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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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der jetzt am Fenster lehnte. Der Himmel hatte sich rötlich gefärbt, über dem Walnussbaum im Garten hing eine einzelne Wolke. Sie sah aus, als hätte sie sich in den Zweigen verfangen wie ein dünnes Kleid.
    Noas Kopf war ein Durcheinander von Fragen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    David schloss das Fenster und fuhr sich mit den Fingern durch das helle Haar. »Was mich am meisten wundert, ist, dass sie in Düsseldorf verschwunden sein soll«, sagte er und überging damit das Thema, das Noa jetzt am meisten auf der Seele lag. »Das ergibt doch irgendwie keinen Sinn, oder?«
    Noa zuckte mit den Achseln. »Ich komme gleich wieder«, sagte sie leise.
    Als David die Kontaktabzüge und das doppelt belichtete Bild betrachtet hatte, ließ er sich auf Noas Bett sinken.
    »Das sieht wirklich unheimlich aus. Wie sie vor dem Abgrund steht, da könnte man echt glauben, die stürzt sich im nächsten Moment nach unten. Aber dass jemand das fotografiert, ist doch pervers. Glaubst du, dass es Robert war?«
    »Zumindest war er der Einzige auf den Bildern. Aber vielleicht haben sie ja auch nur gespielt. Vielleicht hat Eliza ja nur so getan, als ob sie springt.« Noa musste daran denken, wie David auf den Abgrund zugegangen war. Auch er hatte die Arme ausgebreitet und so getan, als könne er fliegen.
    »Wenn es überhaupt Eliza ist«, warf David nachdenklich ein.
    »Im Grunde sieht man dieses Mädchen ja nur von hinten. Es könnte auch jemand anders sein. Es könnte auch eine erwachsene Frau sein.«
    Er holte noch einmal den Kontaktbogen vor und studierte die untere Hälfte. »Die Bilder, die du von mir gemacht hast, sind ziemlich gut geworden. Glückwunsch, du hast wirklich Talent.«
    David sprach, als ob nichts vorgefallen wäre, aber Noa hörte den unterkühlten Tonfall in seiner Stimme genau. David war auf Abstand gegangen, innerlich, und Noa hätte ihn gerne zurückgerufen, aber sie wusste nicht, wie.
    »Gilbert ist weg und Kat ist noch nicht wieder da«, sagte sie und versuchte seinen Blick einzufangen. »Wie wäre es, wenn wir jetzt noch einmal das Spiel …«
    David erhob sich von Noas Bett. »Okay.«
    Noa hatte den Bogen Papier und das Glas in ihrem Schrank aufbewahrt. Zum Glück hatte Gilbert nicht weiter danach gefragt, wahrscheinlich dachte er, Noa hätte den Bogen zerrissen.
    Es war seltsam, das Spiel bei Tageslicht zu spielen, und als Noa ihre Finger auf das Glas legte, spürte sie, wie David sie auch körperlich auf Abstand hielt. Ihre Fingerspitzen berührten sich nicht wie in jener ersten Nacht, Davids Augen funkelten nicht und die Spannung in der Luft kam einzig und allein von dem Bogen Papier und dem Glas, das jetzt zwischen ihnen auf dem mittleren Kreis bereitstand.
    »Bist du da?«, fragte David und hielt den Blick gespannt auf das Glas gerichtet. »Eliza? Bist du … da?«
    Für einen Moment zweifelte Noa, ob Eliza antworten würde. Vielleicht war alles doch nur ein Produkt ihrer Einbildung? Aber da setzte sich das Glas bereits in Bewegung.
    JA
    »Und jetzt?« David kräuselte die Stirn. Er hob den Kopf. »Was sollen wir fragen?«
    Das Erste, was Noa in den Sinn kam, hatte nichts mit dem Mord zu tun und auch nicht mit den Fotos, die sie heute Nachmittag entwickelt hatte.
    »Kannst du uns sehen, Eliza?«
    Das Glas wanderte zu den Buchstaben.
    MANCHMAL
    Noas Nasenflügel bewegten sich. Der Duft lag wieder im Raum und mittlerweile fragte sich Noa, ob er nicht eigentlich ständig da war und sie ihn nur nicht immer wahrnahm.
    »Und jetzt?«, flüsterte sie unbehaglich. »Kannst du uns jetzt sehen?«
    JA
    »Die Schritte auf dem Dachboden«, fragte Noa weiter und spürte, wie sie dabei zitterte. »Waren sie von dir?«
    NEIN
    »Schritte? Was für Schritte?« David zog die Finger vom Glas zurück. Eine leichte Röte stieg auf sein Gesicht, die Noa zunächst als Aufregung deutete, aber als das Glas auf den Buchstaben D zuwanderte, nahm er seine Finger vom Glas.
    »Wenn du die Schritte gestern Nacht auf dem Dachboden meinst – das war ich.«
    »DU?« Noa starrte David entgeistert an. »Spinnst du? Wie bist du da hochgekommen? Weißt du eigentlich, was für einen Mordsschrecken du mir eingejagt hast? Und was hast du überhaupt da oben gesucht mitten in der Nacht?«
    David fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe, eine kurze Bewegung, die er, wie Noa inzwischen aufgefallen war, immer dann machte, wenn er unsicher war. »Tut mir Leid. Ich hätte nicht gedacht, dass du es hörst. Die ganze Sache hat mir einfach

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