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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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viel- leicht sollte sie es einfach sein lassen und sterben. Aber sie konnte nicht wieder in den Sarg zurück, denn es war unmöglich, sich umzu- bringen, indem man die Luft anhielt.
    »Willst du sie nicht vorher wecken?«, fragte Leo.
    Miriam lachte schallend auf. »Sarah mag sie kalt! Sie hat keinen Ge- schmack!«
    Miriam meinte, dass das Blut eines wachen, bewusst leidenden Op- fers besser schmeckte. Das Adrenalin verlieh ihm eine besondere Würze.
    Sarah stach die Lanzette in die rechte Halsschlagader. Leo kam um den Tisch, um den Saugvorgang aus der Nähe zu beobachten. Sarah errötete vor Scham; ihre Seele wand sich vor Kummer. Aber das her- aussickernde Blut – o Gott, es duftete so verlockend!
    Die Frau auf dem Tisch regte sich, stöhnte trocken.
    »Soll ich ihr noch einen Schlag versetzen?«, fragte Leo Miri. »Bitte«, sagte Sarah.
    Leo zögerte, sah Miriam an.
    Die Frau regte sich erneut.
    »Leo, bitte!«
    Miriam packte Leos Hand.
    Das Opfer schlug die Augen auf. Sarah blickte zu Miriam. »Miri!« »Leo, rühr dich nicht!«

»Was geht hier vor?«, rief die Frau. Sie versuchte sich aufzusetzen. Sarah drückte sie herunter, stach erneut mit der Lanzette zu und presste die Lippen an den dreckstarrenden Hals. »Oh, Scheiße !«, ent- fuhr es der Frau. Dann brabbelte sie in ihrer Muttersprache weiter, of- fenbar wüste Flüche ausstoßend. Sie bäumte sich auf, warf sich hin und her, versuchte die Hände freizubekommen.
    Sarah presste das letzte Luftmolekül aus ihren Lungen. Sie zog den Bauch ein. Die Frau warf sich hin und her, aber Miriam hielt ihren Kopf fest und befahl Leo, sich auf ihren Brustkorb zu setzen. Die Alte keuchte, versuchte zu schreien.
    Sarah begann zu saugen. Die Arterienwand riss auf, und ein Schwall frischen, warmen, salzigen Blutes schoss in Sarahs Kehle. Die Wir- kung war tausend Mal stärker als ein Schuss reinsten Heroins. Ihre Haut begann vom Kopf bis zu den Füßen wohlig zu kribbeln. Dann breitete sich in ihr ein Orgasmus aus, durchflutete sie, bis ihr ganzer Körper ein einziger pulsierender Dynamo sexueller Lust war. In weiter Ferne hörte sie, dass Leo gleichzeitig lachte und weinte und dass Mi- riam ihr besänftigende Worte zuflüsterte.
    Sie saugte und saugte, und allmählich verwandelte sich das Keu- chen der alten Frau in ein würgendes Gurgeln. Sie saugte weiter, und schließlich blieb das alte Herz stehen. Dann erschlaffte der Körper, und der Blutstrom versiegte.
    Sarah trat zurück. Dunkles Blut tropfte auf den Küchentisch. Leo stand mit weit aufgerissenen Augen am anderen Ende des Raumes, ihr Gesicht war tränenüberströmt. »Komm her«, forderte Mi- riam sie auf.
    Leo schüttelte den Kopf.
    Miriam ging zu ihr und packte sie am Handgelenk. »Sieh zu!« Mit einem einzigen kräftigen Schluck tat Miriam etwas, das kein Men- sch tun konnte, ganz gleich, wie gut seine Technik war. Sie saugte der Frau die gesamte Restflüssigkeit aus dem Leib. Die Haut sank an den Schädelknochen zurück, spannte sich und verwandelte sich mit einem Knacken in trockenes Pergament. Die Augäpfel wurden welk, die Klei- dung fiel schlaff um den Körper. Dann ließ Miriam von der Frau ab, während das Knorpelgewebe in der Leiche noch knackend zerplatzte und die Muskeln sich zu harten, schmalen Fasersträngen zusammen- zogen.
    Leo schlug schreiend die Hände vor das Gesicht. Sie fuhr herum und stürmte zur Tür.

Miriam hatte sie sofort eingeholt. Sie packte sie am Kragen und ver- setzte ihr eine schallende Ohrfeige. »Hab dich nicht so! Du sollst zuse- hen!« Sie funkelte Sarah an, die das köstliche Hochgefühl genoss, das einen nach einer guten Mahlzeit überkam. Ihr schlechtes Gewissen stieß an seine Grenzen. Nun war sie wieder im Einklang mit der Welt. Wie bei einer Süchtigen, die ihren schrecklichen Entzugserscheinun- gen nachgegeben hatte, breitete sich nach Einnahme der Blut-Droge tiefe Zufriedenheit in ihr aus.
    »Sarah«, sagte Miri, »nimm Leo mit nach unten und zeige ihr, wie man eine Leiche richtig verbrennt. Und ich möchte keine Aschereste finden, hörst du?«
    »Ja, Miri.«
    »Verzeih mir, Miri!«, stammelte Leo. »Ich bin in Panik geraten.« Leo trat zu der Leiche und strich über die straff gespannte Gesichtshaut. »Das ist unglaublich!«
    Da Leo sich weigerte, mit anzupacken, musste Sarah die Leiche al- leine in den Keller tragen. »Und, wie findest du das alles?«, wollte Sa- rah von ihr wissen.
    »Ich weiß nicht«, sagte Leo unsicher. »Eine Frau musste ihr Leben

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