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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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sie ein Haar, das weder von einem Menschen noch von einem bekannten Tier stammte.
    Es hatte Jahre gedauert, bis das Mysterium in den CIA-Topf durch- gesickert war. Man hatte Paul den Fall angeboten, weil er ein alter Asien-Kenner war und weil in seiner Personalakte der mysteröse Tod seines Vaters erwähnt wurde. Das Erscheinungsbild des alten Mannes nach dem Angriff wies eigenartige Ähnlichkeiten mit dem Zustand der Leiche von Pauls Vater auf.
    Sie hatten ihm den Fall angeboten, weil sie glaubten, dass Paul inter- essiert wäre. Nun, er war es nicht. Und er hatte sie dafür verflucht, dass sie ihn so ungerührt an seinen ermordeten Vater erinnerten. Es wurde nichts weiter unternommen, nicht bis 1998, als in New York eine Enthüllungsreporterin namens Ellen Wunderling verschwand, während sie nichts ahnend für eine Halloween-Geschichte über Vam- pire recherchierte. Sie war zu tief in die Untergrundszene der Gothic- Fans abgetaucht, einer geheimnisvollen, gewaltbereiten Subkultur, in der Vampire sich vergleichsweise ungefährdet bewegen konnten. Er hatte die Ermittlungen aufgenommen, war aber zu keinem Ergebnis gelangt. Dann hatte er sich an Tokio erinnert und war augenblicklich

nach Japan geflogen. Seither jagte und tötete er Vampire.
    Paul betrat den Fahrstuhl. Er hasste Fahrstuhlfahren. Oben ange- kommen, öffneten sich die Türen zu einem breiten Flur, in dem zahlrei- che Zimmertüren offen standen. Das Management hatte das gesamte Stockwerk räumen lassen. In einem der offenen Zimmer hatten sich, wie Paul sah, eine Hand voll thailändischer Polizisten, medizinisches Personal und diverse Zivilbeamte versammelt.
    Als Paul das Zimmer betrat, schlug ihm augenblicklich ein eigenarti- ger Geruch entgegen. Was war das? Vielleicht ein menschlicher Ge- ruch. Aber es roch so seltsam – so salzig, trocken und beunruhigend organisch. Er schaute auf die mit gelben Blumen bedruckte Bettdecke und den darunter liegenden unförmigen Klumpen.
    »Thailand wird die Auslieferung des Täters verlangen, falls er im Ausland verhaftet werden sollte, Mr. Ward«, sagte der Oberinspektor in schwerfälligem, bedächtigem Englisch.
    Paul grunzte etwas Unverständliches und wünschte, der Mann würde einfach verschwinden.
    Kiew Narawat war aufgetragen worden, sich umgehend zu melden, wenn er jemanden in die Tempelanlage gehen sah. Weshalb hatte es ihn stattdessen in dieses Hotelzimmer in Bangkok verschlagen? Paul beugte sich hinab und zog die Bettdecke fort.
    Er musste einen Aufschrei unterdrücken. Dies war der am schreck- lichsten entstellte Körper eines Menschen, den er in seinem Erwach- senenleben gesehen hatte. Doch nicht in seinem ganzen Leben – und dies machte es so schrecklich für ihn.
    Er war wieder zwölf. Er wurde vom Geräusch eines in den Abfluss gesaugten letzten Wasserrests geweckt.
    Der Junge schaute verschlafen aus dem Fenster, starrte in die glü- hende Dunkelheit. Das Präriegras wogte im Mondschein hin und her, und dort befand sich eine dunkle Gestalt, die mit einer Last auf der Schulter über das Feld eilte.
    Paulie riss die Augen auf. Wer war das dort draußen? Aber Big Boy bellte ja nicht, und Big Boy war ein aufmerksamer Wachhund. Die Gestalt verschwand in den Wäldern. Morgen würde Paulie sich seinen Vater schnappen und nachsehen, was dort draußen geschehen war.
    Am nächsten Morgen kam das Entsetzen, und für Paul Ward begann ein Leben voller schrecklicher Heimsuchungen: Wo ist Dad?, hatte er seine Mutter gefragt. Ich weiß nicht, Junge, hatte sie geantwortet.

Wann kommt er zurück? Ich weiß es nicht! Ich weiß es nicht!
    Vier Jahre später: Paul schlendert am Bach neben ihrem Birnbaum- garten entlang, als er zwischen den Wurzeln einer Ulme etwas Seltsa- mes sieht. Wieder bemerkt Big Boy nichts.
    Heute weiß Paul warum. Er weiß, dass sie geruchsblockierende Phe- romone absondern, die es einem Tier unmöglich machen, ihre Witte- rung aufzunehmen. Die Überreste ihrer Opfer sind mit dem Zeug be- träufelt.
    Als er das von einer eng anliegenden Hülle aus getrockneter, sich allmählich auflösender Haut umschlossene Skelett seines Vaters ent- deckte, rannte er wie am Spieß schreiend zum Haus zurück, neben ihm der freudig herumspringende Big Boy.
    Die zahnärztlichen Aufzeichnungen ließen keinen Zweifel. Es war sein Dad. Aber Dr. Ford, der örtliche Gerichtsmediziner, konnte nicht feststellen, was mit ihm geschehen war. Die Polizei wusste es auch nicht. Das schließlich eingeschaltete FBI hatte im

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