nicht diese Sorte gewählt. Wie beim letzten Mal erschien es ihr, als hätte jemand diesen Duft frisch versprüht. Noa musste an ihren ersten Abend denken, an den Moment, als sie mit Kat und Gilbert das Haus verlassen hatte und das Gefühl so stark gewesen war, dass jemand sie ansah. Ihr nachsah, aus dem Haus heraus.
    »Ich frage mich, ob sie uns sehen kann«, flüsterte Noa mehr zu sich selbst. »Ob sie … in irgendeiner Form wirklich hier ist.« David holte Luft, ein langer, tiefer Atemzug. Er sah sich nach allen Seiten um und Noa hatte das Gefühl, als ob er fröstele, trotz der Wärme, die sich hier oben staute. Dann zuckte er mit den Schultern. »Wir könnten sie fragen, wie du schon gesagt hast, gestern Nacht. Ich meine, später, wenn wir dieses … dieses Spiel noch einmal machen, dann könnten wir sie fragen. Aber jetzt lass uns mal nach hinten gehen, okay?«
    David drehte sich um und Noa hielt sich dicht an seinen Rücken. Der hintere Raum war durch eine große Flügeltür vom ersten getrennt. Rechts und links neben dem Türrahmen waren zwei glaslose Fenster in die Wand eingelassen. Aber die Fenster waren jetzt halb verdeckt, weil die Flügeltür weit offen stand. Beide Türhälften waren zum ersten Raum hin aufgeschwungen und sie erinnerten wirklich an Flügel, an große dunkle Flügel. Ein seltsamer Gedanke durchfuhr Noa bei diesem Anblick, eigentlich war es mehr eine Vision als ein Gedanke – eine Vision, die sie erschreckte, weil sie ihr ebenso unerklärlich war wie dieser Duft. Sie sah zwei Menschen: Den einen hinter dem linken, den anderen hinter dem rechten Türflügel versteckt, wie sie durch das glaslose Fenster in den hinteren Raum schauten wie auf eine Bühne.
    »Na, geht deine Phantasie mit dir durch?« David legte Noa die Hand auf den Arm, als habe er bemerkt, was sich in ihrem Gesicht abspielte. »Meine Güte, du hast ja eine richtige Gänsehaut.«
    Noa kniff kurz die Augen zu, dann machte sie einen entschlossenen Schritt nach vorn. Der zweite Raum hatte tatsächlich etwas von einer Bühne, vielleicht war ihr deshalb dieses seltsame Bild in den Sinn gekommen. Nur ein einziges Möbelstück stand auf dem staubigen Holzboden. Es war eine dunkelrote Couch – oder Chaiselongue, wie Kat sie nennen würde.
    Die Wand dahinter fehlte. Hinter der Chaiselongue klaffte ein Abgrund – die Schwelle zur Scheune.
    Noa wurde es augenblicklich schwindelig. Sie krallte sich an Davids Hand, wollte ihn zurückziehen, aber David ging weiter und Noa ließ ihn los.
    »Ganz schön tief«, bemerkte er leise, als er sich nach vorne beugte. »Vier, fünf Meter müssten das sein.«
    »Komm zurück. David, bitte, komm zurück, ich … ich kann das nicht sehen.«
    David blickte sich zu Noa um. »Ach ja, die Höhenangst«, erinnerte er sich lachend und Noa war wütend, furchtbar wütend, als David jetzt noch einen Schritt nach vorne machte und die Arme wie im Flug ausbreitete.
    »Lass das, verdammt noch mal, das ist kein Witz. Lass das oder ich gehe sofort wieder nach unten!«
    »Schon gut, schon gut.« David kam zurück und musterte die schrägen Wände. Die sie haltenden Holzbalken waren unten durch Stroh und Schaumgummi windsicher gemacht worden, aber an einigen Stellen bahnte sich die Luft scheinbar doch einen Weg in den Speicher, Noa erkannte es an den Staubkörnern, die auch hier über den Boden tanzten, als würden sie von draußen angeweht. An einer Stelle lugte ein silbergraues Stück Stoff hervor. Es war nur ein winziger Zipfel, den man eigentlich kaum sah. Aber jetzt stach er Noa regelrecht ins Auge.
    Sie kniete vor der Stelle nieder, zog an dem Stoff – es war Seide –und merkte, dass dadurch der Schaumgummi nachgab. Man konnte es ganz leicht herausziehen. Der dahinter verborgene Stoff schien zu einer Art Kimono zu gehören, aber jetzt

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