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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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nicht aufsetzen kann, ohne ir- gendwo anzustoßen. In diesem Augenblick wird ihm bewusst, dass er in einem Sarg liegt.
    Er hatte einen CIA-Mann namens Richie Jones gekannt, der den Ro- ten Khmer in die Hände gefallen und lebendig begraben worden war. Jemand, der im selben Gefangenenlager gesessen hatte, hatte berich- tet, dass man eine halbe Stunde lang Jones' Schreie gehört hätte. Von Ohio in ein schwarzes Erdloch in Kambodscha. Hatte der Präsident je von Richie Jones erfahren? Oder der Direktor der CIA? Hatte irgend- wer wegen des verlorenen Sohnes aus dem guten alten Ohio eine Träne vergossen?
    Auf solche Weise bei einer Geheimoperation zu sterben, einen so langsamen, grausigen Tod – Allmächtiger, her mit der Flasche. Und

das zu tun, was er und seine Mannschaft taten, so zu leben, wie sie lebten, in den Kloaken der scheußlichsten Städte der Welt hinter die- sen Monstern herzujagen und sich, wenn man nicht aufpasste, bei le- bendigem Leib das Blut aus den Adern saugen zu lassen – Allmächti- ger, reich die Flasche noch mal rüber.
    Er war fertig. Sie alle waren fertig. Es war eine scheußliche Opera- tion gewesen, getränkt mit dem Blut erstklassiger Frauen und Männer. Und was für einen Tod sie gestorben waren. Es war besser, sich von zwölfjährigen Khmers mit Ak-47ern und leeren Augen lebendig begra- ben zu lassen, als von diesen elenden Monstern die Halsschlagader aufgerissen zu bekommen.
    Bevor er gezwungenermaßen hatte zurückkommen müssen, war Asien ein Ort gewesen, den er für alle Zeiten hinter sich lassen wollte. Vietnam, Laos, Kambodscha, 1971 bis 1973. In jenen Tagen war das Leben wertloser gewesen als eine Hand voll Dreck, besonders das Le- ben von Amerikanern – und ganz besonders das Leben eines stets frisch rasierten CIA-Neulings mit Bürstenhaarschnitt und dünnrandiger Streberbrille. Er hatte das Papageienschnabel-Massaker überlebt, bei dem Danny Moore zwischen zwei zurücksetzenden Traktoren in Stücke gerissen worden war. Er hatte sechs Wochen in einem Bam- buskäfig vor sich hin vegetiert, zum Essen nichts außer Kakerlaken und Ratten, während Betty Chang methodisch zu Tode vergewaltigt wurde und George Moorhouse verhungert war. Er hatte überlebt, weil er zu hässlich war, um vergewaltigt zu werden, und hemmungslos ge- nug, um Ratten den Kopf abzureißen und das Blut und die Innereien auszuschlürfen.
    Er suchte im Wagenschrank nach einem Drink. Eigentlich hätte es jede Menge Alkohol im Wagen geben müssen. »Gibt's hier keinen Wodka?«
    »Nein, Sir.«
    Natürlich nicht. Einem gewöhnlichen CIA-Offizier stand Alkohol im Dienst nicht zu. Dies war die US-Regierung. Der Junge, der den Wa- gen chauffierte, arbeitete für das Außenministerium und bekleidete wahrscheinlich einen zehnmal höheren Rang als er. Er war nur deswe- gen mit einem Cadillac vom Flughafen abgeholt worden, weil keine Zeit gewesen war, ein Beförderungsmittel aufzutreiben, das für einen einfachen CIA-Feldoffizier wie ihn schäbig genug war. Unterstünde er dem Außenministerium, hätte es Schnaps mitsamt Eiswürfeln gege- ben.

»Verdammte Mistkerle.«
    »Sir?«
    »Nichts.«
    Paul wünschte, sie hätten ihm einen weiblichen Fahrer geschickt. Er wollte den Duft einer Frau im Wagen haben. Er wollte, dachte er, was alle Männer wollten. Er wollte eine gute Nummer.
    Er schloss die Augen – und sah augenblicklich das altbekannte ver- hasste Bild vor sich: im Mondschein hin und her wogendes Prärie- Gras. Er öffnete die Augen wieder. Dies konnte er sich nicht antun. Dann lieber die Kriegserinnerungen oder die Erinnerungen daran, wie sie verlauste Vampir-Höhlen mit ätzender Säure sterilisierten. Wie zum Teufel konnte es geschehen, dass diese Dinger praktisch wie Men- schen aussahen? Wie waren sie entstanden? War Gott verrückt ge- worden?
    Das im Mondschein hin und her wogende Prärie-Gras und in der Ferne der Gesang einer wunderschönen Stimme: Dies war der Anfang eines Lebens nicht enden wollender Albträume gewesen.
    Paul klopfte auf seine Brusttasche. Die Pillenbox war da. Am Abend würde er zwei Stück nehmen, vielleicht drei. Bitte, keine Träume heute Nacht, nur schwarzen Schlaf.
    »Scheiße«, sagte er leise, dann, lauter, noch einmal: » Scheiße !« »Sir?«
    Der Junge würde erzählen, dass er einen vor sich hin brabbelnden alten Verrückten zum Royal Orchid gefahren hatte, und dann würde er versuchen herauszufinden, wer dieser Dritte-Klasse-VIP war. Er würde es nicht herausfinden.
    Die CIA

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